Venezuela versinkt in Korruption

Foto: Nicolas Raymond / www.freestock.ca / CC BY 3.0
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Venezuelas Präsident Nicolás Maduro hat das Parlament aufgefordert, ihm Sondervollmachten zur »gründlichen Bekämpfung« der Korruption zu erteilen. Die Opposition und Vertreter von Nichtregierungsorganisationen zeigten sich von dieser Forderung wenig begeistert. Sie sehen darin ein untaugliches Mittel, um dem zentralen Übel des südamerikanischen Landes beizukommen.

Alle – Politiker aller Parteien genauso wie Experten von Nichtregierungsorganisationen und nicht zuletzt die gebeutelte Bevölkerung – wissen, dass dringend etwas getan werden muss. Im Korruptionsindex von Transparency International steht Venezuela auf Platz 165 – von 175, was das Ausmaß des Problems andeutet. Besonders seitdem Maduros Amtsvorgänger Hugo Chávez seine so genannte Boliviarische Revolution ausgerufen hatte, die auch das Versprechen der Korruptionsbekämpfung beinhaltete, hat sich die Lage allerdings dramatisch verschärft.

Als wichtige Ursache für die Korruption werden die Wohlfahrtsprogramme angesehen, mit denen sich Chávez die Zustimmung der Bevölkerung zu seinem autoritären Regime erkaufte. Durch das im eigenen Lande geförderte und auf den Weltmärkten für gute US-Dollar verkaufte Öl konnte Chávez kostenlose Bildung, ein gutes Gesundheitssystem und eine ausreichende Lebensmittelversorgung sicherstellen. Die Schattenseite: Milliarden von Dollar verschwinden einfach oder gehen in Form von Ämtern an Günstlinge des chávistischen Apparats. Auch zu Versorgungsengpässen ist es paradoxerweise schon gekommen, weil immer wieder Geld und Material abgezweigt wurde.

Der Ankündigung Maduros, die Korruption zu bekämpfen, sind auch Taten gefolgt, doch nicht genug. Zwar wird über verschiedene abenteuerliche Fälle berichtet, bei denen Unsummen verschoben und von Profiteuren eingesackt werden, doch die venezolanische Justiz scheint mit dem Problem überfordert zu sein. Deshalb haben inzwischen auch US-amerikanische Staatsanwälte verschiedene Fälle, bei denen die Spuren nach Venezuela führen, unter die Lupe genommen und Verfahren vor US-Gerichten angestrengt. Was einmal mehr den Unwillen oder das Unvermögen Maduros beweist, den Kampf aufzunehmen. Plausibel erscheint daher die Bewertung von der Direktorin von Transparencia Venezuela Mercedes De Freitas: »Das Gerede von Nicolás Maduro ist nichts als hochtrabendes Geschreie.«

Die junge Generation kennt deshalb im Grunde nur noch einen Ausweg: Raus aus Venezuela – und zwar so schnell wie möglich. Anders als die Alten, die ebenfalls unter Korruption und Kriminalität leiden, haben sie noch die Chance auf ein besseres Leben im Ausland. Eine 22-Jährige, die in München studiert, sagt: »Die Korruption ist furchtbar! Ohne Schmiergeld funktioniert nichts. Die Polizei, das Militär und die Politiker. Alle korrupt!« Und ein 25-Jähriger erzählt: »Vor ihm gab es auch schon Korruption, aber unter seiner Amtszeit explodierte sie quasi. Er hat ein Drittel der Bevölkerung zu Beamten gemacht, aber das ist wirtschaftlich einfach nicht durchführbar. Unter seiner Amtszeit ist der Ölpreis kontinuierlich gestiegen, trotzdem hat er es quasi verschenkt und durch Verstaatlichung sehr viele Investitionen in die Infrastruktur und Produktion des Landes versäumt. Deswegen sind die Lebensmittel so teuer und vieles muss importiert werden.«

Mehr dazu auf economist.com, latina-press.com, orf.at und vice.com

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