Mehr Gleichheit für mehr Gerechtigkeit

Privatkasse für alle!

Nur mehr Gleichheit schafft mehr Gerechtigkeit, meint Dr. Georg Alfes und empfiehlt die Öffnung der Privaten Krankenversicherung für alle.

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Der politischen Linken fällt es nicht schwer, das deutsche Gesundheitssystem zu analysieren. Es gibt „die da oben“, auch als „Privatpatienten“ bekannt. Sie schwelgen im medizinischen Luxus, können die besten Ärzte aufsuchen, profitieren von den modernsten Behandlungsmethoden und sind rundum gut versorgt. Und dann gibt es „den kleinen Mann“. Er muss sich wegen des Ärztemangels oft wochenlang gedulden, bis er überhaupt einen Termin bekommt. Wenn es dann end-lich so weit ist, steht er sich im überfüllten Wartezimmer die Beine in den Bauch. Und schließlich fertigt ihn ein genervter Mediziner so knapp wie möglich ab, um den nächsten Kassenpatienten an die Reihe zu nehmen.

Diese Betrachtung unterscheidet sich von anderen linken Gesellschaftsmalereien in einem wesentlichen Punkt: Sie trifft hundertprozentig zu. Nur in der Schlussfolgerung gibt man sich dann wieder gewohnt verstrahlt: Weil eine Zwei-Klassen-Medizin nicht sein darf, gehört die Erste Klasse eben abgeschafft. Doch sollte man stattdessen nicht lieber die Schranken der Zweitklassigkeit niederreißen? Müssen die Darbenden wirklich weiter darben, nur um auch künftig als Klientel jener zu dienen, die ihr hartes Los zu lindern versprechen?

Wie Gerechtigkeit durch Gleichheit auch gehen könnte, hat Gesundheitsminister Daniel Bahr im vergangenen August skizziert: „Ich möchte, dass alle Menschen selbst entscheiden können, wie und wo sie sich versichern wollen“, so der FDP-Politiker gegenüber der „Rhein-Zeitung“. Und obwohl er sich dabei ausdrücklich nur auf eine der vier Sozialversicherungssäulen bezog, nannte er seinen Vorstoß zu Recht eine „Vision“. Und nicht eine pure Selbstverständlichkeit, wie man eigentlich vermuten sollte. Denn ein solch harmloser Satz löst in Deutschland tatsächlich Fassungslosigkeit aus. Der Minister wolle das Gesundheitssystem „radikal entsolidarisieren und dem Solidarsystem so den Todesstoß versetzen", schäumte die grüne Frontfrau Katrin Göring-Eckardt. In dem Wortdoppler schimmert das Ausmaß der Empörung durch, das eine derartige Forderung in manchen Kreisen auslöst.

Dabei hätte es ein anderer Umstand verdient, Ziel von Wutattacken zu werden: Nämlich die Tatsache, dass eine rein private Krankenversicherung ausschließlich Besserverdienenden vorbehalten bleibt, während Otto Normalverdiener per Gesetz von ihr ausgeschlossen wird. Zumindest aus dem Kreis der Arbeitnehmer dürfen sich in Deutschland nur jene privat versichern, deren Jahreseinkommen mindestens 52.200 Euro beträgt. Das sind immerhin 4.350 Euro im Monat – und damit weit mehr, als der Durchschnittsjobber nach Hause bringt. Diese so genannte „Versicherungspflichtgrenze“ wird zudem mit hoher Dynamik heraufgeschraubt: Vor zehn Jahren hätten 45.900 Euro gereicht, um der gesetzlichen Krankenkasse Ade zu sagen. Doch allzu leicht will es der Gesetzgeber der Arbeitnehmerschaft offenbar nicht machen. Dies lässt sich auch daran erkennen, dass ein Wechsel erst zum Beginn desjenigen Jahres möglich ist, das auf die Überschreitung der Pflichtgrenze folgt. Zudem muss nachgewiesen werden, dass diese voraussichtlich auch im kommenden Jahr nicht gerissen wird. Andersherum geht die Fahrt dagegen schneller: Fällt das Einkommen eines Privatversicherten unter die festgesetzte Summe, wird er bereits am darauffolgenden Tag in die gesetzliche Kasse zurückgezwungen. Dies gilt auch dann, wenn sich Kunde und Versicherung über eine Vertragsfortführung einig wären. So verwundert es nicht, dass pro Jahr nur zwischen 200.000 und 300.000 Bundesbürger den Sprung in die „Private“ schaffen und gut halb so viele auch wieder herausfallen.

Wo bleiben die Wutbürger, wenn man sie braucht?

Es ist mehr als erstaunlich, dass diese institutionalisierte Diskriminierung von Normal- und Geringverdienern bei den Betroffenen keinen Aufschrei auslöst. Denn die Festlegung einer Versicherungspflichtgrenze bedeutet einen massiven Eingriff in die grundgesetzlich verbriefte Vertragsfreiheit, deren Ausübung die Politik offenbar nur den höheren Einkommensklassen zutraut. Und tatsächlich wird argumentiert, dass die Grenzziehung einen Schutz vor der Überforderung durch steigende Versicherungsprämien im Alter gewähre. Doch sollte dies in einer freiheitlichen Gesellschaft der Beurteilung durch den Einzelnen überlassen bleiben – ebenso wie die Frage, welcher Teil des Einkommens in den Gesundheitsschutz investiert werden soll. Hier gibt es sehr unterschiedliche Präferenzen, und allein schon deshalb verbietet sich eine staatliche Bevormundung von selbst. Doch selbst wenn man bereit wäre, über den paternalistischen Aspekt hinwegzusehen, bliebe das System in sich völlig unstimmig: So steht die Privatkasse allen Selbständigen offen, auch dann, wenn ihr Einkommen deutlich unter jenem von gut bezahlten Arbeitnehmern bleibt.

Und schließlich sind es auch ökonomische Argumente, die einer Öffnung der privaten Krankenversicherung für alle das Wort reden: So ist sachlich nicht zu begründen, warum es ausgerechnet der Produktionsfaktor Arbeit sein soll, der mit den Kosten des Gesundheitswesens belastet wird. Wollte man gleichwohl an einer Mitverantwortung der Arbeitgeber für den Krankenschutz ihrer Beschäftigten festhalten, könnte dies auch in Form eines Pflichtzuschusses zur Privatversicherung geschehen – wie dies ja auch heute bereits geltende Gesetzeslage ist. Und sollte es einigen dann noch immer an Mitteln fehlen, um die Versicherungsprämie zu bezahlen, dann muss eben auch der Staat einen Anteil beisteuern. Das tut er bei seiner Beamtenschaft auch, die er übrigens unabhängig vom Einkommen privat versichert.

Darüber hinaus wäre mit einem erheblichen Effizienzschub im Gesundheitswesen durch eine Heerschar zusätzlicher Privatpatienten zu rechnen. Individuell zu entrichtende, versicherungsmathematisch berechnete Prämien stellen einen enormen Anreiz zur Kostenkontrolle dar, insofern jeder Einzelne ein Interesse an einer Dämpfung der Gesundheitspreise hätte. Das häufig gehörte Gegenargument, ein Mensch sei kein Auto und könne daher aus moralischen Gründen nicht in Schadensklassen eingruppiert werden, ist zwar in der Analyse richtig, aber in der Schlussfolgerung falsch. Wollte man eine solche Überlegung weiter denken, wären auch Risikolebensversicherungen unethisch, weil man mit ihnen eine Wette auf den eigenen Tod abschließt.

Zu guter Letzt wäre eine Ausweitung des Privatversicherungssystems auch mit Blick auf die Demographie höchst wünschenswert. Denn während die gesetzlichen Kassen auf einem Umlagesystem basieren, kann die private Konkurrenz auf einen Kapitalstock von gut 180 Milliarden Euro zurückgreifen.

Die Große Koalition macht nur Klein-Klein

Dennoch stehen die Chancen für grundlegende Änderungen im Gesundheitssystem schlecht. Die Große Koalition wird sich in Details verlieren, anstatt die Tür für fairen Wettbewerb zu öffnen. Die Ablehnung entsprechender Forderungen wird gerne mit dem Hinweis verbunden, man werde sich Konzernlobbyisten nicht beugen. Dabei ist der Verband der Privaten Krankenversicherungen mit Blick auf mehr Wahlfreiheit überaus zurückhaltend. Zum Vorstoß von Minister Bahr erklärte ein Verbandssprecher nur leicht säuerlich, da würden dann wohl „noch viele Detailfragen zu klären“ sein. Und in der Tat liegt CDU-Gesundheitspolitiker Jens Spahn völlig richtig, wenn er feststellt: „Eine freie Wahl zwischen privater und gesetzlicher Versicherung klappt nur, wenn die Versicherungen jeden Bürger unabhängig von Vorerkrankungen oder auch Alter nehmen müssten". Daher sollte man den Betrieb einer privaten Krankenkasse als erlaubnispflichtiges Gewerbe fassen, dessen Zulässigkeit an die Bereitstellung eines hochwertigen Basisangebots für alle zu binden wäre. Darüber hinaus könnten die Kassen gezwungen werden, nicht berufstätige Ehepartner und vor allem Kinder kostenlos mitzuversichern. So ließe sich ein sozialer Ausgleich auch innerhalb eines privatwirtschaftlich organisierten Systems problemlos herstellen.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Frank S.

Das Problem ist nur, das es so nicht funktioniert. Denn der Tarif hängt immer vom Alter und dem gesundheitlichen Status ab. Demnach würden zuerst die Jungen und Gesunden in die Private fliehen, um sich von Quersubventionszahlungen entlastet eines günstigen Tarifs zu erfreuen. Am Ende bleiben nur noch die Rentner und Kranken übrig, die horrende nicht zu bezahlende Beiträge entrichten müßten.
Schlauer wäre da doch die Variante, eine steuerlich finanzierte gesetzliche Grundversorgung ca. 30% unter dem jetzigen Niveau einzuführen. Die wäre dann wirklich solide und fair finanziert, da zum Beispiel auch Spekulationsgewinne mit in die Finanzierung einfließen, und der Faktor Arbeit massiv entlastet würde was Arbeit schafft und Niedrigverdienern unterm Strich mehr bringt als der Mindestlohn (ca. 1-2 Euro mehr die Stunde, ohne Arbeitsplatzvernichtung) . Kurzzeitarbeitslose, die zum Beispiel zwischen einer Bildungsmaßnahme und dem neuen Arbeitsverhältnis 2-3 Monate überbrücken müssten, brauchen sich nicht mehr Arbeitslos zu melden weil kaum jemand trotz fehlendem Einkommen dann doppelten Beitrag (inkl. Arbeitgeberbetrag) bezahlen kann. Sabbatjahr, Elternauszeit, Kinder , all dies wäre unbürokratisch mit abgedeckt. Darüber hinaus hat dann jeder noch seine private Zusatzversicherung, die ihm all die Extras finanziert, die er sich so wünscht. Und weil im Grunde jeder so eine Versicherung hat, wäre man als PV nicht mehr automatisch die Melkkuh, und der Staat könnte da endlich auch seine Finger raushalten und den Markt frei wirklich frei walten lassen.

Gravatar: Anonymus

Dieses ist ein reiner Werbeartikel für die PKV mit jeder Menge Halbwahrheiten!

Sicher ist der PKV -Patient Privatpatient, dafür gibt es einen Haufen Leistungseinschränkungen gegenüber der gesetzlichen Krankenkasse.

Das ist aber gar nicht das Problem, sondern die ins Absurde steigenden Versicherungsprämien.

Ein bisschen Überlegen hilft auch:
Wenn ich als Privatpatient zum Zahnarzt in Deutschland gehe (ich wohne in der Schweiz) muss ich das 2,8-fache des Krankenkassensatzes bezahlen. Wenn der gesetzlich Versicherte für 1,8 andere, die keine Beiträge bezahlen, mitbezahlen muss, ist das genauso teuer, wie wenn er das 2,8-fache Honorar bezahlen muss. Wo soll die Ersparnis denn her kommen?

Sicher ist das billiger, so lange man jung ist und dafür umso teurer, je älter man wird.
Zweitens, die Versicherungen müssen sozusagen jeden Altersjahrgang getrennt versichern. das letzte Jahr im Leben ist immer das teuerste aus Sicht der Medizin und kostet etwa 50 000,- €

Es gibt heute 442 000 65-Jährige Männer, von denen sind nächstes Jahr 4000 tot. Deren Ableben kostet zusammen 200 000 000,- € wenn die 65-Jährigen das bezahlen müssen, muss jeder 4555,- € dafür bezahlen pro Jahr. Es gibt heute 411 000 75-Jährige Männer, von denen sind nächstes Jahr 7000 tot. Deren Ableben kostet zusammen 350 000 000,- € wenn die 75-Jährigen das bezahlen müssen, muss jeder 8816,- € dafür bezahlen pro Jahr. Die Beiträge steigen und steigen und wenn Sie sehr alt werden, dann müssen Sie mehrfach Ihr letztes Jahr an die Kasse bezahlen. Das sind NUR die Kosten fürs Ableben, Krankheitskosten kommen noch dazu! Die PKV macht finanziell nur Sinn, wenn Sie rechtzeitig ableben (will ich jedenfalls NICHT).

Sicher sind eben nicht alle PKV-Versichert, aber wie viele PKV-Versichert sind von einem Jahrgang, hat auf die Prämie keinen Einfluss. Bei der Solidarversicherung muss quasi jeder im Laufe seines Lebens sein Ableben einmal bezahlen und hat das mit dem Eintritt des Pensionsalters geschafft.

Wer Rechnen kann, ist klar im Vorteil, aber Mathematik mögen die meisten Menschen NICHT! ... und die Männer lesen am liebsten nur den Sportteil in der Zeitung, aber doch nicht "so was", nicht mal zu allerletzt!

Anyway, was ist zu tun? Ganz bestimmt keine PKV-Versicherung abschliessen, wo man einen Blancoscheck unterschreibt, jede noch so verrücktte Präme zu bezahlen. Man kann aus dem zug auch nicht wiueder aussteigen, wer die Prämien nicht mehr bezahlen kann, häuft einen Schuldenberg an, bekommt dafür aber im Fall keine Leistung mehr.

Wem die gesetzlich Krankenkasse nicht gefällt, kann ja eine Zusatzversicherung abschliessen und seine gesetzliche Krankenkasse auf Privatpatient "aufstocken". Diese Zusatzversicherung lässt sich jederzeit kündigen und weil die Kasse das weiss, werden die Prämien vernünftig bleiben und wenn nicht, lässt sich die Kasse wechseln oder austreten.

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