„Corporate America“ gibt die Richtung vor

US-Präsidenten: Vollstrecker der Superelite

Die US-Elite will Clinton als Präsidentin, weil sie globale Dominanz und gute Börsenwerte verheißt. Trump gilt als Unsicherheitsfaktor. Kann er den Kurs der US-Politik ändern?

Hillary Clinton. 2011. Foto: European Union - Johanna Leguerre
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Sie müssen liefern. Die ranghohen Politiker, Präsidenten und Regierungschefs der Industriestaaten regieren nicht nach Willkür. Sie schulden Gegenleistungen. Sie müssen sich all jenen andienen, denen sie ihren Aufstieg zur Macht verdanken.

Nach dem Motto „do ut des“ – „ich gebe, damit du gibst“, winkt nach der politischen Karriere die Belohnung für die Einhaltung der Versprechen und für die Beachtung diverser „Befindlichkeiten“ und „Notwendigkeiten“. Diese Belohnung besteht aus Vorstandsposten in der Wirtschaft und üppigen Honoraren für Vorträge. Politiker verdienen während ihrer Amtszeit im Vergleich zu den Wirtschaftskapitänen wenig. Ihr eigentlicher „monetärer Verdienst“ wird erst hinterher ausgezahlt.

Wer die Politik eines Politikers einschätzen will, sollte weniger auf das politische Programm als vielmehr auf die tatsächlichen Entscheidungen achten und ebendiese im Zusammenhang mit den Wahlkampfsponsoren und Unterstützern bewerten.

Börsenwerte als Bewertungsmaßstab

In den USA sind die mächtigsten Einflussnehmer auf die Politik die Finanzinstitute und die an der Wallstreet notierten Konzerne. In den USA regiert „Corporate America“. Ihre Bewertung einer US-Präsidentschaft richtet sich unter anderem nach der Entwicklung der Börsennotierungen. Bill Clinton gilt als erfolgreicher Präsident, nicht nur, weil er ein Showman für die Öffentlichkeit war, sondern vor allem, weil er eine hervorragende Börsenperformance generierte. In den acht Jahren seiner Amtszeit stieg der S&P 500 von rund 440 Punkten auf 1370 Punkte. Das sind die Werte von Standard & Poor’s, die den Aktienindex der 500 größten börsennotierten US-Unternehmen wiedergeben. Und auf diese 500 kommt es an.

Das Volk wurde nicht wohlhabender. Doch die Elite wurde immer reicher. Die 1990er waren die Jahre der knallenden Sektkorken. Kein Wunder, dass sich die Wallstreet nun eine Wiederholung dieser Leistung unter Hillary Clinton erhofft. Denn man wusste schon damals: Bill war nur der Charmeur, der für die Verführung der Öffentlichkeit zuständig war, Hillary jedoch war „the Brain“ im Hintergrund.

George W. Bush hatte dagegen eine schlechte Performance hingelegt. Das Irak-Abenteuer war viel zu kostspielig. Die Gewinne der neu verteilten Erdölförderlizenzen haben die Kriegsinvestitionen nicht amortisiert. Besonders schlecht waren die Entwicklungen an den Börsen: In seiner Regierungszeit hat der S&P 500 rund 60 Prozent verloren. Schuld war natürlich auch die Wirtschaftskrise von 2008/9. Die Bush-Familie war zwar der verlängerte Arm der US-Öl-Industrie. Doch die Konzentration auf Erdöl und Rüstungsindustrie reichte nicht aus, um auch die anderen Wirtschafts- und Finanzzweige bei Laune zu halten.

Hillary Clinton ist Favoritin der Eliten

Im Rückblick stehen also die Clintons für eine gute, die Bushs für eine magere Börsenperformance. Sowohl die Clintons als auch die Bushs sind extrem gut vernetzt. Im Gegensatz zu Barack Obama, der mehr oder weniger wie eine Marionette zu agieren scheint und den Großteil seiner Versprechungen nicht einhalten konnte, sind die Clintons und Bushs längst selbst Teil der Elite geworden. Sie sitzen im Boot der „Global Superclass“.

Das „Editorial Board“ der „New York Times“ hat sich dementsprechend klar positioniert und der Öffentlichkeit eine deutliche Wahlempfehlung für Hillary Clinton abgegeben. Clinton, so heißt es, sei eine der qualifiziertesten Präsidentschaftskandidaten der jüngeren US-amerikanischen Geschichte: „Voters have the chance to choose one of the most broadly and deeply qualified presidential candidates in modern history”.

Präsidenten müssen eloquente und effiziente Vollstrecker elitärer Partikularinteressen sein, wenn sie in den Augen ihrer Unterstützer erfolgreich sein und für eine zweite Amtszeit regieren wollen. Eloquent zu sein bezieht sich hierbei auf die außergewöhnliche Qualifikation, der Bevölkerung soziale Sparprogramme und militärische Aufrüstung als gute Taten verkaufen zu können.

Wallstreet und militärisch-industrieller Komplex geben den Takt vor

Mit militärischer Aufrüstung ist ein weiterer wichtiger Punkt von „Corporate America“ angesprochen. Dies ist der sogenannte „militärisch-industrielle Komplex“, vor dessen Auswüchse schon Präsident Dwight Eisenhower in seiner Abschiedsrede gewarnt hatte. Republikanische Präsidenten wie Ronald Reagan, Georg Busch der Ältere und Georg Bush der Jüngere haben mit ihrer Politik offen die Interessen dieses Komplexes vertreten. Dick Cheney, Donald Rumsfeld, Gondoleezza Rice waren Paradepolitiker für eine Politik, die mit Nachdruck eine Politik global-militärischer Dominanz vertreten haben.

Doch unter Bill Clinton und Barack Obama war es nicht anders. Sie haben es nur anders verkauft. Tatsächlich ist der US-Militärhaushalt mit fast 600 Milliarden US-Dollar (2015) immer noch der mit Abstand höchste der Welt. Neue Projekte, wie die Ausstattung der US-Navy und US-Air Force mit F-15 Tarnkappen-Mehrzweckkampflugzeugen, die Modernisierung der Nuklearwaffen und die weltweite Versorgung von fast tausend Militärbasen sorgen dafür, dass größere Einsparungen auch in naher Zukunft unmöglich bleiben.

US-Politiker, die diese Entwicklung offen kritisieren, wie der ehemalige republikanische Präsidentschaftskandidat Ron Paul, werden von den US-Mainstream-Medien marginalisiert. Kein Wunder, gehören doch die meisten Massenmedien den denselben Unternehmen und Aktionären wie die Rüstungskonzerne. Alle US-Präsidenten pflegen ihre außenpolitischen Feindbilder, die man braucht, um das Rüstungsgeschäft am Laufen zu halten. Das würde unter Hillary Clinton nicht anders laufen als unter Barack Obama oder Georg W. Bush. Auch Donald Trump hat bereits angekündigt, dass er Amerika zu alter Stärke zurückführen will.

Barack Obama war nichts anderes als das freundliche afroamerikanische Gesicht, um eine alte Politik mit neuen Worten zu verkaufen. Es ist wie der Austausch eines veralteten Werbeslogans. Unter George W. Bush war die US-Interventionspolitik in Verruf geraten. Doch Obama hat sie nicht grundlegend geändert, sondern nur neue Akzente gesetzt, die allerdings mehr den sich verändernden geopolitischen Verhältnissen als den Wünschen der US-amerikanischen Bevölkerung geschuldet waren.

Von den „listening skills“ der Präsidenten und ihren Einflüsterern

Wer als Präsident ins Weiße Haus einzieht, muss seine persönliche Agenda vor dem Eingangsportal zurücklassen und ein offenes Ohr für die Institutionen mitbringen, die dem Präsidenten „Vorschläge“ für notwenige politische Schritte unterbreiten werden.

Und da sind sie beisammen: State Department, Pentagon, CIA und Federal Reserve sowie „Corporate America“ in Form der Finanzinstitute, Wallstreet-Unternehmen, Rüstungsindustrie, Silicon Valley und den Öl-Konzernen, vertreten durch all die Superreichen der „Global Superclass“, wie man sie mittlerweile nennt – monumentale Hyperbürokratie trifft auf Neofeudalismus par excellence.

Die Protagonisten von „Corporate America“ sind in der Regel auch die führenden Köpfe hinter den internationalen „Think Tanks“ und transatlantischen Netzwerken, in denen die Ideen für die Gestaltung der Zukunft ausgebrütet werden. Es gibt tausende solcher Think Tanks. Besonders einflussreich sind: Brookings Institution, Council on Foreign Relations, Carnegie Endowment for International Peace, Chatham House,  RAND Corporation, Center for Strategic and International Studies, Heritage Foundation, Peterson Institute for International Studies, Cato Institute, Bertelsmann Stiftung, Open Society Institute und viele andere. Hinzu kommen unzählige PR-Institute, die mal eben ganze Farbenrevolutionen in anderen Ländern organisieren können.

Gigantische Nachrichtendienste und monumentale Bürokratie

Doch man soll sich nicht täuschen lassen. Auch wenn es unzählige Think Tanks und Beratungsinstitute gibt, auch wenn immer mehr Privatisierung in die Politik durch externe Beraterverträge Einzug findet, so haben staatliche Institutionen wie beispielsweise der CIA oder das United States Department of Homeland Security (DHS, Heimatschutzministerium) und die National Security Agency (NSA) wesentlich mehr Mitarbeiter und ein vielfach größeres Budget als die privaten Think Tanks sich jemals erträumen könnten. Allein das Heimatschutzministerium hat mehr als 200.000 Angestellte und ein Budget von rund 60 Milliarden US-Dollar. Insgesamt haben die 17 offiziellen Nachrichtendienste und Sicherheitsdienste der USA zusammen rund 800.000 bis 1 Million Mitarbeiter! Die exakten Zahlen sind natürlich geheim.

Diesen Nachrichten- und Geheimdienst-Institutionen der USA stehen das Pentagon und der Militärkomplex gegenüber, die an Budget und Mitarbeiterzahl nochmals eine weitere Liga oberhalb spielen. All diese US-Institutionen haben ihr inneres Eigenleben, ihre Vernetzungen mit den Geheimdiensten der Welt und ihre Kontakte zur Wirtschaft, die von den lukrativen Aufträgen der US-Institutionen profitiert.

Ein einzelner Präsident steht dieser gigantischen Rüstungs- und Nachrichtenwelt, den Regierungs-Institutionen und Konzernen, den Superreichen und der Finanzwelt (von der Wallstreet bis hin zur Federal Reserve) ziemlich zahnlos gegenüber. Eisenhower hatte dies beklagt, Kennedy hatte dies beklagt. Obama hat sich noch nicht beklagt, doch das Ergrauen seiner Haare spricht Bände.

Die USA sind ein riesiges schwerfälliges Schiff, das auch durch den Wechsel des Kapitäns nicht so schnell den Kurs ändern kann. Selbst ein Donald Trump, der sich relativ unorthodox und unabhängig präsentiert, würde im Falle seiner Wahl auf die Machtzentren der Supermacht USA Rücksicht nehmen müssen.

Und die Bürger?

Was die demokratische Legitimation angeht, so wird dieses Problem auf die Frage der Public Relations reduziert. Es geht nicht darum, ob Entscheidungen elitärer Kreise und mächtiger Institutionen gut für die Bevölkerung sind oder nicht, sondern darum, ob diese Entscheidungen „richtig kommuniziert“ wurden oder nicht. Hierzu fließen Milliarden US-Dollar in die PR-Industrie, um die Bevölkerung bei der Stange zu halten. Die Werbung und Propaganda ist heutzutage so umfassend und trickreich, dass den Menschen keine Chance bleibt, der Beeinflussung zu entkommen.

Ob ein US-Spitzenpolitiker gewählt wird, hängt am Ende von seinen Sympathiewerten ab. Weniger die Programme, als die Persönlichkeiten werden in den US-Medien diskutiert. Die letzten Jahrzehnte haben gezeigt, dass die Wahl eines US-Präsidenten keinen entscheidenden Wandel herbeiführt, es sei denn, er wird von mächtigen Interessensgruppen getragen.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Johannes Klinkmüller

Obwohl die USA das Vierfache der Bevölkerungszahl der BRD haben, ist es mir dennoch ein Rätsel, wie sie all das oben Angesprochene finanzieren. Irgendwann bleibt ihnen nichts anderes, als dass sie ein reicher Russe oder Chinese kauft :-)

Danke für den informativen und aufschlussreichen Artikel!

Gravatar: Hans Dampf

Hans Dampf
Eines spricht auch der freie Journalist nicht gern aus: Die Rolle der Israel-Lobby in den USA. Das ist ein zu vermintes Gelände. Der ältere Bush verweigerte Schamir zu Beginn der Wahlen einen 10 Mrd.-Dollarkredit, worauf sämtliche jüdische Organisationen ins gegnerische Lager wechselten (nur eine kleine Gruppe blieb als Feigenblatt). Obwohl es der Wirtschaft besser ging, meldeten 80% der US-Massenmedien hartnäckig das Gegenteil, so dass die kleinen Amerikaner sich sagten: Der Bush ist zwar ein guter Außenpolitiker, wenn er aber bleibt, verlieren wir alle unsere Jobs! Erst als der Nobody Clinton Präsident war, zog man den vorgeschalteten Dunkelfilter weg und die Wirtschaft erstrahlte in weißem Licht!
Wer kontrolliert 80% der US-Medien? Für solche Fragen gibt es keine Ehrendoktorwürden.

Gravatar: Ralle

Der letzte Satz reicht.

George Soros = Demokraten

Die Koch Brüder = Republikaner.

Selbst "Die Zeit" hat zu den Koch Brüdern einen Artikel veröffentlicht.

http://www.zeit.de/wirtschaft/2015-01/usa-wahlkampf-republikaner-koch

"Die Koch-Brüder sind so reich, dass sie mit ihrem Geld die US-Präsidentschaftswahl für die Republikaner entscheiden könnten. Kritiker fürchten eine Oligarchie des Geldes. "

Witzig. Die Finanzoligarchie gibt es nämlich, lt. einer Studie der Princeton Universität längst.

BBC News veröffentlichte dies bereits im April 2014.

http://www.bbc.com/news/blogs-echochambers-27074746

Und dieser Staat, die USA, kontrolliert die NATO, UN sowieso und demnächst, dank TTIP, auch die Weltwirtschaft, zumindest große Teile davon.

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