Es sind keine strategischen Raketen, wie sie in den U-Booten und Silos der USA untergebracht sind, sondern taktische Atombomben, die von NATO-Bombern transportiert werden sollen. Auch wenn ihre Sprengkraft um ein Vielfaches kleiner ist als jene der strategischen Waffen, sind sie immerhin jeweils viermal so stark wie die Hiroshima-Bombe. Das ist ungefähr das Potenzial, das für einen regional begrenzten Atomschlag nötig wäre, ein gruseliges Szenario, bei dem der wechselseitige atomare Schlagabtausch auf beispielsweise Europa beschränkt bliebe, ohne einen weltweiten Untergang nach sich ziehen zu müssen.
Seit längerem sind die Militärs der Atommächte damit beschäftigt, Kriegsszenarien durchzuspielen, bei denen auch kleine Atomwaffen zum Einsatz kommen. Die USA hatten während des Irakkrieges die umgekehrte Variante in der Realität durchgespielt, bei der nichtnukleare Bomben gezündet wurden, die fast so stark wie kleine Atombomben sind. Man will es knallen lassen, ohne den ganz großen Knall befürchten zu müssen.
US-Strategie und Deutschlands Teilhabe
Nach Informationen, die in der ZDF-Sendung „Frontal 21“ am Dienstag, den 22.09., präsentiert wurden und vorab bei Focus-Online als Kurzmeldung verbreitet wurden, werden auf dem Fliegerhorst der Bundeswehr in Büchel (Rheinland-Pfalz) die Vorbereitungen für die Stationierung neuer US-Atombomben getroffen.
Dem ZDF-Team von „Frontal 21“ liegen US-Haushaltspläne vor, die belegen, dass der US Air Force ab dem dritten Quartal 2015 Gelder für das neue Atombomben-System B 61-12 zur Verfügung gestellt sind. Diese Bomben sollen von deutschen (!) Tornado-Jagdbombern benutzt werden. Die neuen Bomben sollen nach Auskünften von Rüstungsexperten wesentlich zielgenauer sein als ihre Vorgängerwaffensysteme, berichtete „Frontal 21“.
Die Idee dahinter: Die deutschen Flugzeuge sollen im Rahmen der sogenannten „nuklearen Teilhabe“ US-amerikanische Atomwaffen tragen und abfeuern können. Das bedeutet im Klartext, dass Deutschland aktiv am atomaren Schlagabtausch teilnehmen würde.
Hans M. Kristensen vom „Nuclear Information Project“ fasst das so zusammen: „Im Falle eines Krieges würden die in Deutschland stationierten Waffen auf Anweisung des US-Präsidenten benutzt. US-Kräfte übergeben den deutschen Piloten dann die Atomwaffen, und diese deutschen Piloten würden dann Ziele mit Atomwaffen angreifen. Das ist ein sehr ungewöhnliches Szenario für einen Staat, der sich verpflichtet hat, nicht über Atomwaffen zu verfügen, weder direkt, noch indirekt.“
In Moskau ist man empört. Die Sprecherin des russischen Außenministeriums kritisierte gegenüber „Frontal 21“ diese Entwicklung. Sie wies darauf hin, dass dies eine Verletzung der Artikel 1 und 2 des Vertrages über die Nichtverbreitung von Atomwaffen sei.
Willy Wimmer (CDU), ehemaliger parlamentarischer Staatssekretär im Verteidigungsministerium, warnte in diesem Zusammenhang vor einer bewussten Provokation Russlands.
Dank Merkel: Deutsche Luftwaffe wird faktisch atomar aufgerüstet
Das frustrierende an der ganzen Geschichte ist, dass die Bundesregierung den Ausstieg aus der friedlichen zivilen Atomenergie beschlossen hatte, weil angeblich die Sicherheitsgefährdung zu hoch sei, gleichzeitig aber der versprochene Abzug der Atomwaffen nicht umgesetzt wurde – und das, obwohl die CDU/FDP-Koalition dies dem Wähler versprochen hatte und obwohl es sogar im Koalitionsvertrag geschrieben war und obwohl der Bundestag 2010 fraktionsübergreifend beschlossen hatte, die Amerikaner zum Abzug der Atomwaffen zu bewegen.
Doch was zählt schon ein Beschluss des Bundestages? Was zählt schon das Versprechen einer Koalition? Was zählen schon der Wunsch und die Sorge der Zivilbevölkerung? Am Ende nichts, wenn es um die Durchsetzung US-amerikanischer Strategien und um das Ducken der Bundesregierung geht.
Jedenfalls war es das Bundeskanzleramt beziehungsweise unsere Bundeskanzlerin Angela Merkel persönlich, die den besorgten Amerikanern gegenüber nachgab und sich somit über die Linie des Außenministeriums von Guido Westerwelle hinweggesetzt hatte.
Kommentar von „Frontal 21“ hierzu: „Kanzlerin Merkel hintertrieb offenbar den Beschluss von Koalition und Bundestag.“ Im November 2009 soll Merkels Sicherheitsberater dem US-Botschafter vermittelt haben, dass Merkel gar keinen Abzug der Atomwaffen wolle. Der Botschafter soll dies umgehend der US-Regierung in einem vertraulichen Telegramm mittgeteilt haben, in dem es unter anderem heißt: „Die Vereinbarung über den Abzug der Atomwaffen sei dem Kanzleramt von Außenminister Westerwelle aufgezwungen worden […] es mache aber keinen Sinn, einseitig die 20 taktischen Atomwaffen abzuziehen.“ So blieben die Atomwaffen in Büchel weiterhin stationiert – und werden nun durch neue ersetzt.
Gegenüber „Frontal 21“ bestätigte der Verteidigungspolitiker Thomas Hitschler (SPD), dass die Bundesregierung rund 112 Millionen Euro in den Militärstandort Büchel investieren will. Hans W. Kristensen vom „Nuclear Information Project“ bestätigte zudem die Modernisierung von US-Atomwaffen-Standorten in Italien und der Türkei.
Gefahr eines Atomkrieges ist nicht geringer als zur Zeit des Kalten Krieges
De facto ist die deutsche Bundeswehr somit eine NATO-Armee mit Atomwaffeneinsatzbefugnis – eine bedeutsame Entscheidung, über die die Öffentlichkeit kaum informiert wurde. Das pikante dabei ist, dass Truppen mit Atomwaffen im Ernstfall auch die ersten sein werden, die mit Atomwaffen beschossen werden. Damit ist das Schreckgespenst des nuklearen Holocaust wieder zurück. Weltweit warnen Experten immer wieder davor, dass die Gefahr eines Atomkrieges seit dem Ende des Kalten Krieges nicht kleiner, sondern größer geworden ist.
Die neuen Strategien zum regional beschränkten Einsatz kleinerer zielgenauer Atomwaffen bergen die Gefahr, einen beschränkten Atomkrieg für durchführbar zu halten und nicht als automatisches Ende der Zivilisation zu werten. Die könnte im Ernstfall zu riskanten Entscheidungen führen.
( GeoAußenPolitik )
Kommentare zum Artikel
Bitte beachten Sie beim Verfassen eines Kommentars die Regeln höflicher Kommunikation.
das wollte die deutsche Regierung unbedingt in den 60ige Jahren die atomare Teilhabe, sich darüber aufzuregen und die USA verantwortlich zu machen ist an Ignoranz nicht zu überbieten. Der Ausstieg aus der Kernkraft steht auf einem anderen Blatt und ist an Blödheit nicht zu überbieten. Man kann ja gegen Obama sein, ich bin es auch, auch viele US Bürger mögen den "Mann" gar nicht, aber das pauschalisieren geht mir gegen den Strich.
Die Stationierung neuer USA-Atomwaffen beweist, dass die BRD keine Souveränität besitzt. Es ist ein besetztes Land ohne Souveränität. Die BRD Regierungen werden ferngesteuert und haben nichts zu sagen. Ohne Friedensverträge gibt es keine Souveränität und ohne Souveränität kann es auch keine Verfassung geben, sondern nur das Grundgesetz. Das Bundesverfassungsgericht hat eine irreführende Bezeichnung.
" ... Merkel sagte, Deutschland habe keinen Rechtsanspruch auf Demokratie und soziale Marktwirtschaft für alle Ewigkeit. ..."
Quelle: Handelsblatt vom 16.06.2005
60 Jahre CDU
Merkel: Reform mit Politik ohne Angst
http://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/60-jahre-cdu-merkel-reform-mit-politik-ohne-angst/2514044.html
Merkel ist eine unkalkulierbare Gefahr für Deutschland und muss schnellstens entfernt werden !
Merkel ist eine Lügnerin! Von wegen "Atomausstieg"! Dieser amerikanische Atomwaffendreck ist wohl nicht gefährlich?
2006 hatte der Bundestag einhellig beschlossen, dass der Atomwaffenmüll beräumt wird. Nun macht Merkel, wider dem Parlament und der öffentl. Meinung, wieder mal im Alleingang was sie will. Stoppt diese Frau, bei der kann doch was nicht in Ordnung sein.
Na danke. Das ist ja viel weniger gefährlich als deutsche Qualitätsatomkraftwerke. Sarkasmus.
Gibt es irgendeinen Murks, der nicht gemacht wird ? Oder will man die Fortsetzung des Murphy's Gesetz besonders eindrucksvoll bestätigen. Von "alles was schiefgehen kann, geht auch schief" hin fortgesetzt zu "Jeder Murks den man machen kann wird gemacht und wir machen den Murks am besten und am meisten. Wir schaffen das!"
Auch wenn es schon 1000x geschrieben worden ist.
Wir sind kein souveräner Staat und wir verhalten uns auch so. Frau Merkel macht Männchen wenn Obama pfeift.
Eine "kleine" Zusatzüberraschung werden wir erleben, wenn TTIP in trockenen Tüchern ist.
Das wird eine ganz "spezielle" Atombombe für Deutschland und Europa.