Erster Weltkrieg

Gallipoli: Blutigste Schlacht an der Osmanenfront

Vor 100 Jahren tobte an den Dardanellen eine der grausamsten Schlachten des Ersten Weltkriegs. Weltweit wird der Kriegsopfer gedacht, die im Frühjahr 1915 beim Kampf um Gallipoli gefallen waren.

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Der 25. April wird in Australien und Neuseeland als nationaler Gedenktag begangen. Es war der Tag, an dem die Truppen aus „Down Under“ ihren britischen Kameraden zur Hilfe kamen, die bereits seit Ende Februar 1915 verzweifelt versuchten, die Halbinsel Gallipoli (türkisch: Gelibolu, griechisch: Kallipolis) an den Dardanellen zu erobern. Doch die Türken leisteten erbitterten Widerstand und konnten die Angreifer zurückschlagen.

In die monatelangen Gemetzel waren mehr als eine Million Soldaten verwickelt. Mehr als 460.000 Soldaten kamen aus Großbritannien, den britischen Kolonien, Australien und Neuseeland. Unterstützt wurden sie von fast 80.000 Franzosen. Auf der Gegenseite verteidigten rund 315.000 türkische Soldaten und 1000-3000 deutsche Soldaten erbittert ihre Stellungen auf der Halbinsel.

Insgesamt sind etwa 100.000 Soldaten gefallen. Etwa 250.000 Soldaten wurden verwundet. Es war eine der blutigsten Schlachten des Ersten Weltkrieges und die schwerste an der Orientfront der Alliierten gegen das Osmanische Reich.

Winston Churchills größte Niederlage

Die Idee für dieses waghalsige Unternehmen – mit tragischem Ausgang für die Alliierten – kam von Winston Churchill persönlich. Der damalige Erste Lord der Admiralität unterschätze die Widerstandskraft der türkischen Truppen. Zudem hatte er den Einfluss der deutschen Offiziere und Militärberater unterschätzt, die geholfen hatten, die osmanischen Streitkräfte neu zu organisieren. Der preußische Offizier Otto Liman von Sanders war Befehlshaber der 5. Osmanischen Armee, die einen wichtigen Teil der türkischen Truppen bei der Schlacht repräsentierte.

Am Ende war das Desaster groß. Für Winston Churchills persönlich war es die größte Niederlage, ein strategischer Fehler, der mehr als 100.000 Menschenleben forderte. Auch der massive Beschuss der Küste durch die Geschütze der alliierten Kriegsschiffe hatte nicht geholfen, die Landung der Alliierten zu erleichtern.

Für viele britische Generale und hohe Offiziere bedeutete die Niederlage das Ende ihrer steilen Karriere. Noch schwerer wiegt die Tatsache, dass die verlorene Schlacht bei Gallipoli zu einer erheblichen Verlängerung des Krieges im Nahen Osten geführt hatte.

Warum war der Ort Gallipoli strategisch so wichtig?

Die militärisch-strategische Bedeutung der Region war evident. Zum einen sind die Dardanellen wie der Bosporus die entscheidende Meerenge zwischen Europa und Asien. Schon Alexander der Große überquerte um 334 v. Chr. an diesem Ort mit seinem makedonischen Heer die Meerenge, um von hier aus das Persische Reich zu erobern.

Ein anderer strategischer Gesichtspunkt: Bei einem Erfolg der Eroberung der Halbinsel hätten die alliierten Truppen von dort aus einen Brückenkopf aufbauen können, um Istanbul direkt von Land aus angreifen zu können. Damit hätte man direkt in das Herz des Osmanischen Reiches vorstoßen können.

Doch die Türken waren sich dieser strategischen Bedeutung bewusst. Deshalb war ihr Widerstand während des gesamten Ersten Weltkrieges nirgendwo sonst so erbittert wie an diesem Ort. Es ging um Alles oder Nichts.

Die Türken wussten dies aus ihrer eigenen Geschichte. Um 1354 diente die Einnahme Gallipolis als Auftakt zur Eroberung des gesamten Balkans. Es war dann nur noch eine Frage der Zeit, bis das eingekreiste Konstantinopel in ihre Hände fiel. Im Jahre 1453 fiel ihnen schließlich die Hauptstadt des Byzantinischen Reiches in den Schoß wie ein reifer Apfel.

Die Halbinsel ist nach dem gleichnamigen Ort benannt. Gallipoli (Gelibolu) war als wichtigste Stadt der Halbinsel auch der am heftigsten umkämpfte Ort während der Schlacht.

Heldenmythos des Kemal Atatürk

Einer der führenden Truppenbefehlshaber auf türkischer Seite war Mustafa Kemal. Sein energisches Handeln während der Schlacht von Gallipoli brachte ihm einen Heldenmythos ein, der ihm den Weg zur zukünftigen Präsidentschaft der türkischen Republik ebnete. Als Kemal Atatürk ging er in die Geschichte ein – als Vater der modernen Türkei.

Für die Türken ist die Erinnerung an Gallipoli mit Stolz verbunden. Sie hatten gezeigt, dass sie den westlichen Truppen ebenbürtig waren, und hatten einen schnellen Sieg der Alliierten abgewendet.

Die Verklärungen solcher Siege tragen dazu bei, die Erinnerung an das Osmanische Reich in positives Licht zu rücken und dessen Zusammenbruch zu relativieren. Heute, unter der Präsidentschaft von Recep Tayyib Erdogan, erlebt die Erinnerung an das Osmanische Reich eine Renaissance. Die Türkei strebt nach mehr, als nur ein Schwellenland am Rande Europas zu sein.

In Australien und Neuseeland ist die Erinnerung an Gallipoli dagegen mit Volkstrauer verbunden. Die Truppen aus „Down Under“ waren damals gerade frisch in Europa angekommen, um dann in einer grausamen Schlacht dahingemetzelt zu werden.

Es war für die Australier und Neuseeländer die verlustreichste Schlacht des Ersten Weltkriegs. Aus diesem Gründen sind diese Tage des hundertjährigen Jubiläums mit zahlreichen Gedenkveranstaltungen verbunden.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: cengiz celik

hallo,
ich bitte um korrektur des Satzes,fiel schließlich die Hauptstadt des Byzantinischesreiches in den Schoß wie ein reifer Apfel.Ebenso bitte ich darum zu korrigieren,für die Türken ist die Erinnerung an Gelibolu mit Stolz verbunden.
Das ist nicht ganz richtig ausgedrückt.Es ist ebenso auch mit tiefster Trauer verbunden genauso wie für die Australier und Neuseeländer wie sie das schon schreiben.Byzanz fiel bestimmt nicht wie ein reifer Apfel in die Hände der Türken.Bitte Sie wenn Sie schon schreiben es richtig zu tun.

Gravatar: noname

Hallo,
Dieser Artikel ist einer der besten über das Thema "Schlacht von Gallipoli".
Habe lange nach solchen Artikeln für meine Präsentation gesucht.

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