Manuela Schwesig und ihre Staatssekretärinnen

Drei Engel für Angie?

Im Familienministerium wird nicht nur Ministerin Schwesig eine wichtige Rolle spielen. Mit den Staatssekretärinnen Elke Ferner und Caren Marks hat der Verein Pro Familia seine Leute plaziert.

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Früher war alles irgendwie einfacher. Eine Blonde, eine Brünette, eine Rothaarige – schon war der Erfolg garantiert. Heutzutage sind die Casting-Konzepte vielfältiger. So kommt es vor, dass nur noch die Blonde vor die Kamera darf, während die zwei Roten im Hintergrund bleiben.

Im Bundesfamilienministerium scheint man genau jenen Superstar besetzt zu haben, nach dem Deutschland gesucht hat. Schon 2009, als Frank-Walter Steinmeier sie als »Schattenministerin« präsentierte, wurde Manuela Schwesig als sozialdemokratische Antwort auf Ursula von der Leyen gefeiert. Wobei diese ja eigentlich keiner sozialdemokratischen Antwort bedarf. Doch der Coup schien zu gelingen: Ein frisches Gesicht, unbelastet von den parteiinternen Verwerfungen der Agenda-Politik, Identifikationsfigur für jüngere Wählerinnen, Stimme des Ostens, ausgestattet mit sechzehn Jahren Erfahrung im seriösen Beruf der Finanzbeamtin – jemanden wie Schwesig findet man nur selten in der SPD. Und als Chefin des Sozialressorts in Schwerin hatte sie ja eigentlich eine gute Figur gemacht – was sollte also schieflaufen mit der neuen Spitzenfrau?

Seit Dezember  spielt Manuela Schwesig nun tatsächlich die Rolle der Bundesministerin – doch wollen jene nicht verstummen, die sie für eine Laiendarstellerin halten. Ein »politisches Leichtgewicht« sei sie, wird ein früherer Ministerkollege aus MeckPomm zitiert. Die SPD betrachte sie nur als »Sprechautomaten«, schreibt ein Kritiker der Welt. »17 lange Zitate von ihr« habe er kürzlich eingereicht – und »später ein umgeschriebenes und ein neues« zurückbekommen. Schwesigs erste Auftritte als Ministerin scheinen die Zweifler zu bestätigen: Junge Eltern sollten weniger arbeiten müssen, improvisierte sie ihr Skript. Der Staat könne ja den Lohnausfall ersetzen. Ein »persönlicher Debattenbeitrag« sei das gewesen, kommentierte der Regierungssprecher – ein Begriff nicht weit weg von der »Einzelmeinung«.

Und so hat man wohl auch gut daran getan, Manuela Schwesig nicht ganz allein im Haus zu lassen. Zwei Staatssekretärinnen wurden ihr an die Seite gestellt, und anders als im Schweriner Finanzamt dürfte sie nach diesen wohl kaum selbst gefahndet haben. Elke Ferner und Caren Marks heißen die Genossinnen, die der Ministerin fortan den Rücken freihalten. Oder wie immer man es nennen mag.

Im Club der Feministinnen

Elke Ferner ist eigentlich EDV-Kauffrau und war dereinst Programmiererin bei den Saarbrücker Stadtwerken. Doch sie war auch schon einmal Staatssekretärin, 1998, nach dem Verlust ihres Bundestagsmandats. Von Franz Müntefering in die Spitze des Verkehrsministeriums hineinverbeamtet, kam sie auch mit dessen Nachfolger Reinhard Klimmt bestens aus. Doch schon im Jahr 2000 setzte Schröders dritter Ressortchef, Kurt Bodewig, die Genossin Ferner recht rüde vor die Tür. »Überfordert« nannte sie der Focus damals, und er rechnete seinen Lesern die sechsstelligen Fakten zum Übergangsgeld der neuen Ruhestandsbeamtin vor. Doch der Minister konterte unwirsch, »jeder Wechsel« sei teuer und das Verkehrsressort müsse nun mal »gut aufgestellt werden«.

Elke Ferner erholte sich von derartigen Grobheiten jedoch schnell: Bereits 2002 kehrte sie ins Parlament zurück, wurde stellvertretende Fraktionsvorsitzende und für kurze Zeit gar Vizechefin der  Bundespartei. »Für ihre Gegner in der SPD ist sie ein radikal-feministischer Apparatschik«, schreibt der Berliner Tagesspiegel. Charmanter gesagt: Elke Ferner gründet ihre Hausmacht auf die »Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen«, die sie seit zehn Jahren führt. An exponierten Wortmeldungen mangelt es seither nicht: Als Papst Benedikt im Bundestag sprach, blieb Ferner fern – aus »Solidarität mit all denen, die innerhalb der katholischen Kirche gegen die Dogmen des Papstes kämpfen«. Was immer das heißen mag.

Klar ist dagegen, dass die Saarländerin in der Politik für die Dogmen kämpft: Das Betreuungsgeld konserviere ein »völlig antiquiertes Frauenbild«, schimpft sie auf die Union und auf jene, die dieses Bild leben. Durch die 100-Euro-Zahlung würden »gerade die Kinder, die besonders auf frühkindliche Bildung angewiesen sind, davon fern gehalten«. Und Bildung gibt‘s halt nur in der Krippe. Man könnte viele Wortmeldungen dieser Art zitieren, aber wirklich erquicklich wäre das nicht. Es reicht zu wissen, dass sich Staatsekretärin Ferner nun dreizehn Jahre nach ihrem ersten Versuch erneut darum bemühen darf, den in sie gesetzten Erwartungen gerecht zu werden.

Über ein ähnliches Profil verfügt auch die zweite Schwesig-Vertreterin, Caren Marks aus der Wedemark. Die studierte Geographin gehört dem Bundestag seit 2002 an und war zuletzt Sprecherin der SPD-Arbeitsgruppe Familie. Bei ihrer erneuten Nominierung fürs Direktmandat zählte Marks zu den Großtaten der Sozialdemokratie – neben der gesetzlichen Rente und der Lohnfortzahlung – die »Reform des §218«. Und auch für die Gegenwart ist ihr Modernitätsbegriff schlicht und einfach: »Gesellschaftlicher Fortschritt heißt für uns: Die Ehe für gleichgeschlechtliche Partner zu öffnen«, rückt Caren Marks Prioritäten gerade.

Die Staatssekretärinnen von Pro Familia

Doch die beiden Staatssekretärinnen verbindet nicht nur ihre unbedingte Linientreue zu »sozialdemokratischen Werten«. Beide sind auch aufs Engste mit einer Lobby verbunden, die sich selbst Pro Familia nennt. »Wir freuen uns über die Ernennung der Parlamentarischen Staatssekretärinnen Elke Ferner und Caren Marks«, schreibt die Organisation denn auch in einer Stellungnahme. Beide seien »ausgewiesene Fachfrauen in Sachen Sexuelle und Reproduktive Gesundheit und Rechte«. So habe sich Elke Ferner »immer wieder in Diskussionen um den §218 zu Wort gemeldet« und fordere »seit Jahren die Abschaffung der Rezeptpflicht für die Pille danach«. Und Caren Marks habe sich »im Parlamentarischen Forum für Sexuelle und reproduktive Rechte« engagiert und sei »vor ihrer Ernennung zur Staatsekretärin Vorsitzende des Pro Familia Landesverbands Niedersachsen« gewesen.

Und so ist ein Verein in der neuen Bundesregierung bestens platziert, dessen Geschichte und Gegenwart als bewegt zu gelten haben. 1937 war Hans Harmsen noch »Leitender Arzt der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege«, bis 1942 zudem »Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft für Volksgesundung«. Ab 1952 wirkte er dann als Gründungsvorsitzender des Verbands Pro Familia, bis ins hohe Alter war er sein Ehrenpräsident. Die »Ehre« seiner Nachfolger besteht darin, noch den neunziger Jahren Artikel über »einvernehmliche« Sexualbeziehungen zwischen Kindern und Erwachsenen in die Mitgliederzeitschrift gesetzt und vor »Kreuzzügen« gegen die einschlägige Klientel gewarnt zu haben.

Man habe nur »den damaligen Stand der Diskussion« abgebildet, klittert Pro Familia bis heute die Geschichte. Und auch sonst argumentiert der Verein bis in unsere Tage hinein mehr als schillernd: »Eine Ablehnung sexueller Menschenrechte« sei die Zurückweisung des so genannten »Estrela-Berichts« durch das EU-Parlament im vergangenen Dezember gewesen, wird da gewettert. Im Berichtstext heißt es, »die reproduktive und sexuelle Gesundheit und die damit verbundenen Rechte« müssten in der Union »uneingeschränkt geachtet und gefördert werden«. Der Begriff »reproduktive Gesundheit« ist in einschlägigen Kreisen der Euphemismus für Schwangerschaftsabbruch.

Doch man kann die Empörung der Lobbyisten von Pro Familia verstehen, wenn man einen Blick auf ihre Geschäftsgrundlage wirft: Gut 40 Millionen Euro geben Deutschlands Länder jedes Jahr für »Erstattungen an Krankenkassen nach Abschnitt 5 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes« aus, also für die Refinanzierung von Abtreibungen. Jährlich stellt Pro Familia rund 50.000 Beratungsscheine aus, die als Grundlage für einen straffreien Abbruch gelten. Schon vor Jahren haben Lebensschützer errechnet, dass der Verband hierfür wiederkehrende Zuweisungen von mindestens 25 Millionen Euro einstreicht. Widersprochen hat Pro Familia dieser Zahl nie.

Aus der Reihe: "Merkels neue Minister"

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