Deutschlands Zukunftsperspektiven, zweiter Teil

Die Gesellschaft zehrt an den Reserven

Glauben Sie an eine bessere Zukunft? Wenn nicht, dann stehen sie nicht alleine da. Die Menschen spüren, dass es bergabgeht. Deutschland hat seinen Peak überschritten. Ein Kommentar.

Foto: Christian Allinger / flickr.com / CC BY NC-SA 2.0 (Ausschnitt)
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Die Menschen merken schnell, wenn sich die Gesellschaft auf dem Holzweg befindet. Sie spüren, wie ihr Portemonnaie immer leichter wird, wie ihre Rentenansprüche schwinden, wie die Alterspflege die Reserven auffrisst, wie das Geld an Kaufkraft verliert, wie ihre Wohngegend immer unsicherer wird.

Sie sehen, wie sich die Zukunftsperspektiven ihrer Kinder verdüstern, Chancenfenster sich schließen, die junge Generation Schwierigkeiten hat, an den Lebensstandard ihrer Eltern anzuschließen. Die Menschen erkennen: Der Traum vom ewigen Bergauf war eine Illusion.

Eine Gesellschaft, die auf Schulden aufgebaut ist, braucht exponentielles Wachstum, um die steigenden Zinseszinsen zu bezahlen. Doch das Wirtschaftswachstum Deutschlands ist mickrig.

Natürlich gibt es jährliche Schwankungen. Die Konjunktur hat ihre wechselnden Wachstumsperioden. Doch die Wachstumsentwicklung ist seit 50 Jahren rückläufig. 1955 hatte Deutschland ein Wirtschaftswachstum von fast 12 Prozent. 1960 waren es fast 9 Prozent. 1970 immerhin 5 Prozent. Dann ging es immer weiter abwärts. Heute schwanken die Wachstumsraten zwischen 0 und 3 Prozent. Das reicht nicht aus, um alle Menschen am Wachstum partizipieren zu lassen. Immer mehr Bürger gehen leer aus. Sie müssen ihren Gürtel enger schnallen.

Es ist die Tendenz, die die Menschen beunruhigt. Man kann schwierige Zeiten überstehen, wenn man Hoffnung hat, dass es bald wieder aufwärts geht. Doch wenn diese Hoffnung nicht besteht, kommt Sorge auf.

Diese Sorge wird verstärkt, wenn man die Blick über die Grenze wagt: Griechenland? Spanien? Italien? Frankreich? Dort gibt es mittlerweile eine komplette verlorene Generation. Junge Menschen zwischen 20 und 30 Jahren, die eigentlich in den besten Jahren ihres Lebens stehen und sich eine eigene Zukunft aufbauen sollten, leben wieder bei ihren Eltern, weil es keine Jobs gibt. Sie gründen keine Familie, bekommen keine Kinder, bauen kein Haus, können nichts fürs Alter zurücklegen, können kaum etwas zur Wirtschaft beitragen, obwohl sie gesund sind und oftmals eine gute Schulbildung haben. Was für ein Potential geht verloren! Was ist von einem Kontinent zu halten, der eine komplette Generation ins Leere laufen lässt?

Statistiken beweisen: Nur das oberste Zehntel der Bevölkerung schafft es, das Vermögen zu steigern. Der Rest zehrt an den Reserven. In den 1950er bis 1970er Jahren war dies anders. Zwar gab es schon damals Einkommens- und Vermögensunterschiede. Doch ging es für alle bergauf. Spürbar.

Die Tendenz wird stärker empfunden als die Momentaufnahme. Wie geht man damit um, wenn abzusehen ist, wohin die Entwicklung führt? Wenn das Ersparte durch Inflation und wachsende Kosten aufgefressen wird?

Viele haben bereits verloren: Aktuell befinden sich rund 690.000 Menschen in Privatinsolvenz. Mehr als 300.000 Menschen sind wohnungslos, rund 40.000 komplett obdachlos. Die Gesamtzahl von Hartz-IV-Empfängern und Sozialgeldempfängern liegt bei circa 6 Millionen. Rund ein Drittel der Bevölkerung verfügt über kein oder zu geringes Vermögen oder keine Reserven, um im Notfall über die Runden zu kommen. Das sind die Zahlen. Doch hinter jeder Zahl verbirgt sich ein persönliches Schicksal. Wie viele Einzelschicksale verträgt eine Gesellschaft, bis sie kippt?

Die schweigende Mehrheit ist pessimistisch

Wird es der nächsten Generation besser gehen als uns? Vor fünfzig Jahren hätten das viele bejaht. Damals war Fortschrittsglaube eine Religion. Heute sind die Menschen Atheisten in Bezug auf den Fortschrittsglauben geworden. So richtig will niemand mehr daran glauben. Eltern und Großeltern sorgen sich um die Zukunft ihrer Kinder und Enkel.

Vergleicht man das Leben in Westdeutschland der 1960er bis 1980er Jahre mit dem Leben heute, so drängt sich eine ernüchternde Erkenntnis auf: Früher schien vieles sicher, heute gar nichts mehr: die Rente, die Pension, die Gesundheitsfürsorge, die Immobilie, das Familienersparte, die Hoffnung der Kinder, durch gute Bildung einen ordentlich bezahlten Beruf ergreifen zu können. Viele Junge Menschen geben an, nicht mehr an das Rentensystem zu glauben. Wer kann, sorgt privat vor. Wer nicht kann, den erwartet Altersarmut. Suppenküchen und Obdachlosenunterkünfte werden Hochkonjunktur haben.

Die Zeit des Wirtschaftswunders ist vorbei

Während die Mehrheit der Deutschen in der Weimarer Republik und in der Nachkriegszeit sparen und darben musste, brach Mitte der 1950 in der Bundesrepublik ein ungeahntes Wirtschaftswunder aus. Zwar gilt Ludwig Erhardt als Vater dieses Wirtschaftswunders. Doch die Realität ist nüchterner: Es war die zweite Kohlenwasserstoffrevolution. Die erste hatte mit der Nutzung der Kohle und später des Erdöls die Industrialisierung ermöglicht. Die zweite hat durch die petrochemische Verarbeitung der Erdölprodukte die Herstellung fast aller Güter im Billigverfahren ermöglicht. Von Gummi bis Plastik, von Kosmetik bis Pharmazie, von Verpackungen bis zu Haushaltsgeräten und schließlich Hightech – die neuen Kunststoffe auf Erdölbasis haben eine neue Form der globalen Massenproduktion möglich gemacht. Angefangen in den USA, hat sich schnell auch in Westeuropa ein neuer Konsum durchgesetzt. Dank der petrochemischen Zauberformeln konnte alles schnell und günstig hergestellt werden. Die Wegwerfgesellschaft war geboren.

Hinzu kam der Bauboom: Neue Wohnblocks mit modernen Wohnungen, Siedlungen mit Einfamilienhäusern und Straßenzüge mit Reihenhäusern wurden aus dem Boden gestampft. Vorbei war die Zeit der räumlichen Enge. Die Gewerkschaften hatten faire Löhne ausgehandelt. Die Arbeitgeber lockten mit immer besseren Bedingungen ihre Arbeitskräfte an. Der Staat stellte ein: Verwaltungsbeamte, Lehrer, Polizisten wurden gebraucht. Es lockten der Beamtenstatus und die Aussicht auf Pension. Aber auch Bahnbeamte und Postbeamte führten ein vergleichbares Leben. Selbst in der Bank sprach man von Bankbeamten.

Nichts verkörperte das neue Lebensgefühl so sehr wie der Wandel des Urlaubs. In den späten 1940er Jahren badete man im heimischen Baggersee oder im Mittellandkanal. In den 1950 Jahren konnte man sich eine Reise an die Nordsee oder Ostsee oder in die bayrischen Alpen leisten. In den 1960er Jahren fuhr man mit seinem VW-Käfer nach Österreich oder nach Italien. Und in den 1970er Jahren buchte man seine Flugreise nach Spanien. Deutsche waren gutzahlende und somit beliebte Urlaubsgäste. Die Bundesrepublik war auf dem Höhepunkt des Lebensstandards angelangt, zumindest im weltweiten Vergleich. Die DM war stabil. Es ging aufwärts. Die junge Generation hatte Hoffnung auf eine erfolgreiche Zukunft in Wohlstand.

Drei Generationen – Zwei verschiedene Welten

Der große Sprung ereignete sich in der Jugendzeit der Bundesrepublik. Von 1949 bis in die 1980er hatte die Verbesserung der Lebensqualität ein atemberaubendes Tempo vorgelegt. Die Kinder in den 1940er und 1950ern spielten mit Blechdosen und Holzspielzeug. Eine Puppe, ein Blechauto oder ein Fußball waren Luxus. Jungs trugen kurze Hosen, weil lange zu teuer waren und zu schnell kaputtgingen. Die jüngeren Geschwister trugen die Kleidung der älteren. Mehrere Kinder teilten sich ein Kinderzimmer. Über 90 Prozent der Schüler besuchten die einfache Volksschule. Gymnasien kosteten Geld und waren dem gehobenen Bürgertum vorbehalten.

Die nächste Kindergeneration hatte es viel besser. Es war ein Generationensprung. Ab den 1960ern und 1970ern begann die sorgenlose Kindheit. Immer mehr Kinder hatten ein eigenes Zimmer. Die Kisten waren voller Spielzeug. Plastik Made in Hongkong hatte es kostengünstig gemacht. Die Chance, ein Gymnasium besuchen zu dürfen, war plötzlich sehr viel höher. Es kostete kein Schulgeld mehr. Immer mehr Jugendliche träumten vom Studium an der Universität.

Und die Generation der Kinder und Jugendlichen der 2000er bis 2010er Jahre? Was hat sie gegenüber den Kindern der 1970er bis 1980er Jahren hinzugewonnen, außer Smartphones und Laptops, Scheidungseltern und mediale Dauerberieselung? In Westdeutschland hat sich die Lebensqualität der Kinder und Jugendlichen seit den 1980er Jahren nicht mehr nennenswert verbessert. Im Gegenteil: Die Hoffnung auf eine bessere Zukunft ist verloren gegangen. Viele junge Menschen fürchten, nicht mehr an den Lebensstandard der Eltern anknüpfen zu können.

Dieses Gefühl teilen die jungen Menschen in vielen Ländern Europas. Wenn sie doppelt so hart arbeiten und sich doppelt so oft fortbilden, haben sie vielleicht die Chance, den Lebensstandard der Eltern zu erreichen. Über diesen Standard hinauszukommen, wie es die Generationen der 1950er bis 1980er Jahre mit Leichtigkeit geschafft hatten, wird heute nur ganz wenigen gelingen. Die meisten blieben zurück.

Vertuscht wird diese Entwicklung durch die vielen Erben. Viele junge Menschen stünden ohne elterliche Unterstützung oder ohne Erbschaften ziemlich arm da. Wie viele Jugendliche fahren das Auto, das die Eltern ihnen gekauft haben? Wohnen in der Dachwohnung des elterlichen Hauses? Lassen sich das Studium von den Eltern bezahlen? Lassen sich ihr Schuldenkonto von den Eltern ausgleichen?

Deutschland lebt allsichtlich von der Substanz, die die Wirtschaftswundergeneration geschaffen hat. Wenn diese Reserven aufgebraucht sind, gibt es nichts mehr, das Deutschland von einem Schwellenland unterscheidet.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: H.von Bugenhagen

Flaschensammeln,Besuche in Sozialstationen
Und schlafen unter Brücken sollte dem Deutschen verboten werden....ist doch peinlich für den Staat.Außerdem nehmen sie den Flüchtlingen die Plätze weg ,das ist Rassistisch..oder???
Macht es wie in Kanada kauft ihnen ein Ticket in den Süden-Portugal-Spanien u.s.w.dann bleibt hier mehr Freiraum für die neuen Bürger des Islam. Vielleicht kann man ihnen über die Jahre ja auch beibringen den Müll nicht aus dem Fenster zu werfen,es gibt Treppen die nach unten zur Mülltonne führen...Aber das sind nur Kleinigkeiten - Hauptsächlich sollten all ihre Wünsche für ein Paradiesisches Leben Mit Ala erfüllt werden.

Gravatar: Dr. Gerd Brosowski

In der Welt gäbe es genug zu tun, um auch der jungen Generation ebenso gute Perspektiven zu eröffnen, wie sie ihre Eltern und Großeltern noch hatten. Die ganze sog. dritte und die halbe erste und zweite Welt warten auf eine zuverlässige, bezahlbare Versorgung mit elektrischer Energie, auf eine halbwegs funktionierende medizinische und sanitäre Infrastruktur, auf eine ordentliche Wasserversorgung, auf ein gutes Bildungssystem und so endlos weiter. Die Probleme rühren von der abgrundtief idiotischen Politik her, welche die inländische Versorgung mit elektrischer Energie ruiniert, statt weltweit an dem benötigten Aufbau derselben mitzuhelfen, welche die inländische Infrastruktur und das Bildungssystem verkommen lässt, statt solcherlei in der ganzen Welt mitzugestalten, die statt dessen Millionen junger Leute aus der ganzen Welt ungeprüft ins Land strömen ließ, ohne auch nur eine grobe Vorstellung davon zu haben, womit die eingeladenen Legionen sinnvoll beschäftigt werden könnten.

Gravatar: Theo

Ich denke, je nüchterner man die Lage analysiert, desto unrealistischer sind die diversen Aussagen und Zukunftsprognosen der an einer Beamten- und Politiker-Vollversorgung angebundenen Personen.

Wenn ich ARD/ZDF-Anchor-Woman-Man wäre, dann wäre ich ob meiner Pensionsansprüche auch so korrupt und würde täglich alles so gut heißen wie dies die LÜGENPRESSE aufgrund ihrer wirtschaftlichen Abhängigkeit macht.

Als Bundestagsabgeordneter bei ständiger Diäten- und Pauschalen-Erhöhung nebst Steuerfreibeträgen würde ich ebenfalls kein Risiko eingehen und brav mit der Regierung mit trotteln. Bin ich Stauffenberg?

Als Beamter, Richter (insbesondere Bundesrichter) und Staatsanwalt würde ich brav dem "korrekten" Ton und der Sichtweise folgen, kein Widerspruch - um Gottes Willen! Immerhin muss ich für meine Altersvorsorge nichts leisten, sie ist mir ja garantiert. Und außerdem gilt noch dass Märchen, dass ich trotz staatlicher Beihilfen, Jobgarantien (bei einem ordentlichen Benehmen) und Regeleinkommen so bequem weiterleben kann wie bisher. Also ändern, aufmucken oder gar Widerstand. Bin ich blöd?

Deutschlands Motto: "Nach mir die Sintflut!"

Nein, das Nachdenken und das Handeln können all diejenigen übernehmen, die angesichts einer bekannten Nichtversorgung im Alter zwar jahrzehntelang eingezahlt haben, aber nur einen Bruchteil hieraus wieder heraus bekommen werden. Und das wird unter den Millionen Forderer und (Mit-) Anspruchstellern erst einmal aufgeteilt, aber bitte gerecht!

Gravatar: Elmar Oberdörffer

Deutschland lebt nicht nur von der Substanz, es vernichtet seine Reserven vorsätzlich! Mit der Energiewende und der damit beabsichtigten "Decarbonisierung" macht es die zweite und auch die erste Kohlenwasserstoffrevolution rückgängig, verschwendet viele hundert Milliarden € für die eingebildete Rettung des Klimas, läßt sich die Staatsschulden anderer EU-Länder aufbürden, läßt unkontrolliert Millionen von sogenannten Flüchtlingen ins Land, davon die meisten Muslime, die hier arbeiten weder wollen noch können noch sich integrieren wollen, sondern nur das sauer erarbeitete Geld der hiesigen Steuerzahler für sich beanspruchen. Es wäre ganz einfach, Deutschland wieder zu Wohlstand zu bringen und der deutschen Jugend wieder eine erstrebenswertze Zukunft zu geben: Ende der Energiewende, Austritt aus der EU und Schließung der Grenzen für die nicht integrationswilligen und -fähigen muslimischen Migranten.

Gravatar: Karin Weber

Was momentan noch "verfressen" werden kann, ist allein der noch vorhandenen Wirtschaftskraft geschuldet. Diese ist alllerdings endlich und damit gibts auch zeitnah nichts mehr zum Verteilen.

Die Landung wird hart und die Suche nach den Schuldigen wird unter Merkel & Co. nur ein "Ich war´s nicht!" ergeben.

Gravatar: Otto nagel

Wenn nur Deutschland vo der Substanz leben würde, gäbe es noch Alternativen !
Aber mittlerweile leben substanzlose EURO-Länder mit von dieser Substanz, nichtnur Griechenland !
Diese Frau lamentiert"Stirbt der EURO, dann stirbt Europa".

Werter Herr Weidemann, wenn Sie mit Ihrem Bundesbankdirektorium nicht in aller Stille Vorkehrungen zum schnellen Umtausch zurück zur D-Mark getroffen haben, so versündigen Siey sich am deutschen Volk und werden sich eher früher als später vor unserer Nation verantworten müssen ! Und schieben Sie dann nicht diesen Mann als Entschuldigung im Rollstuhl vor sichher !

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