Die Grünen, die »taz« und die Pädophilen

Die Chefredakteurin der linken Tageszeitung taz aus Berlin, Ines Pohl, hat am Wochenende einen Artikel von Christian Füller aus der Wochenendausgabe geworfen, in der er hart mit der Nachsichtigkeit der Grünen gegenüber Pädophilen ins Gericht geht. Er behauptet darin: »Pädophilie aber war keine Nebensache bei den Grünen, sondern in der Ideologie angelegt.«

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Für Pohl war damit eine rote Linie überschritten, wie der üblicherweise gut informierte Medienjournalist Stefan Niggemeier berichtet. Mit der Begründung, der Text enthalte falsche Tatsachenbehauptungen und sei sowieso nicht aktuell, wies sie die Redaktion des Ressorts »sonntaz« an, den von Füller erbetenen Artikel nicht zu veröffentlichen. Später änderte Pohl ihre Argumentation und warf Füller vor, falsche Zusammenhänge herzustellen. Den Text hatte der Justiziar der taz geprüft und freigegeben.

Von falschen Tatsachen oder Kausalzusammenhängen ist in dem Text, der inzwischen öffentlich gemacht worden ist (aber nicht von der taz) bei unbefangener Lektüre nichts zu erkennen. Füller analysiert das Verhältnis der Grünen zur Pädophilie und bringt Beispiele, wie mit Opfern umgegangen wurde, die es wagten, von ihren Schicksalen zu erzählen. Eines wurde 1985 »von Mitgliedern der grünen Partei fertiggemacht«. Füllers Schlussfolgerung aus diesem und anderen Vorgängen: »Empathie gibt es bei den Grünen nur für die Opfer der anderen.«

Sehr zu Recht vergleicht Füller die Grünen mit der katholischen Kirche – beides Organisationen, innerhalb denen Pädophile ihr Unwesen trieben. Die Fragen sind dieselben: Inwieweit sind die Taten Einzelner der gesamten Organisation zuzurechnen? Und wie geht die Organisation damit um? Und in Füllers Vergleich mit der katholischen Kirche schneiden die Grünen ziemlich schlecht ab, »denn anders als Erzbischof Zollitsch weigert sich der grüne Bischof Trittin standhaft, eine Anlaufstelle für Opfer grüner Täter einzurichten. Darum schert sich bei den Grünen niemand, mehr noch, man macht sich lustig. Bei den Recherchen zur Frage, wie es in Cohn-Bendits Kindergarten der Frankfurter Universität 1972 nicht in der Fiktion, sondern in der Realität zuging, bekommt man unter den damals Beteiligten schnell höhnische Bemerkungen  zu hören: ›Gibt es Opfer? Hat sich schon jemand gemeldet, hahahah!‹«

Die Grünen boten den Pädokriminellen eine Heimat, analysiert Füller, und mehr noch: Sex mit Kindern gehörte zum Kernbereich grüner Ideologie, sie »war keine Nebensache«. Für den taz-Autor ist die grüne Ideologie ohnehin eine Religion und die grüne Partei ihre Kirche. Nach den jahrelangen Recherchen, die er betrieben hat – er hat beispielsweise ein Buch über den Missbrauch an der Odenwald-Schule geschrieben – fragt er sich, »wie grüne Politiker derart drastische Missbrauchsschilderungen lesen konnten, ohne sich auf die Seite der Opfer zu stellen. Wieso wurde offene pädokriminelle Propaganda einfach hingenommen?« Seine Antwort, die er als »einfach« bezeichnet: »Weil die Grünen Gläubige sind. Sie glauben an die Moral von der Bewahrung der Schöpfung, der ehrlichen Politik und an eine bessere, weil grüne Welt.«

Warum wollte taz-Chefin Pohl so etwas in ihrem eigenen Blatt nicht lesen? Als Journalistin sollte sie keiner Partei in Nibelungentreue verbunden sein; zumindest offiziell ist die taz – anders als der Bayernkurier für die CSU – jedenfalls keine Parteizeitung der Grünen. Doch ist das Berliner Blättchen mit der Tatze in letzter Zeit immer wieder durch zum Teil hasserfüllte Ausfälle gegen Konservative aufgefallen: Sarazzin wurde ein Schlaganfall gewünscht, Zeitungen aus dem Springer-Verlag mit Fäkalausdrücken bedacht. Insofern steht die Entscheidung, Füllers Artikel aus dem Blatt zu kippen, in einer unguten Tradition. Neu ist nur, wie unverblümt man Wahlkampfhilfe für die Grünen betreibt. Bereits am vorangegangenen Freitag hatte das Blatt den vermeintlichen Freispruch des Parteienforschers Walter bejubelt.

Füllers Artikel muss Pohl wie ein schwerer Rückschlag in den Bemühungen der Grünen erschienen sein, die eigene pädophile Vergangenheit – und Gegenwart! – weißzuwaschen – eine Interpretation, die gestützt wird durch die Kommentare, die beispielsweise auf die Berichterstattung Stefan Niggemeiers folgten: Während die katholische Kirche immer wieder als Hort der Pädophilie verzeichnet wird, gelten für die Grünen plötzlich ganz andere Maßstäbe. Da wird dann so fein differenziert, dass am Ende nichts mehr übrig bleibt, dass man fast meinen kann, die grünen Täter, die in grün-alternativen Strukturen ihren Untaten nachgingen und durch nichts und niemanden gehindert wurden, katholische Priester waren.

Füller hat sich mit seinem Text – und offenbar nicht nur mit diesem – in der taz-Redaktion unbeliebt gemacht, wie man hört. Zu Recht, denn die Botschaft, die er aussendet – auch wenn sie noch nicht überall angekommen sein mag –, lautet, dass die Grünen nicht nur ein Problem mit einzelnen Pädokriminellen haben. Sondern die Partei der Grünen ist selbst das Problem, weil hier die Wurzeln für den Missbrauch liegen. Füller: »Die Grünen haben Glück, dass sie als Partei keine Schulen, Kitas oder Internate betrieben haben, Orte also, an denen das Menschenmaterial vorhanden gewesen wäre, um ihre Befreiungsideologie jugendlicher Sexualität auszuleben.« Ja, Glück gehabt! Vielleicht wäre das ein hilfreiches Gedankenexperiment: Was, wenn sie Kindergärten und Schulen betrieben hätten? Man darf annehmen, dass die Missbrauchsquote noch viel höher gewesen wäre als in allen anderen Einrichtungen.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Y. Y.

Kann mich Ihren Worten nur anschließen.

Gravatar: Tobi

Nun ist der Unterschied zwischen TAZ und ARD nicht allzu groß.
Eigentlich besteht er nur darin, daß man die TAZ beim (nicht empfehlenswerten) Kauf freiwillig bezahlt, während die ARD eine Zwangsgebühr für ihre politisch korrekte Einseitigkeit erhebt.
Für fundierte Informationen gibt es zum Glück zunehmend andere Quellen.

Gravatar: klaro

Gemessen an der Auflage ist die TAZ eigentlich ein Käseblatt. Gemessen an der Meinungsmacht ist diese Zeitung jedoch ein Gigant - besonders in den Rundfunkanstalten. An den ständigen Vertretern der TAZ kommt kein Mensch vorbei, der sich für Polit-Talk interessiert. In der ARD sind sie fast schon Stammgast.
Für mich ist dieses rot-grüne Sprachrohr nicht nur entbehrlich, sondern ein einziges Ärgernis. Wer öffnet seinen Redakteuren so viele Türen und verhilft ihnen zu einer Präsenz, die in keinem Verhältnis zur Zeitungsgröße steht?
Nur wenige wollen dieses Blatt lesen, werden auf Umwegen aber ständig mit seinen Inhalten berieselt. "Sanfte Meinungsdiktatur" kann ich das nur nennen und frage mich nach den Strippenziehern. Sie interessieren mich weit mehr als die Marionette Ines Pohl.

Gravatar: Stephan Achner

Von einem Autor, der vor wenigen Tagen die TAZ öffentlich als unentbehrliche Zeitung beschreibt, habe ich keine andere Bewertung erwartet. Sie sollten aber wenigstens ein Beispiel nennen, wenn Sie behaupten, daß im Füller-Artikel "fast durchgängig Belege fehlen". Möglicherweise sind Sie ja nur das Sprachrohr für die Frau Ines Pohl, die offensichtlich zu feige ist, sich zu erklären.

Gravatar: Alexander Wallasch

Ich habe den Artikel auch gelesen. Und sorry, aber man kann Frau Pohl verstehen, da fehlen fast durchgängig Belege und der Artikel hat eher den Stil einer Meinung, einer Kolumne, als den, einer seriösen Berichte. Vielleicht hätte man den etwas kürzen können und als Füller-Kolumne durchwinken müssen. So wie er angelegt war, hat Frau Pohl leider richtig entschieden.

Gravatar: Stephan Achner

Ich habe den von Herrn Christian Füller geschriebenen Artikel, dessen Veröffentlichung die taz-Chefredakteurin Ines Pohl verweigert hat, gelesen. Dieser unveröffentlichte Artikel beinhaltet m.E. weder falsche Tatsachen noch falsche Kausalzusammenhänge. Offensichtlich ist Frau Pohl nur noch willfährige Erfüllungsgehilfin der Grünen mit Trittin & Co. .

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