Pakistan im Schatten der Terroranschläge

Atommacht am Abgrund: Pulverfass Pakistan

Der jüngste Anschlag hat gezeigt: Pakistan ist eines der politisch brisantesten Länder, bitterarm, instabil, fundamentalistisch, im Afghanistankrieg verwickelt, mit Indien verfeindet und Atommacht.

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Der grausame Anschlag vom Ostersonntag hat die Welt erschüttert. In der pakistanischen Millionenstadt Lahore in der Provinz Punjab hat sich ein Selbstmordattentäter in einem Park mit 20 Kilogramm Sprengstoff  in die Luft gesprengt. Er hat mehr als 70 Menschen in den Tod gerissen und über 300 verletzt. Die meisten Opfer sollen Frauen und Kinder gewesen sein. Nach dem Osterfest waren besonders viele Christen im Park. In der Nähe eines Kinderspielplatzes wurde ihnen der festliche Tagesausflug zum Verhängnis.

Die dortigen Parks mit ihren Grünflächen und Kinderspielplätzen sind für die arme und kleinbürgerliche Bevölkerung in den Großstädten Pakistans die einzigen Orte, an denen man ungestört einen schönen Tag im Grünen verbringen kann. Die Muslime kommen gern hierher nach den Freitagsgebeten, die Christen am Sonntag. Doch eigentlich sind die Parks zu jeder Zeit sehr belebt, besonders an heißen Tagen.

Der Terroranschlag war nicht der erste in diesem Monat. Es hatte bereits am 8. März einen blutigen Sprengstoffanschlag gegeben, bei dem zahlreiche Menschen ums Leben kamen. Außerdem war im Norden Pakistans ein Bus gesprengt worden, indem zahlreiche Staatsbeamte saßen.

Zu dem jüngsten Anschlag am Sonntag haben sich die radikal-islamischen Taliban bekannt. Die Taliban sind in Pakistan mindestens ebenso aktiv wie sie es in Afghanistan sind. Ob die Christen im Park das primäre Anschlagsziel waren oder der Anschlag lediglich Schrecken verbreiten sollte und gegen die Regierungspolitik gerichtet war, ist noch unklar. Angeblich sollen die Taliban inzwischen verkündet haben, weitere Anschläge durchführen zu wollen, insbesondere auf Schulen und Universitäten.

Die Taliban sind auch in Pakistan aktiv

In den letzten Wochen waren die Kämpfe in Wasiristan intensiviert worden. Wasiristan ist eine gebirgige pakistanische Provinz an der Grenze zu Afghanistan. Die pakistanische Luftwaffe hatte in der letzten Zeit zahlreiche Luftangriffe auf Stellungen der Taliban geflogen. Erst im Februar wurden viele Taliban-Kämpfer bei diesen Angriffen getötet.

Das pakistanische Wasiristan und die auf der afghanischen Seite gelegenen Nachbarprovinzen sind unzugängliche Regionen, in welche sich die Taliban zurückgezogen haben. Auch Ableger des sogenannten „Islamische Staates“ (IS) haben sich in der Nähe festgesetzt. Zudem war dort über viele Jahre Al-Qaida aktiv. Diese Regionen im pakistanisch-afghanischen Grenzgebiet gelten seit Jahren als besonders gefährlich und für die Regierungen in Kabul und Islamabad als unregierbar. Viele Bergdörfer sind durch die dort untergekommenen Terroristen radikalisiert.

Die pakistanisch-afghanische Grenzregion ist mit ihren zerklüfteten Berglandschaften das Hauptaktionsgebiet der US-amerikanischen Drohneneinsätze. Schwerpunkt der Einsätze in Pakistan ist Wasiristan. Insgesamt haben die USA allein in Pakistan seit 2004 mehr als 400 Drohnenangriffe geflogen und dabei mehr als 3000 Menschen getötet. Das sind rund viermal so viele Angriffe und Opfer wie im Jemen. Bei den Opfern soll es sich mehrheitlich um Terrorkämpfer handeln. Die Schätzungen der getroffenen Zivilisten liegen zwischen 200 und 900, darunter vermutlich 100 bis 200 Kinder. Auch einige US-Geheimdienstmitarbeiter wurden bei ihren Einsätzen getötet, weil sie wohl zum Zeitpunkt der Drohnenattacken an verdächtigen Orten anwesend waren.

Aus der pakistanischen Regierung war immer wieder Kritik an den US-amerikanischen Drohneneinsätzen laut geworden. Auch der derzeitige pakistanische Premierminister Nawaz Sharif hat die Einsätze verurteilt. Doch bis jetzt hat Pakistan die Amerikaner nicht an der Fortsetzung hindern können.

Die unterschiedlichen Ziele verraten die ungeheuer große Bandbreite des Terrorismus im Nordwesten Pakistans. Nicht nur die verschiedenen Untergruppen der Taliban, von Al-Qaida, Splittergruppen des IS, sondern auch endemische islamistische Gruppen waren das Ziel der Angriffe, wie beispielsweise die Gruppe „Lashkar-i-Islam“ oder eine ethnisch-usbekische Gruppierung namens IMU („Islamic Movement of Uzbekistan“), die abwechselnd mal dem IS oder den Taliban die Treue geschworen hat.

Ebenfalls in der afghanisch-pakistanischen Grenzregion anzufinden sind die Routen des Drogenhandels. Afghanistan ist inzwischen der weltgrößte Produzent von Opium. Ein kleinerer, aber nicht unbedeutender Teil der Schlafmohnfelder befindet sich seit vielen Jahren auf pakistanischer Seite. Das Gemenge von islamistischen Terrorgruppen und Drogenkartellen, von Stammeskonflikten, Blutfehden und Bürgerkrieg, hat die Region ins Chaos geführt. Sowohl die US-Truppen als auch die pakistanische Armee sind in den Tälern der Region mit ihren Aufgaben hoffnungslos überfordert. Die bis auf die Zähne bewaffneten Taliban sind gut versteckt und vernetzt. Die lokale Bevölkerung hilft den Terroristen – zum Teil aus Loyalität, zum Teil aus purer Angst.

Iranischer Staatsbesuch und pakistanisches Staatsjubiläum

Beachtenswert ist der Umstand, dass erst vor wenigen Tagen der iranische Präsident Hassan Rohani in Pakistan eingetroffen war, weil Pakistan beim Streit zwischen dem Iran und Saudi-Arabien vermitteln soll. Bei den Gesprächen soll es auch um große Gas-Pipeline-Projekte gegangen sein, denn Pakistan ist strategisches Transitland. Um zu dieser zeitlichen Korrelation einen Kausalzusammenhang herzustellen fehlen allerdings noch die Belege. Pakistan ist übervoll an Konflikten und ein unübersichtliches Rückzugsgebiet für Terroristen. Der Fall Osama Bin Laden hat bewiesen, dass selbst prominente und weltweit gesuchte Topterroristen in Pakistan untertauchen können.

Vor wenigen Tagen feierte Pakistan das 60-jährige Bestehen der islamischen Republik und der Loslösung von der Indischen Union. Der Grund war damals der Wunsch nach einem unabhängigen islamischen Staat. Pakistan gilt als Hochburg der Fundamentalisten. Allerdings gibt es im Vergleich zum Nachbarland Afghanistan gerade in den Großstädten der Indusebene noch viele moderate Muslime. Noch ist das Land nicht im Chaos verloren wie Afghanistan, doch der Abstand zum Abgrund wird immer kleiner.

Wenn Pakistan scheitert, hat die Welt ein Problem

Die entscheidende Frage lautet: Wie viele „failed states“ kann sich die Welt noch leisten? Syrien, Irak, Afghanistan, Somalia, Mali, Libyen, Eritrea, Süd-Sudan, Jemen – und bald vielleicht Pakistan? Wenn Pakistan zum „failed state“ wird, hat die Welt ein Problem. Denn Pakistan ist Atommacht. Das Land hat fast 200 Millionen Einwohner. Die Bevölkerung wächst sehr schnell.

Die gesellschaftliche und politische Lage in Pakistan ist hochexplosiv. Außenpolitisch hat das Land seine Probleme mit dem Iran und mit Indien. Der Iran beklagt sich seit vielen Jahren über den Umstand, dass sunnitischen Minderheiten der Belutschen im Südosten des Landes von den ethnisch und konfessionell verwandten Belutschen in Pakistan unterstützt werden. Die Grenzen können in den Bergen kaum flächendeckend überwacht werden.

Indien dagegen ist strategischer Dauergegner Pakistans und der Grund für die beiderseitige Atomrüstung. Nach dem Rückzug der britischen Kolonialmacht hatte sich Pakistan schnell von Indien gelöst, um einen eigenen Staat zu gründen – eine islamische Republik als Gegenstück zum mehrheitlich hinduistischen Indien. Die Grenzziehungen zwischen beiden Staaten waren von Anfang an umstritten und konfliktbeladen. In diesem Zusammenhang kam es zu militärischen Auseinandersetzungen und vier Kriegen, die insbesondere um die umstrittenen Provinzen Jammu und Kaschmir geführt wurden. Das sind zwei landschaftlich wunderschöne Regionen am Rande des Himalayas.

Innenpolitisch ist das Land ethnisch und sozial gespalten. Eine große Herausforderung ist die Integration der Paschtunen. Die Paschtunen sind die mit Abstand größte Bevölkerungsgruppe im Vielvölkerstaat Afghanistan. Von den rund 30 Millionen Einwohnern Afghanistans sind mehr als 12 Millionen Paschtunen. Doch die Mehrzahl der Paschtunen lebt auf der anderen Seite der gebirgigen Grenze in Pakistan. Hier leben rund 24 Millionen Paschtunen.

Zwischen den Paschtunen in Pakistan und jenen in Afghanistan gibt es einen regen Austausch. Der permanente Fluss von Waren, Personen, Karawanen und auch Terroristen über die Bergpässe zwischen den Ländern ist ein Dauerproblem bei der Terrorismusbekämpfung durch die US-Amerikaner und ihrer internationalen Verbündeten im Rahmen der ISAF-Mission. Denn die Bergregionen im Grenzgebiet lassen sich schwer überwachen. Die Terroristen der Taliban können in Afghanistan aktiv werden und sich anschließend über die Berge nach Pakistan zurückziehen, wo sie im Schutze der Anonymität des bevölkerungsreichen Landes untertauchen.

( Schlagwort: GeoAußenPolitik )

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: H.von Bugenhagen

Alle Pakistanis ab nach Deutschland ..hier viel Geld..Frauen..und nix Arbeit.Alles Gutt.und
bringt Indien und Bangladesh gleich mit .Afrika ist auch schon fast da ,bitte beeilt euch für die guten Plätze im Drogen und Menschen Handel.Bald auch Organ Handel nicht mehr strafbar.

Gravatar: hayadale

"Wenn Pakistan scheitert, hat die Welt ein Problem."

Das ist fast schon wieder witzig.

Was hat die Welt denn jetzt? Sind das keine ungelösten Probleme, die sich immer weiter entwickeln ohne das auch nur ein Staat eine Lösung für den Gordischen Knoten hätte?

Deutschland - und Europa - wären klug beraten, wenn sie sich schon mal um das Ausheben der Schützengräben kümmern würde.

Die Welt - zumindestens Europa - schaukelt sich deutlich in einen dritten Weltkrieg hinein. Die meisten Menschen, auch Politiker sind diesmal damit gemeint, verweigern sich der Realität und meinen, es kann nicht sein, was nicht sein darf. KRIEG!

Nicht nur die moslemischen Terroristenländer wollen gar keinen Frieden, sondern auch im Westen sind nur wenige Politiker wirklich in Sorge um die Zukunft, was sich an teilweise hahnebüchenen Entscheidungen, oder auch an gar keinen Entscheidungen in der aktuellen Terrorbekämpfung zeigt.

Bei all' den riesigen Problemen hat Amerika gut lachen. Es ist der Hauptverursacher für die jüngsten Kriege im mittleren Osten und in Nordafrika. Und die Konsequenzen der aggressiven Destabilisierungspolitik muß Europa tragen. Und das macht Europa nicht gerade gut.

Auch wenn es unmenschlich klingt. Aber wenn Europa sich nicht JETZT zur Festung aufrüstet, wird Europa in wenigen Jahren untergehen. Europa muß dicht machen und sich sehr selbstbewußt und aggressiv verteidigen und nicht in jedem noch so unwichtigen Land versuchen, Frieden herzustellen.
Wenn Europa nicht dringendst JETZT zuerst an sich selbst denkt, wird es bald keine Gelegenheit mehr haben, anderen gegenüber humanitär zu handeln.
Denn dann bleibt nichts mehr für andere übrig.

Gravatar: Freigeist

Braucht die Welt, d.h. der dämliche Raubaffe, der Mensch, mal wieder einen epochalen Schock. Wenn möglich sollte der weit weg von Europa sein.

Gravatar: herwig

Wir im Westen machen uns in die Hose wegen möglicher Atomkraftwerksstörungen, was ist dagegen aber die Gefahr, dass islamische Terroristen A-Waffen in die Hände bekommen?

Gravatar: MGR

Pakistan legt eine verfünfachung seiner Bevölkerungszahl von 1947 (ca 38 Millionen) auf heute nahezu 200 Millionen hin. Da muss es nicht verwundern das ein riesiger Youthbulge an jungen Menschen ohne wirtschaftliche Perspektive zu großen Problemen und Instabilität führt. Was in diesem Artikel richtig angedeutet wird ist sicherlich als Hauptursache zu deuten. 

Dazu Samuel Huntington (so zitiert von Gunnar Heinsohn): „Das riesige Reservoir an oft beschäftigungslosen Männern zwischen 15 und 30 Jahren ist eine natürliche Quelle der Instabilität und Gewalt innerhalb des Islam wie auch gegen Nichtmuslime. Welche anderen Gründe auch sonst noch mitspielen mögen, dieser Faktor allein erklärt zu einem großen Teil die muslimische Gewalt."

Gravatar: Klaus Kolbe

Wie üblich: die Folgen angelsächsischer Eroberungsraubzüge und Kolonialpolitik mit willkürlichen Grenzziehungen zum besseren Ausbeuten und Niederhalten evtl. aufkeimenden Widerstandes gegen die britische Besatzungsmacht! Nach der Devise, die man von den Römern übernommen hatte: divide et impera!
Nicht anders war und ist es im Nahen Osten. Allerdings hatten dort auch Frankreich, Italien und die USA ihre Finger mit im Spiel. Ausgebeutet und ausgeblutet werden diese Staaten (sofern man dann überhaupt noch von einem Staat reden kann) dann fallengelassen.
Die Negativ-Folgen hat dann die Allgemeinheit zu tragen. Das gleiche "Spiel" wie bei den Banken"rettungen".

Gravatar: Hans von Atzigen

Die alles entscheidende Frage ist wieviele kaputte
Staaten und Regionen kann sich die Welt noch leisten?
Allgemein ist zu beobachten Einzelereignisse lösen jeweils
Entsetzen und ein Mordsgeschrei aus. Ohne Zweifel jedes Ereignis, Anschlag usw. sind jeweils ein Drama.
Das vernebelt jedoch die Sicht auf die Globale Gesamtlage und den sich daraus ergebenden Konsequenzen. Diese Gesamtlage ist schlicht verheerend, ein gigantisches Pulverfass.
Wirtschaftlich und Demografisch.
Aktuell können die USA mit EU die Lage nocht im gröbsten unter Kontrolle halten.Neuestens auch mit einer Mitwirkung Russlands. Doch vor Illusionen sei gewarnt auch Russlands Möglichkeiten sind begrenzt.
Aktuell gibt es 2 hochexplosieve Regionen. Das ist zum einen der gesamte Islamische Raum Wirtschaftlich und Demografisch, dazu auch der sog. Westen Wirtschaftlich erheblich angeschlagen, zum anderen die Lage um Korea mit
Hintergrund China und USA.Die beiden letzteren haben
trotz massiever Meinungsverschiedenheiten ein Problem,in vorm eines Norkorea das sein eigenes Ding dreht. Noch können die grossen Mitspieler Russland,China, USA-EU die Gesamtlage knapp unter Kontrolle halten, die entscheidende Frage ist wie lange noch.Letzlich ist es Zweitrangig wo und unter welchen Umständen die Lage ausser kontrolle gerät.
Jede grössere Beschädigung dieser fragielen Gesamtlage, beinhalten das sehr hohe Risiko eines
Globalen Flächenbrandes.

Gravatar: Klartexterk

Da hilft nur beten, besser ist aber die Ablenung des Islam, egal wo immer er ist. Er passt nicht in die moderne Welt und überhaupt nicht nach Europa.

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