Medwedew spricht vom »Kalten Krieg«

Sicherheitspolitik: Frostige Zeiten

Die Münchener Sicherheitskonferenz gilt als außen- und sicherheitspolitischer Gradmesser. Die Tendenz ist klar: Zwischen den Staaten kühlt die Stimmung ab. Russland wähnt sich gar im Kalten Krieg.

Foto: premier.gov.ru/ Wikimedia Commons/ CC BY 4.0
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Sie ist das wichtigste Stelldichein der Crème de la Crème in der internationalen Sicherheits- und Außenpolitik: die Münchener Sicherheitskonferenz. Auch dieses Jahr haben sich rund 550 Persönlichkeiten, Staats- und Regierungschefs, Militärexperten, Sicherheitsberater, Außenpolitiker und Alphajournalisten aus 17 Staaten am Bayrischen Hof in München die Klinke in die Hand gegeben. 3700 Polizisten haben für die Sicherheit der Konferenz gesorgt.

Erstes Fazit: Das diplomatische Klima kühlt sich ab. Zu viele Krisen und Problemfelder verdunkeln wie Gewitterwolken den Himmel. Hot Spot war das Thema Syrien. Aber auch die Lage in der Ukraine war nach wie vor ein wichtiges Thema. Hinzu kam die Problematik der aktuellen Flüchtlingskrise.

Der russischer Premierminister Dimitri Medwedew hatte die klarsten Worte für die aktuelle Entwicklung gefunden: „Wir sind in die Zeiten eines neuen Kalten Krieges abgerutscht“. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg versicherte dagegen: „Wir wollen keinen neuen Kalten Krieg.“ Auch die Bundesregierung lehnt diese Einschätzung ab. Man sehe sich nicht in einem kalten Kriege, man bleibe dialogbereit und kooperationsbereit. US-Senator John McCain wetterte dagegen in Richtung Moskau.

Der CDU-Politiker Ruprecht Polenz kommentierte die Stellungnahmen von Medwedew und dem russischen Außenminister Lawrow in einem Interview mit dem Deutschlandfunk: „Ich glaube, der Begriff Kalter Krieg führt in die Irre, weil diese Periode ja eine Bipolarität zwischen damals der Sowjetunion und den USA meint. Heute haben wir eine multipolare Welt, insofern gibt es eine Rückkehr zum Kalten Krieg nicht. Aber womit er Recht hat ist das tiefe Zerwürfnis zwischen Russland und den USA auf der einen Seite und natürlich die Stellvertreterkriege, die auf syrischem Territorium stattfinden. Aber das würde ich nicht als Kalten, sondern eher als einen Heißen Krieg bezeichnen.“

Immerhin hatte man sich darauf geeinigt, innerhalb einer Woche eine Feuerpause in Syrien zu erreichen. Zumindest die an der Münchener Sicherheitskonferenz beteiligten Staaten wollten für eine gewisse Zeit die Waffen in Syrien ruhen lassen, vor allem, um den Menschen in Aleppo eine Verschnaufpause zu geben. Doch bis dahin setzen insbesondere die Russen ihre Einsätze dort verstärkt fort. Es ist immer noch die Frage um den Erhalt oder Sturz des Regimes von Baschar al-Assad, die den Westen und Russland entzweit. In Syrien tobt ein Stellvertreterkrieg durch und durch, und das auf mehreren Ebenen. Dies wurde auch in München wieder deutlich.

Bei der Beurteilung der Situation in Syrien besteht insofern Einigkeit, dass es eine Katastrophe für die dortige Bevölkerung ist. Doch bei der Frage, wie dies hätte verhindert werden können, gehen die Meinungen auseinander. Die Vertreter aus den westlichen Staaten stellen sich zunehmend die Frage, ob man nicht bereits zu Beginn des Krieges hätte massiv eingreifen müssen, um das Assad-Regime zu beseitigen und einen langen Bürgerkrieg zu verhindern.

Doch es gibt auch andere Meinungen: Mit Verweis auf den Irak, wo Saddam Hussein gestürzt wurde, und Libyen, wo Muammar al-Gaddafi beseitigt wurde, kann man sagen, dass eine schnelle Beseitigung von Assad die Situation nicht unbedingt verbessert hätte. Auch Afghanistan ist ein Paradebeispiel für die Erfolglosigkeit, durch Regime-Chance das Land vor Chaos zu bewahren. Vielleicht hätte man zu Beginn auf Einmischung und Destabilisierung verzichten müssen. Diese Position wird immer wieder von den Russen und Chinesen, aber auch von diversen Friedensbewegungen hervorgehoben.

Einig sind sich dagegen alle Vertreter bei der Bewertung des „Islamischen Staates“ (IS) und des radikal-islamischen Fundamentalismus. Hier will man weiterhin konsequent vorgehen. Auch die Vertreter der islamischen Länder wie Saudi-Arabien sprechen vom IS als eine wilde Sekte, die man bekämpfen müsse. Für die europäischen Länder stellt sich hier vor allem das Problem der Terrorabwehr.

Frankreich und andere europäische Staaten kritisieren deutsche Flüchtlingspolitik

In punkto Flüchtlingskrise sind vor allem die europäischen Staaten auf eine schnelle Lösung erpicht. Doch die ist nicht in Sicht. Vielmehr kristallisierte sich heraus, wie isoliert die Regierung von Angela Merkel inzwischen ist. Die östlichen EU-Nachbarstaaten lehnen eine Verteilung der Flüchtlinge und Quoten gänzlich ab. Der französische Premierminister Manuell Valls stellte am Rande der Sicherheitskonferenz gegenüber Journalisten klar, dass es so schnell keine Verteilung der Zuwanderer innerhalb der EU geben werde. Frankreich sei gegen solche Umverteilungspläne.

Auf der Münchener Sicherheitskonferenz hat der König von Jordanien Abdullah II. einen bedenkenswerten Vorschlag gemacht. Man müsse, so schlug er sinngemäß vor, die kleinen islamisch geprägten Staaten Südosteuropas, Bosnien-Herzegowina, Albanien und den Kosovo zu blühenden Landschaften machen. Dann hätte man ein Ziel für die Muslime und ein Bollwerk gegen den islamistischen Extremismus und Fundamentalismus geschaffen.

Auch der Einsatz der Bundeswehr wurde thematisiert. Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen erwähnte, dass die Bundeswehr Flüchtlinge für den Wiederaufbau in Syrien ausbilden solle. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier hob hervor, dass Deutschland sich an der Stabilisierung Libyens beteiligen wolle.

Vor der Münchener Sicherheitskonferenz haben rund 3.000 Friedensaktivisten demonstriert. Die Demonstrationen sollen friedlich und ohne Zwischenfälle verlaufen sein.

„Friedenskonferenz“ oder „Trommeln für den Krieg“?

Der CDU-Politiker und ehemaliger Staatssekretär im Verteidigungsministerium Willy Wimmer kommentierte die 52. Münchener Sicherheitskonferenz auf RT folgendermaßen: „Das, was wir hier in München sehen, ist ja seit Jahr und Tag ein Trommeln für den Krieg.“ Man wolle, so Wimmer, dort lediglich seine Konzepte durchsetzen. Spätestens seit dem Jugoslawienkrieg habe die Konferenz den Friedenscharakter verloren.

Angesichts der Reden und Stellungnahmen verschiedener NATO-Politiker und Militärs erwecke die aktuelle Rhetorik den Eindruck, so empfindet Willy Wimmer, dass man Pläne entwickle, härter gegen Russland vorzugehen. Dies habe sich schon vor zwei Jahren gezeigt, als Bundespräsident Gauck emphatisch von mehr Verantwortung sprach und damit mehr Bundeswehreinsätze meinte.

Wimmer konstatiert einen deutlichen Gegensatz zwischen den alten Sicherheitskonferenzen und den heutigen. Während damals die konstruktive ost-west-ausgleichende Annäherungspolitik im Vordergrund stand, werde heute wieder – sinngemäß – mit dem Säbel gerasselt. Wimmer findet es unverantwortlich, eine solche Konferenz in Deutschland durchzuführen.

Willy Wimmer erinnerte daran, dass Deutschland sich nach den schrecklichen Ereignissen des Zweiten Weltkrieges moralisch und verfassungsrechtlich dem Motto verschrieben hatte, dass von deutschem Boden kein Krieg mehr ausgehen dürfe. Dem stünde widersprüchlich die mehrfache völkerrechtswidrige Beteiligung der Bundeswehr an Kriegen gegenüber. Wimmer erinnerte daran, dass der Westen in Syrien völkerrechtwidrig aktiv sei, weil man weder von der syrischen Regierung eingeladen, noch ein Mandat der Vereinten Nationen habe. Im Gegensatz dazu sei die russische Präsenz dort ausdrücklich auf Wunsch der legitimen syrischen Regierung erfolgt.

Was haben wir in Zukunft zu erwarten? Willy Wimmer mahnt: „Wir sollten uns dessen bewusst sein, dass wir wieder, nach der tragischen Geschichte des vergangenen Jahrhunderts, auf einen Kurs gebracht werden, der für dieses Land nur im Schrecklichen endet.“

Zu beklagen sei zudem die gefährliche Dominanz, mit der die deutsche Regierung sowohl der eigenen Bevölkerung als auch seinen europäischen Nachbarn eine bestimmte Politik aufdränge. Dies zeige sich deutlich in der Zuwanderungspolitik, mit welcher sich Deutschland in Europa zunehmend isoliere.

(Schlagwort: GeoAußenPolitik )

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: H.von Bugenhagen

Na iss denn dass...
Hoffentlich knallt es hier bald ,damit wieder etwas Ruhe einkehrt.

Gravatar: Ron Ceval

@ Orka: sehe ich genauso. Putin hat die Geduld eines Heiligen; obendrein muß er seinem eigenen Volk gut zureden, wenn so Infames geschieht wie bei der EM in Frankreich, wo von allen Beteiligten nur den Russen mit Konsequenzen gedroht wurde. Die Anstifter waren ganz andere, nicht zuletzt die englische Mannschaft mit zweifelhaften Aktionen auf dem Spielfeld. Und dann gibt es eine "Sicherheitskonferenz", wo jeder einzelne Nachbarstaat Rußlands zum Frontstaat aufgerüstet wird, was natürlich nicht agressiv gemeint ist, wer denkt denn sowas. Das einzige Interesse Rußlands gilt dem Erhalt seines Schwarzmeerhafens; Expansionsgelüste sehe ich nicht, nur die legitime Wahrung wirtschaftlicher Grundlagen und stabiler Handelsbeziehungen.
Der Vorschlag Abdullahs II von Jordanien, die Balkanländer mit muslimischen Anteil in blühende Landschaften zu verwandeln, ist rührend. Er möge bitte die Albaner, Kosovaren und Bosniaken bei sich aufnehmen, dann klappt das auch mit den blühenden Landschaften.
Und nicht vergessen: Syrien unter Assad war ein stabiles Land mit einer breiten Mittelschicht und mit Religionsfreiheit für alle! Wer ist schuld an dem heutigen Chaos? Sicher nicht Putin, da sind wir uns hoffentlich einig.

Gravatar: color switch

Great. This article is excellent. I have read many articles with this topic, but I have not liked. I think I have the same opinion with you.

Gravatar: Orka

Die Amerikaner sind doch nur die Befehlsempfänger der Rothschilds und Co.
Dabei stehen die Amerkaner vor einer nahezu unlösbaren Aufgabe: Sie haben den IS erst mit viel Aufwand geschaffen und hochgepäppelt. Aber vor der Weltöffentlichkeit müssen sie so tuen, als bekämpften sie diese Terroristen.
Ein wahrlich schwierige Aufgabe.
Putin scheint seinen Gegner zu kennen. Er dappt nicht in die Falle. Er nutzt das gespaltene Spiel der Amerikaner. auch wenn er dabei noch so manche Kröte schlucken muss. ( Bombardierung der Amerikaner von Krankenhäuser in Kundus, in Aleppo und bei Damaskus)
Er schluckt lieber diese Kröten, als sich zu einem Krieg provozieren zu lassen. Hitler ließ sich zu dem Krieg verleiten. Er wurde auch provoziert durch Deutschenprogrome in Blomberg/Polen)
Die Geschichte scheint sich zu wiederholen. Putin scheint klug genug zu sein um diese Spiel zu durchschauen.

Gravatar: AMAN  ANTON

Die heutige Politik scheint sich mit nicht eingehaltenen
Vereinbarungen jenem Nichtangriffspakt zwischen
Deutschland und Russland zu nähern, der dann im
Überfall auf Russland geendet hat!
Mit der gleichzeitigen Aufnahme 10 neuer EU-Staaten
und der Vereinbarung, die NATO würde sich nicht
Richtung Russland ausweiten, Schauermärchen über
freien Personen-Geld-und Waren-Verkehr der EU ist heute
nichts mehr übrig, alles wurde verändert und eingeengt!
Unter dem US-Motto, einer der nicht für uns ist, ist gegen uns, wird die Welt nach US-Manier verändert, koste es
was es wolle!
Europas Tragik ist, dass es keine couragierte und
zukunftsweisende Politiker hat und noch dazu US-hörige
Vasalle, allen voran Frau Merkel, die Europas Totengräberin geworden ist! Zufall, oder bewusst?!
Die derzeitige Situation der politischen Blöcke ist ähnlich
wie im Fussball: Nicht der, der das Foul begeht wird gestraft, sondern der, der darauf reagiert!
Nicht Russland hat "demokratisiert" in den arabischen
Ländern, nicht Russland hat Iraq, Libyen dem Erdboden
gleichgemacht, nicht Russland hat Syrien seit fünf(!)Jahren
bombardiert und somit die gesamte Region destabilisiert!!
Russlands Afghanistan-Abenteuer hat einen weltweiten
Boykottaufruf gegen die Olympiade in Moskau beschert,
und heute, wer wird boykottiert, bestraft und isoliert für
das Gleiche!?
So lange Europa nicht zur Kenntnis nimmt, dass es ohne
Russland nicht geht, nicht gehen kann, werden die USA
immer die Profiteure sein!!!
Russland ist bis zum Ural immer noch Europa und daher
muss die EU-Europa zur Kenntnis nehmen, dass der
"gute" Freund daran nicht interessiert ist und immer
versuchen wird, das Verhältnis zu trüben, egal um was es
geht. Deutschlands "Anschluss und Beteiligung" an
illegalen, völkerrechtswidrigen Kriegen an der Seite
der USA und gleichzeitige Anschuldigungen gegen
Russland kann nicht gutgehen!!!

Gravatar: Karl Brenner

Der Polenz...

Kein kalter Krieg. Weil wir sind ja "multipolar"
Deutschland ist also unabhängig.

Was der Polenz nicht gesagt hat:

Die Blöcke (China, USA, Russland) haben ihren Peripherie voll im Griff.
Dazu gehören natürlich auch Leute wie Polenz.

Die Blöcke führen einen erbitterten, grausamen und sinnlosen Kampf um neue Grenzregionen (Libyen, Syrien, Ukraine, etc) und die anderen Staaten innerhalb dieser Blöcke haben dafür zu bezahlen. Mit immer größer werdenden Millitärhaushalten und der Unterstützung von verdeckten Terroristen. Die Presse muss dann jeweils die passende Propaganda liefern.

Das nennt man dann "Lügenpresse"

Gravatar: Hans Meier

Es fällt auf, der russische Premierminister tritt als authentischer Mensch und Politiker in München auf, mit einer Botschaft an die Vernünftigen, die sich Frieden und Sicherheit für Freundschaften unter Völkern als Perspektive wünschen.
Es macht erschrocken, wie ein McCain, als personifiziertes Gegenteil jeder zivilisierten Intelligenz, den inoffiziellen, kommerziellen US-Söldner-Truppen weiterhin als „US-Privat-Sicherheits-Dienste“ zu mehr Aufträgen verhelfen will und an Krieg Profit zu machen versucht.
Krieg als Geschäftsmodell ist mehr, als eine radikale, tödliche Perversion, und auch seit dem dreißigjährigen Krieg in Europa, gibt es heute offensichtlich politische Figuren, die ihr Schicksal, seit dem Vietnam-Krieg nicht ruhen lässt, die weiterhin keinen Frieden finden wollen, sondern lieber andere ermorden, und darum in München in Kameras zwinkern.
Ich hab gar nichts gegen die „Amerikaner“ oder gegen die „Briten“ oder die „Franzosen“ usw. oder die „Russen“, aber was gegen verrückte gefährliche Idioten.

Gravatar: Alfred

Assad und die Russen sind strategisch auf dem Vormarsch gegen die Terroristen und mit denen wollte die NATO Assad aus dem Amt hebeln.
Was nun mit den bösen Russen? Haben sie den Amerikanern doch die Strategie versaut. Schließlich liegen die Ölfelder in Syrien in geringer Tiefe. Da läuft den amerikanischen Investoren schon mal der Geifer aus der Schnauze.

Gravatar: K.Becker

"Trommeln für den Krieg" und wir sind mit Freude auch ein Handlanger und Wasserträger der "Dunklen Mächte".
Wo sind unsere Politiker mit: Intellekt, Gewissen, Moral und Visionen geblieben? Ausgestorben. Ersetzt durch Selbstherrlichkeit, hündische Unterwerfung und Dollar-Zeichen im Kopf.
Unsere "Leit"-Medien laufen Linienkonform.

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