Nous sommes Paris. Wir sind Paris. Die grausamen Anschläge mit 129 Toten und mehr als 350 Verletzten berühren uns tief. Frankreich ist unser Nachbar. Ein Anschlag auf Paris ist wie ein Anschlag auf Berlin. Es trifft uns Europäer. Es trifft unsere Lebensart, unsere Freiheit, unsere Sicherheit.
Vermutlich sollte der Bombenanschlag am Stade de France nicht vor, sondern in dem Stadion stattfinden, wo Deutschland und Frankreich sich gerade sportlich gegenüber standen – damit die ganze Welt Augenzeuge des Terrors wird. Doch die Sicherheitskräfte erkannten die Gefahr, die vom Attentäter ausging. Deshalb ließ dieser schon vorher die Bombe hochgehen. Im Stadion hörte man nur das Getöse, ohne es zunächst einordnen zu können. Erst später dämmerte es den Menschen in der Arena, dass sich davor Schreckliches abspielte.
Hinzu kamen die Schießereien in den Cafés und das grausame Massaker in der Konzerthalle Bataclan. Die Menschen wurden hier eiskalt einer nach dem anderen abgeknallt. Als französische Spezialkräfte das Konzerthaus stürmten, jagten sich die Attentäter in die Luft.
Es ist schon von „Krieg“ die Rede
Als der französische Präsident François Hollande sich mit einer Fernsehansprache an die Grande Nation wandte, sprach er vom Krieg gegen den Terrorismus und dass der „Islamische Staat“ (IS) für das Attentat verantwortlich sei. Er kündigte ein hartes Vorgehen an.
Schon wurden Spekulationen laut: Tritt der NATO-Bündnisfall ein wie nach den Anschlagen vom 11. September 2001? Folgt nun ein umfassenderes militärisches Engagement Frankreichs im Nahen Osten? Muss sich die NATO auf neue Einsätze vorbereiten?
Ein angebliches Bekennerschreiben des IS gibt als maßgeblichen Grund für die Terrorattacken die Einsätze der französischen Luftwaffe bei der Bekämpfung des IS in Syrien und im Irak an. Erste Spuren bei den Tätern deuten darauf hin, dass einer wohl aus Syrien kam und über Griechenland nach Europa gelangt war. Die anderen stammten aus der islamistischen Szene in Frankreich und Belgien. Einer war ein polizeibekannter algerisch-stämmiger Franzose mit kriminellem Hintergrund, der zeitweise in Syrien abgetaucht und wieder zurückgekommen war.
Wie soll man auf die Anschläge reagieren?
Weltweit haben Staats- und Regierungschefs ihr Mitgefühl ausgedrückt. Beinahe alle Regierungen sehen ein hartes Vorgehen für angebracht. Der russische Präsident Waldimir Putin spricht vom „Teufel“ des Terrorismus. US-Präsident Barack Obama wies darauf hin, dass dies ein Anschlag auf die westlichen Werte sei, die die Franzosen mit den Amerikanern teilen würden.
Es ist selbstverständlich, dass die europäische Bevölkerung ein Recht auf Sicherheit und Frieden hat und dass die Regierungen ihr Bestes tun müssen, dies zu garantieren beziehungsweise wiederherzustellen. Es wird über kurz oder lang auch nicht zu vermeiden sein, militärisch noch konsequenter gegen den „Islamischen Staat“ (IS) vorzugehen.
Doch es droht sich etwas zusammenzubrauen, das entsprechend der Erfahrung der vergangenen Kriege nur eine Verlängerung und Verschlimmerung des Elends hervorgebracht hat.
Erinnern wir uns an die Folgen des 11. Septembers 2001. Es folgte die Besetzung Afghanistans, um dort die Terrorkrieger von Al-Qaida zu jagen und gleichzeitig die Taliban loszuwerden. Beides ist bis heute nicht gelungen. Sowohl Al-Qaida als auch die Taliban sind nach wie vor in Afghanistan präsent. Aktuell ist noch ein Ableger des IS hinzugekommen.
2003 folgte der Einmarsch in den Irak. Weil kein direkter Zusammenhang zu den Anschlägen vom 11. September hergestellt werden konnte, marschierte man unter dem Vorwand angeblicher Massenvernichtungswaffen ein. Der Diktator Saddam Hussein wurde gestürzt. Doch statt einer sicheren und friedlicheren Gesellschaft hinterließen die USA ein gespaltenes Bürgerkriegsland, in dem die arabischen Schiiten, die sunnitischen Kurden und die sunnitischen Araber und der IS sich bekämpfen. Minderheiten werden verfolgt und ermordet. Aktuell wurde im Irak ein Massengrab mit den Überresten von getöteten Jesiden entdeckt. Es stammt von einen Massaker, dass die IS-Terroristen dort verübt hatten.
Auch in Somalia und in Libyen hat die Destabilisierung der Staaten zu Chaos und letztlich zu mehr Terrorismus geführt. Im Libanon kann man das Ergebnis der Destabilisierung mittlerweile seit dreißig Jahren studieren.
Destabilisierung von Staaten bringt Chaos und Krieg hervor
Muammar al-Gaddafi und Saddam Hussein, auch Hosni Mubarak und viele andere Despoten des Nahen Ostens hatten es immer wieder vorhergesagt: Wenn ihr uns beseitig, dann werden sich die Stämme und Glaubensgruppen bekriegen, hieß es sinngemäß.
Nachdem der Irak, Afghanistan, Somalia, Libyen, Syrien und aktuell auch der Jemen zu „Failed States“ geworden sind und sich zu Brutherden des Terrorismus entwickelt haben, müsste sich doch langsam die Erkenntnis durchgesetzt haben, dass die Destabilisierung von Staaten durch Unterstützung, Bewaffnung, Ausbildung und Finanzierung von „Rebellengruppen“ immer zur Bildung neuer Terroristenzellen führt, die das Land und die Region ins Chaos stürzen.
Tatsache ist, dass sich kein einziges der während der letzten beiden Jahrzehnte destabilisierten Länder hat erholen können. Im Gegenteil: Sie alle versinken in einer Spirale aus Rache und Gewalt. Und es ist diese Rache und Gewalt, die die radikalen Gruppen nach Europa tragen.
Spielplatz der Stellvertreterkriege
Es sind nicht nur die USA, Frankreich, Großbritannien und Russland, die in der Tradition des Kalten Krieges ihre jeweils favorisierten „Rebellengruppen“ in den Ländern des Nahen Ostens unterstützen. Die islamischen Länder haben diese Strategien längst übernommen.
Saudi-Arabien, Katar und der Iran sind die Hauptdrahtzieher hinter den sunnitisch-schiitischen Konflikten im Jemen, in Syrien und im Irak. Sie sind nicht nur erbitterte Gegner in einem Kalten Krieg um Erdöl, Erdgas und Pipelines. Sie sind direkte Widersacher in fundamentalen ideologischen und konfessionellen Fragen: Hier die wahhabitisch-salafistische Königsherrschaft Saudi-Arabiens, dort der schiitisch-islamische Republik des Iran.
Hoffnungsschimmer: Verhandlungen in Wien
Wenn man sich die weltweiten Reaktionen der im Nahostkonflikt involvierten Nationen anschaut, dann ist zu befürchten, dass sie die Anschläge in Paris und Beirut als Vorwand für noch mehr militärisches Vorgehen nutzen werden und als Grund dafür, andere Rebellengruppen und Milizen stärker zu unterstützen. Damit wird das Gegeneinander weiter hochgeschaukelt.
Die USA haben schon angekündigt, den Kampf gegen den IS intensivieren zu wollen und die moderaten Rebellen zu unterstützen. Saudi-Arabien und Katar sehen im IS zwar weiterhin eine große Gefahr. Doch was nutzt es, wenn Katar gleichzeitig die Al-Nusra-Front unterstützt und Saudi-Arabien die „Islamische Front“ – beides Netzwerke, die dem IS an Grausamkeit nicht nachstehen?
Jetzt liegt die Hoffnung auf den aktuellen internationalen Verhandlungen in Wien, an der die Vertreter, Diplomaten und Außenminister von 20 Staaten beteiligt sind. Einerseits gibt es verheißungsvolle Pläne, wie die Idee einer international überwachten Übergangsregierung unter Einbeziehung des derzeitigen syrischen Regimes und der gemäßigten Opposition. Dann soll es 2017 Wahlen geben. Doch gerade die wichtigsten beteiligten Staaten wie die USA, Russland, Iran und Saudi-Arabien haben Schwierigkeiten, sich auf eine Einbeziehung Assads zu einigen.
Doch die Zeit drängt. Und die Erfahrungen lehren: Solange ganze Regionen in Anarchie und Chaos verfallen, werden sie als Rückzugsgebiet von Terroristen genutzt. Die einzige Möglichkeit, diese Entwicklung aufzuhalten ist erstens die Destabilisierung von Regimen zu beenden und zweitens Diktatoren wie Baschar al-Assad in die Friedensverhandlungen einzubeziehen – so unangenehm das auch sein mag.
Kommentare zum Artikel
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Warum gibt es eigentlich dem Anschein nach nirgendwo Photos der Leichen des BATACLAN zu sehen. Jedenfalls erinnere ich mich an kein Bild der Opfer, obwohl doch Opferbilder das beste Mittel sind, um "die Welt" gegen die Attentäter aufzubringen?
Nur mal so ganz dumm gefragt.
Den ersten und wichtigsten Schritt hat die französische Regierung eingeleitet.
Sie schließen die nationale Grenze und wir unterstützen das.
Sie schaffen endlich einen Teil der in Europa verbreiteten Unordnung ab. Das sollten wir auch unterstützen und unsere Grenzen ebenfalls schließen!
Wer da sagt, das damit Reisefreiheit und Asylpolitik negativ beeinflusst werden, der lügt um uns ein unkontrolliertes Rieseneuropa aufzudrängen und dem ungezügelten Imperialismus Vorschub zu leisten( siehe Bankenrettung usw).
Frankreichs Terror ist größtenteils hausgemacht und Deutschland ist dabei alle Fehler zu kopieren. Im Gegensatz zu Frankreich, welches den Zustrom von Menschen aus fremden Kulturen seiner Kolonialvergangenheit verdankt, schafft sich Deutschland die Probleme ohne Not selbst. Frankreich war nicht in der Lage den Zustrom von Zuwanderer aus anderen Kulturen dezentral unterzubringen. Größtenteils bezogen die Einwanderer Wohnungen, vergleichbar mit den Plattenbauten in Trabantenstädten. In den 1970er Jahren führten Wirtschaftskrise und Desindustrialisierung zu hoher Arbeitslosigkeit. Am härtesten traf es die Einwanderer. So entwickelten sich die sog. Banlieues. Diese wurden rasch zu einem Auffangbecken für die sogenannte Problembevölkerung. Integrationsunwillen, Bildung von Subkulturen, sozialräumlicher Ausgrenzung, strukturelle Mängel und politische Vernachlässigung bilden seither eine explosive Mischung, die sich regelmäßig in kollektiver Gewalt entlädt. Hier haben IS und Al Kaida leichtes Spiel bei der Anwerbung ihrer Mörder.
Wie will Deutschland jährlich 1,5 Mill Migranten plus Familiennachzug dezentral unterbringen? In welchen Arbeitsmarkt sollen diese Menschen eingefügt werden? Wir haben selbst 7 – 8 Mill Deutsche, die ganz arbeitslos sind oder von ihrer Arbeit nicht leben können. Wir haben schon Mill. Migranten hier, von denen ein Großteil nicht integrierbar ist. Wer zahlt die Kosten bei kommender Rezession? Warum glauben manche Klugscheißer hier, wir könnten all das besser als die Franzosen?
Gute nicht zu widerlegende Zusammenfassung der Lage in Nahost. Es zeigt aber auch auf das vernünftiges und auch logisches Handeln bis heute nicht zur Anwendung kommt. Ich fürchte das auch bei den jetzigen Verhandlungen nichts Gutes herauskommt, da eine Abkehr vom bisherigen Handeln automatisch die Politik der letzten Jahrzehnte in Frage stellen würde. Und Fehler zuzugeben war noch nie eine Stärke dieser verlogenen Politikerkaste. Es wird Zeit das die sicherlich existierende vernünftige Mitte der Gesellschaft deutlich mehr Einfluss gewinnt.