Kaffee und Kuchen im Kreise der Verwandtschaft prägen bei nicht wenigen Menschen die Advents- und Weihnachtszeit. Oft erfordern die dabei geführten Gespräche eine hohe Konzentration, will man denn zumindest einen halbwegs präsenten Eindruck vermitteln. Doch nach dem dritten Stück Torte lassen sich auch beim allerbesten Willen gewisse Ermüdungserscheinungen nicht mehr verbergen, und man muss einen Weg finden, um das Gespräch auf Autopilot zu schalten. Eine bewährte Möglichkeit besteht darin, kluge Sinnsprüche in die Runde zu werfen, zu denen jeder irgendetwas sagen kann. Zum Beispiel: „Die Armen werden immer ärmer, und die Reichen werden immer reicher“. Dem stimmen alle zu, und jeder steuert eigene Erfahrungen bei. So hat man ein paar Minuten gewonnen, um gedankenverloren vor sich hin zu dämmern.
Auch die Politik greift dieses Motiv gelegentlich auf, um daran die Forderung nach mehr „Gerechtigkeit“ zu knüpfen. Angeregt wird dann meist so etwas wie eine Vermögensabgabe oder auch eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes, und schon erscheint gewährleistet, dass die Reichen endlich etwas tun, um das schwere Los der Armen zu lindern. Schließlich müssen „starke Schultern mehr tragen als schwache“, denn „Eigentum verpflichtet“, und überhaupt. Doch am Ende bleiben entsprechende Forderungen meist folgenlos, und alles geht weiter wie gehabt.
Innovativ erscheint dagegen der Gedanke, einfach einmal entgegengesetzt umzuverteilen. Doch auch diese Idee ist bei näherem Hinsehen ganz so neuartig nicht. Zwar bekennt sich niemand offen zu ihr, aber in der Realität erfährt sie durchaus konkrete Umsetzung, wenn auch meist unterhalb des Radars einer breiteren Öffentlichkeit.
Die Reichen werden nicht immer reicher, …
Doch kürzlich ist im „Wallstreet Journal“ ein Artikel erschienen, der der Geldpolitik der US-Notenbank genau diesen Vorwurf macht: Sie habe in den vergangenen fünf Jahren eine „Robin-Hood-Politik unter umgekehrten Vorzeichen“ betrieben, wird da sinngemäß behauptet. Die Formulierung als solche stammt zwar vom ehemaligen Präsidentschaftskandidaten und notorischen „Fed“-Kritiker Ron Paul. Aber ihr Inhalt wird ausgerechnet von dem Insider bestätigt, der mit der Umsetzung des „größten Bail-Outs in der Geschichte der USA“ betraut war, wie er es selbst auf den Punkt bringt. Andrew Huszar hatte bereits von 2001 bis 2008 für die Notenbank gearbeitet, doch dann in die Privatwirtschaft Reißaus genommen. Er habe den Unabhängigkeitsverlust der „obersten Währungshüter“ nicht länger ertragen können, betont Huszar in seinem Artikel. Anderthalb Jahre später sei ihm jedoch ein „Traumjob“ angetragen worden, den er trotz aller Bedenken nicht habe ausschlagen können.
Andrew Huszar wurde damit beauftragt, das „Fed“-Programm „Quantitative Easing“ (QE) umsetzen. Zu dessen Realisierung stellte die Notenbank unglaubliche 1,25 Billionen Dollar zur Verfügung – anfänglich, wie man mittlerweile weiß. Mit diesem Betrag wurden innerhalb eines Jahres Hypotheken-Papiere in exorbitantem Umfang aus den Bankportfolios aufgekauft – mit dem Effekt einer Entlastung der Bilanzen und einer Vergünstigung der Refinanzierungskosten. Doch dies sollten nach den Worten von „Fed“-Chef Ben Bernanke nur „Nebenwirkungen“ sein. Eigentlich zielte „QE“, so zumindest die Behauptung, auf die Ausweitung des Kreditvergabespielraums der Geschäftsbanken ab. So sollten Private und Unternehmen in die Lage versetzt werden, vermehrt zu investieren und auf diese Weise die Wirtschaft anzukurbeln. Ein solches Konzept war Keynesianismus in Reinkultur – und vor allem auch deshalb eine erstaunliche Strategie, weil genau so die Subprime-Krise überhaupt erst ausgelöst und die Verwerfungen auf dem Finanzmarkt verursacht wurden.
Tatsächlich allerdings ist Keynes ein weiteres Mal gescheitert. Denn die günstigeren Zinsen wurden nicht an die Kunden weitergereicht, und auch der Umfang der ausgelegten Kredite stieg keineswegs an – im Gegenteil. So ist das private Verschuldungsvolumen auf dem amerikanischen Kreditmarkt, durch den sich vor allem die Unternehmen finanzieren, von 13,8 Billionen Dollar im Jahre 2008 auf 12,9 Billionen Dollar im Jahre 2013 gesunken. Der Wert privater Immobilienhypotheken ist im selben Zeitraum von 10,5 Billionen Dollar auf 9,3 Billionen Dollar zurückgegangen. Dies ist die eine Seite der Bilanz von „Quantitative Easing“. Doch es gibt laut Andrew Huszar noch eine andere – und er lässt keinen Zweifel daran, dass er diese keineswegs für unbeabsichtigt hält: So habe „QE“ von Anfang an vor allem darauf abgezielt, die Banken zu beglücken und Konzentrationsprozesse im Kreditgewerbe zu beschleunigen, wobei Huszar in diesem Zusammenhang ausdrücklich von einem „Kartell“ spricht.
… sondern sie werden immer reicher gemacht
Und hier ist das von ihm verwaltete Programm auch zweifelsfrei erfolgreich gewesen, wie die Zahlen eindrucksvoll unter Beweis stellen. Zwar hat die mittlerweile auf vier Billionen Dollar angeschwollene „Fed“-Initiative, die selbst Deutschlands Finanzminister Wolfgang Schäuble laut Huszar-Artikel als „clueless“ bezeichnet, ein reales Wirtschaftswachstum von gerade einmal 40 Milliarden generiert. Dies entspricht kaum mehr als einem viertel Prozent des US-Bruttoinlandsprodukts. Doch für die Großbanken ist der Effekt beträchtlich, weil sie ihr frisches Geld eben nicht für eine höhere Kreditvergabe, sondern für eine Einkaufstour an der Börse verwandt haben.
Und so horten inzwischen allein die vier größten Bankhäuser gut 47 % aller Vermögenswerte in den USA. Dies entspricht einem Anstieg von knapp vier Prozent in Relation zum Jahr 2008. In absoluter Betrachtung sind die Bestände allein der größten US-Bank JP Morgan im selben Zeitraum um 37 % gewachsen, was auch an der Übernahme der Investmentbank Bear Stearns und der ehemals größten US-Sparkasse Washington Mutual liegt. Die Bank of America konnte ihre Assets um 23 % steigern, nachdem sie Merrill Lynch aufgekauft hatte. Und die Einlagen bei Wells Fargo sind gar um 136 % in die Höhe geschossen, zumal man sich die Wachovia Bank einverleiben konnte. Die Entwicklung geht zudem munter weiter: Zusammen mit der Citygroup haben die drei Geldkonzerne allein im ersten Halbjahr 2013 rund 45 Milliarden Euro verdient, neun Mal mehr als im selben Zeitraum 2008. Und wenn man Goldman Sachs und Morgan Stanley noch hinzurechnet, beträgt der Anteil der sechs größten Banken an der Gesamtheit der US-Vermögenswerte inzwischen gute zwei Drittel, während sich die fast siebentausend übrigen Häuser den Rest vom Kuchen teilen müssen.
Somit sind die Mega-Institute heute „systemrelevanter“ denn je, und ihr Erpressungspotential gegenüber dem Staat, sie um jeden Preis am Leben zu halten, ist weiter gestiegen. Folgerichtig zeigt sich dieser denn auch weiterhin spendabel: Über den Umweg der Notenbank kauft er derzeit mit einem Monatsvolumen von 85 Milliarden Dollar weitere Hypothekenpapiere auf, und die Party an der Wallstreet kommt gerade erst in Fahrt.
Ob dies auf Dauer so bleiben wird, erscheint allerdings zunehmend zweifelhaft. Nicht wenige Analysten erwarten binnen Jahresfrist das Platzen der gigantischen Börsenblase. Zumindest auf dieser hätte übrigens auch der „kleine Mann“ mit nach oben schwimmen können, sofern er sich früh genug draufgesetzt hätte: So erbringt eine 2009 für 16 Dollar erworbene JP Morgan-Aktie heute gut 57 Dollar Verkaufserlös. Bei der Bank of America hätte man vor vier Jahren mit drei Euro einsteigen und jetzt mit 15 Dollar wieder rausgehen können. Und auch das Papier von Wells Fargo hat sich seither mehr als verdreifacht. So gewinnt am Ende doch dann die Logik der Marktwirtschaft, nach der jeder Einzelne auch unter widrigen Bedingungen gute Geschäfte machen kann, wenn er denn Ideen hat und vor allem ein Quäntchen Mut. Mit dem Sparbuch in der Tasche beim Adventskaffee zu sitzen, geschieht einem da fast schon wieder recht.
Kommentare zum Artikel
Bitte beachten Sie beim Verfassen eines Kommentars die Regeln höflicher Kommunikation.
Der Dollar gehört sowieso diesen Banken!
Schließlich sind diese Banken diid Eigner der FED.
Die EZB soll das gleiche Schicksal ereilen
Herr Dragi Monti von Rompuy alle sind Spitzenmanager von Goldman Sachs!
Muss man da noch mehr schreiben
mit der Bankenunion eilt es sehr, das ESM-ureteil ist auf Janauar verschoben worden, und der IWF bringt binnen 90 Tage ein neues Währungssystem. das Finale ist da!!!
Keynes sei gescheitert!
Die Empfänger des frischen Geldes haben einfach nicht das getan, was hinter den Aktionen stand. Sie haben die Gelder für andere Zwecke missbraucht.
Etwas weiter unten dokumentiert Herr Alfes was die Empfänger mit dem frischen Geld getan haben. " ... Denn die günstigeren Zinsen wurden nicht an die Kunden weitergereicht, und auch der Umfang der ausgelegten Kredite stieg keineswegs an – im Gegenteil. So ist das private Verschuldungsvolumen auf dem amerikanischen Kreditmarkt, durch den sich vor allem die Unternehmen finanzieren, von 13,8 Billionen Dollar im Jahre 2008 auf 12,9 Billionen Dollar im Jahre 2013 gesunken. " "... Doch für die Großbanken ist der Effekt beträchtlich, weil sie ihr frisches Geld eben nicht für eine höhere Kreditvergabe, sondern für eine Einkaufstour an der Börse verwandt haben.
Und so horten inzwischen allein die vier größten Bankhäuser gut 47 % aller Vermögenswerte in den USA. Dies entspricht einem Anstieg von knapp vier Prozent in Relation zum Jahr 2008."
Es wurde in der Vergangenheit zu gelassen, genannt Deregulierung um der Freiheit Raum zu schaffen, dass die Finanzakteure selbst definieren, wie lang eine Elle oder wie schwer ein Kilo ist. Es wurde zugelassen, dass die Marktteilnehmer ihre eigenen Maßeinheiten festlegen!
Was haben die Akteuere mit diesen Freiheiten gemacht? Sie haben sie zu ihren eigenen Zwecken missbraucht. Ganz im Sinne der Ideologie. Zweckrational nur zum eigenen Vorteil handeln. Der Effekt soll sein, dass durch diese Umschichtung irgend wann der "trickle-down-effect" ein tritt. Nach unten sickert dann etwas Flüssigkeit durch.
Keynes dieses mißbräuchliche Verhalten der Empfänger jetzt in die Schuhe zu schieben ist gänzlich "neben der Kapp"!
Klar sind diese Banken systemrelevant.
http://der-klare-blick.com/2013/10/das-falschgeldsystem-sehr-anschaulich-erklart/