Referendum in Großbritannien am 23. Juni

Brexit: Presse macht Druck gegen EU-Austritt

Die Massenmedien in Europa haben eine Mission: Brexit zu verhindern. Das tun sie mit Panikartikeln, die Brexit-Horrorszenarien an die Wand malen. Das ist Pro-EU-Propaganda vom Feinsten.

Foto: David Cameron Paisley Photographer / flickr.com / CC BY-SA 2.0 (Ausschn.)
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Am 23. Juni ist es soweit. Das Referendum über den Brexit steht an. Großbritannien, Europa und die ganze Welt fiebern gebannt dem Ereignis entgegen. An den Börsen ist die Stimmung angespannt. In der Politik liegen die Nerven blank. Viele befürchten, ein Brexit könnte der Anfang vom Ende der Europäischen Union werden. Die britische Nation ist gespalten. Umfragen zeigen ein spannendes Kopf-an-Kopf-Rennen. Das Thema lässt niemanden kalt. Es geht um die Zukunft Großbritanniens und Europas.

Viele Investoren, Organisationen und multinationalen Konzerne fürchten um ihre Einflussnahme. Es geht um viel Geld. Denn mit großem Aufwand haben sie bis zu 30.000 Lobbyisten in Brüssel für sich arbeiten lassen. Doch ein Brexit könnte so manche Seifenblase zum Platzen bringen. Daher muss jetzt die Panikmaschine angestellt werden, damit die Briten vom Brexit abgehalten werden.

Das ist die Stunde der Massenmedien. Die Briten werden mit Meldungen, Warnungen und Panikmache überschüttet. Die deutsche Presse mischt ordentlich mit. Eine neutrale Gegenüberstellung von Vor- und Nachteilen eines Brexit gibt es kaum.

In der Süddeutschen Zeitung wird ein düsteres Bild gemalt: Die deutsche Industrie würde „gravierende Folgen“ erwarten, der britische Finanzminister rechne mit einem Fall des Bruttoinlandsprodukts um sechs Prozent, an den Börsen würde man Turbulenzen befürchten.

In Großbritannien, wo die lebendige Debattenkultur zu Hause ist, scheint der Bogen der Emotionalität überspannt. Besonders der Mord an der Politikerin Jo Cox durch einen fanatischen Brexit-Befürworter hat die Stimmung vergiftet.

EU und Deutschland machen Druck auf die Briten

Wie zu erwarten, sind besonders die hohen EU-Vertreter über einen Brexit besorgt. Der EU-Kommissionschef Jean-Claude Jucker nannte den möglichen Austritt eine „Katastrophe“. Und der EU- Rats-Präsident Donald Tusk sprach gar von einem möglichen Beginn der Zerstörung der westlichen Zivilisation durch einen Brexit. Auch der Internationale Währungsfonds IWF malt Horrorszenarien an die Wand und warnt wiederholt eindringlich vor einem Brexit. Der britische Premierminister David Cameron warnt vor dem drohenden wirtschaftlichen Verfall seines Landes. Der Außenminister von Luxemburg, Jean Asselborn, hält es gar für falsch, dass Cameron sich überhaupt auf ein solches Referendum eingelassen hat.

Wie unter anderem der Tagesspiegel berichtete, hat die deutsche SPD Großbritannien sogar für den Fall des Brexit gedroht: Die EU werde eine „harte Haltung“ zeigen, heißt es, und es würde „außerodentlichen Druck geben“.

Viele befürchten einen Domino-Effekt. Wenn Großbritannien aus der EU austritt, könnten andere Länder folgen. In Polen und in Dänemark ist man besonders EU-kritisch eingestellt. In Frankreich könnte nach einem Wahlsieg von Marine Le Pen ebenfalls ein Referendum anvisiert werden.

Der deutsche Bundespräsident Joachim Gauck hofft, dass die Briten sich für einen Verbleib aussprechen. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich ebenfalls mehrfach und deutlich gegen den Brexit ausgesprochen. Doch gerade sie hat mit ihrer Migrationspolitik bei vielen Briten Ängste geschürt. Denn sie befürchten, dass künftig Großbritannien für die Fehler Berlins einstehen muss, wenn noch mehr Migranten nach Europa strömen.

Spiegel-Online holt jetzt sogar die Warnung vor der britischen Umweltverschmutzung aus der Mottenkiste, um diese als warnendes Beispiel für die Folgen eines Brexit hinzustellen. In den siebziger Jahren waren die Umweltauflagen in Großbritannien geringer als auf dem Kontinent. Die Folge war, dass es in englischen Städten häufiger Smogs gegeben hat als in andern Städten Westeuropas. „The Dirty Man of Europe“ war damals ein Schlagwort. Doch das ist vierzig Jahre her! Ob das beim Brexit-Referendum eine Rolle spielt?

Unter den Anti-Brexit-Zeitungen ist auch „Die Zeit“. Sie kämpft emphatisch für einen Verbleich Großbritanniens in der EU. Die Hauptfigur der Brexit-Befürworter, der eloquente UKIP-Chef Nigel Farage, wird dort in einem Meinungsartikel mal eben als „bekloppter Rassist und Antiökonom“ diffamiert und als „Mister Niemand“ und „Populist“ dargestellt.

Die Befürworter eines Brexit sind inzwischen sehr verärgert über die Einmischung von außerhalb, insbesondere aus Deutschland. So habe sich der britische Abgeordnete John Redford darüber wenig amüsiert gezeigt, dass es aus Deutschland immer wieder Drohungen gebe, die auf mögliche negative Konsequenzen eines Brexits hinweisen. Der Sprecher der britischen „Vote-Leave-Kampagne“ hält nichts von der Einmischung deutscher Politiker in die britische Debatte.

Doch nicht alle Medien stimmen ins Konzert unisono ein. Die Sonntagszeitung „Sunday Times“ hat ihren Lesern den Austritt aus der EU empfohlen, und dass, obwohl in selbiger Zeitung Premier David Cameron emphatisch für einen Verbleib warb.

Briten schauen neidisch auf Norwegen und die Schweiz

Die Schweiz und Norwegen gehören zu den Ländern mit dem höchsten Lebensstandard in der Welt. Beide Staaten gehören nicht zur EU. Sie wollen auch in Zukunft nicht beitreten. Die Schweizer haben ihren alten Antragsgesuch endgültig zurückgezogen. Die Schweizer und Norweger haben gute Gründe für ihre Entscheidungen. Ihr Erfolg gibt ihnen Recht. Dabei profitieren die Schweizer nicht nur von ihrer Rolle als Finanzplatz. Die Schweiz hat im Vergleich zur Einwohnerzahl eine der höchsten Konzentrationen von Weltkonzernen, die dort ihren Hauptstandort haben. Im Gegensatz zu den EU-Staaten gibt es in der Schweiz weniger Einschränkungen. Die Wirtschaftspolitik ist liberal. Dennoch sind die sozialen Unterschiede zwischen Arm und Reich geringer als in vielen EU-Staaten.

Die Briten schauen neidisch auf die Schweiz und Norwegen. In der Schweiz lag 2013 das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf bei rund 81.000 US-Dollar. In Norwegen sogar bei rund 100.000 US-Dollar. In Großbritannien lediglich bei ca. 39.000 US-Dollar pro Kopf. Diese Zahlen sind zwar abstrakt und müssen hinsichtlich der jeweiligen Kaufkraft vor Ort bereinigt werden. Doch selbst dann ist der Unterschied noch deutlich. Denn normale Schweizer können es sich durchaus leisten, nach Zürich, Basel oder Genf zu ziehen. Doch für britische Normalbürger bleibt die Innenstadt von London unbezahlbar.

Vielen Briten würden sich gern an der Schweiz orientieren. Eine Schweiz mit Seehandelsanschluss – das ist die Traumvorstellung. Doch noch besser passt der Vergleich mit Norwegen. Denn das skandinavische Land hat eine ähnlichere Wirtschaftsstruktur. Erdöl aus der Nordsee, internationaler Seehandel und Fischfang sind für sowohl für Großbritannien als auch für Norwegen wichtige Wirtschaftszweige. Doch während zum Beispiel die Fischerei in Norwegen weiterhin erfolgreich ausgeübt wird, ist sie in Großbritannien in den letzten zwanzig Jahren zusammengeschrumpft. EU-Normen haben der ganzen Fischindustrie den Garaus gemacht.

Wo liegen die britischen Interessen? EU versus Commonwealth

Im Gegensatz zu den EU-Staaten des Kontinents hat Großbritannien eine ganz eigene Rolle in der Welt. Man ist nicht nur (wie Frankreich) Mitglied im UN-Sicherheitsrat und Atommacht, sondern mit den angelsächsischen Staaten der übrigen Welt (insbesondere den USA, Kanada, Australien und Neuseeland) stark verbunden. Hinzu kommt die Tradition des Commonwealth, in dem viele Staaten des ehemaligen britischen Empire noch enge Beziehungen zu Großbritannien pflegen.

Großbritannien hatte mit seinem EU-Beitritt von Anfang an Probleme damit, in beide Richtungen gleichermaßen „kompatibel“ zu bleiben, zur angelsächsischen Welt außerhalb Europas und zu den EU-Staaten auf dem Kontinent. Dass dies nicht ohne Reibungen und Widersprüche vonstattengeht, kann sich jeder denken.

Die Distanz zum europäischen Projekt hatte sich schon gezeigt, als sich Großbritannien (zusammen mit Dänemark) der Einführung des Euro verweigert hatte. Die vom Finanzplatz London beeinflusste britische Politik hatte ihre Gründe.

 

(Schlagwort: GeoAußenPolitik )

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Heiner Philip

Egal wer wie wählt- das Ergebnis steht fest: NO BREXIT. Es gibt 100 Möglichkeiten der Manipulation und sie sind fast alle verborgen. Die EU ist totalitär. Sie ist ein Fremd-Konstrukt zur allseitigen Unterjochung aller Europäer- deswegen musste der Brexit installiert und danach auch selbstverständlich "gescheitert" werden. Die gesamte Historie der Eu ist durchzogen von false-play, von false-flag-actions, von Lügen, von falschen Verträgen, von Propaganda, von Versprechen, die nie wahr wurden. Es ist wirklich erstaunlich, wie leicht man die Völker manipulieren kann: die MSMedien sind im Besitz der herrschenden Klasse und die wissen was sie wollen- VStvEU!

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