Ein Lehrstück über das Kalkulierbare und das Unkalkulierbare

Pleiten, Pech und Pannen: Der Weg der ›Bismarck‹ in den Untergang

Am Morgen des 27.Mai, heute vor 80 Jahren, wurde die ›Bismarck‹ nach einem ungleichen Gefecht versenkt.

Royal Navy official photographer, Public domain, via Wikimedia Commons
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Fast genau vor 80 Jahren wurde das Schlachtschiff ›Bismarck‹ im Atlantik versenkt. Und natürlich klingt ein Titel der mit ›Pleiten, Pech und Pannen‹ beginnt unangemessen. Doch in Wahrheit ist nicht der Titel unangemessen, sondern die Umstände, die zur Versenkung und den Tod von über 2.200 Matrosen geführt haben.

Um etwa fünf nach halb Zehn am Morgen des 27.Mai 1941 legt sich das 50.000 Tonnen schwere Schiff langsam zur Seite und sank wenig später im eiskalten Wasser des Atlantiks. Von den etwa 2.200 Mann Besatzung kamen circa 800 frei vom sinkenden Schiff, allerdings konnten nur 111 Mann von der Royal Navy gerettet werden, als nach einem U-Boot-Alarm die Rettungsarbeiten gestoppt werden mussten. Fünf weitere Überlebende hatten Glück und wurden am nächsten von der deutschen Marine gerettet.

Und dabei hatte die ganze Operation so erfolgreich begonnen. Am frühen Morgen des 24. Mai hatte der Stolz der Deutschen Kriegsmarine den Stolz der Royal Navy nach nur fünf Salven versenkt. Danach setzte der deutsche Verband aus einem Schlachtschiff und einem Schweren Kreuzer die Fahrt in den Einsatzraum Nord-Atlantik kurze Zeit fort – bis Admiral Lütjens sich entschied, mit der ›Bismarck‹ nach Saint-Nazaire an der französischen Atlantikküste zu laufen.

Sein Schiff hatte einen folgenschweren Treffer in die Tanks im Vorschiff erhalten und verlor Öl. Das war nicht nur wertvoller Treibstoff, sondern zudem hinterließ das Schiff einen breiten Streifen aus Öl, gut sichtbar für jeden Piloten.

Der Treibstoffverlust schien marginal und wäre es auch gewesen, hätte Lütjens nicht zwei Tage zuvor einen folgenschweren Fehler begangen. Nach der Fahrt von Gotenhafen hatte er es versäumt, sein Schiff maximal aufzutanken. Ein schwerlich entschuldbarer Fehler. In der Royal Navy war das wann immer mögliche Auffüllen der Tanks ein Muss. Nun konnte die ›Bismarck‹ – oder ›der‹ Bismarck, wie ein deutscher Autor in der Meinung, ein solches Schiff könne keinen weiblichen Namen tragen, schrieb – nun konnte die ›Bismarck‹ nicht höchste Fahrt machen, um ihren Verfolgern nach Saint-Nazaire zu entkommen.

Das aber wäre nicht entscheidend gewesen, wenn Lütjens auf sein Glück vertraut hätte. Nach einem von allen Seiten immer wieder gefeierten Manöver, mit dem er der Royal Navy buchstäblich einen Haken schlug, schüttelte er seine unmittelbaren Verfolger, zwei britische Schwere Kreuzer, ab, indem er zunächst achtern hinter ihnen her lief und nahm Kurs Richtung französische Küste, nachdem die Kreuzer im Glauben, die ›Bismarck‹ wäre nach Süd-Westen durchgebrochen, die traditionelle Blindheit nach Achtern bewiesen. Die Briten hatten die Deutschen verloren.

Nun machte Lütjens einen weiteren Fehler, weil er eben seinem Glück nicht vertraute. Im Glauben, die Briten nicht wirklich abgeschüttelt zu haben, schickte er lange Funksprüche zum Marinekommando. Die Royal Navy konnte das Schlachtschiff nun orten – aber als hätten sich die Götter des Seekriegs ein weiteres Mal entschlossen, dem Deutschen Schlachtschiff eine Chance zur Rettung nach Frankreich zu geben, wurden die Positionsangaben des Schiffs auf den Britischen Kriegsschiffen auf die verkehrten Karten und damit falsch übertragen. Statt auf einen Abfangkurs, bewegten sich die Verfolger auf einem Gegenkurs, der eine Verfolgung unmöglich machte.

Eigentlich war die ›Bismarck‹ gerettet. Denn nachdem die britische Seekriegsleitung den Fehler erkannte, war die ›Bismarck‹ zu weit entfernt. Da nutzte es auch wenig, dass ihre Position dank entschlüsselter Funksprüche und systematischer Suche wieder bekannt war.

Den Briten blieb nur eine einzige Chance: Ein Luftangriff vom Flugzeugträger ›Ark Royal‹, der sich mit einem Flottenverband unter dem Kommando von Admiral James Somerville von Süden näherte. Nunmehr hatten die Briten Glück im Unglück. Ein erster Angriffsverband attackierte nicht das deutsche Schlachtschiff, sondern versehentlich einen eigenen Kreuzer – allerdings mit der Folge, dass die Einsatzleitung erfuhr, dass die Magnetpistolen der Torpedos nichts taugten.

Um Abend des 26.Mai um 19 Uhr und 10 Minuten startete eine zweite Angriffswelle aus Jägern und Doppeldeckern – ja, im Frühjahr 1941 flogen die Piloten der Royal Navy noch mit den betagten ›Swordfish‹ ins Gefecht. Doch wie schon beim Angriff auf die italienische Flotte in Tarent im November zuvor war die Langsamkeit der Maschinen auch ein Glück, denn die deutsche Flak überschätzte das Tempo und zielte schlecht.

Neun Angreifern gelang es, ihre tödliche Ladung abzuwerfen – zwei Torpedos trafen die ›Bismarck‹. Ein Treffer richtete mittschiffs keinen größeren Schaden an. Aber der zweite beschädigte die Ruderanlage so schwer, dass das Schlachtschiff praktisch im Kreis fuhr. Alle Versuche in der Nacht vom 26. zum 27.Mai die Schäden zu reparieren, gingen Fehl. Das Glück der Deutschen Marine war erschöpft.

Am Morgen des 27.Mai, heute vor 80 Jahren, wurde die ›Bismarck‹ nach einem ungleichen Gefecht versenkt. Über zweitausend Besatzungsmitglieder verloren ihr Leben.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Hajo

@ Willi Winzig

Als zwölfjähriger nach dem Krieg habe ich aus lauter Begeisterung aus Pappkarton die Bismarck selbst in allen Einzelteilen nachgebaut, Länge ungefähr 80 cm und danach im Maßstab alles ausgerichtet, bis ins kleinste Detail ohne jegliche Vorkenntnisse und nur unter Vorlage eines Bildes in doppelter Postkartengröße.

Leider ist es seit einem Umzug in den siebziger Jahren schwer beschädigt worden und wie groß mußte doch der Eindruck gewesen sein um so etwas zu kopieren, was Wochen gedauert hat und jede freie Minute in Anspruch nahm und jedem heutigen Modell standhalten könnte.

Gravatar: Hajo

Die Größe war mal das Markenzeichen früherer Länder, heute, heute spielt es keine Rolle mehr, denn diese Art von Zielscheibe kann man sich schenken, weil die Waffen differenzierter sind und solche Schlachtrösser haben nur noch Unterhaltungswert für das eigene und zugleich trügerische Sicherheitsinteresse, weil die Gefahr auf leisen Sohlen und in Minutenschnelle von Ort zu Ort eilt und am besten hat man es jüngst im Raketenkonflikt im Nahen Osten gesehen, das ist dann nur noch eine Frage der Bestückung und das Leben geht zu Ende, dazu sind solche Allmachtszeichen nicht mehr notwendig, selbst wenn es rückblickend noch schaurig schön die Seele ankratzt, aber trotzdem den eigenen Untergang nicht verhindern konnte.

Das ist ungefähr so, wie man heutzutage immer noch Autos baut, als fahrende Wohnzimmer mit überbordendem Interieur und die wenigsten suchen noch diese Art des Vergnügens, weil es ausgedient hat und zumindest dem jugendlichen Zeitgeist nicht mehr entspricht und anstatt sich dieser Entwicklung anzupassen und das funktionale und rationale in der Vordergrund zu stellen, verbauen sie immer mehr Technik in nahezu alle Geräte ein, die kein Mensch mehr versteht oder gar haben will.

Nicht umsonst sprießt aus allen Ecken eine Gegenwelt als Alternative, die von vielen bereits angenommen wird und die Hersteller auf andere Wege zwingen wird, weil sie nicht mehr den Bedürfnissen entsprechen und auch zu aufwendig und zu teuer sind und der sogenannte Fortschritt mag ja in einigen Fällen richtig sein, wer aber die Entwicklung viele Jahrzehnte gesehen hat, weiß auch, daß so manches Mist war und der Weg zur Minimalität ist allemal besser als in das Uferlose, was uns in nahezu allen Bereichen überfallen hat.

Gravatar: Willi Winzig

Es sind meist die Großkotze, die mit ihren Streifen am Ärmel (gilt übertragen auch für Politik und Wirtschaft) welche die Karren in den Dreck ziehen. Selbst in dem englischen Film „Sink the Bismarck“ hat der Admiral Lütjens dem Kapt. z. See Lindemann immer wieder reingeredet, nach dem Motto, wenn ICH an Bord bin, gilt die Maxime offenbar nicht, dass allein der Kapitän auch die alleinige Verantwortung für das ihm anvertraute Schiff und seine Besatzung hat und sonst Niemand. Ich bin fast sicher, dass Kpt. Lindemann die Bismarck schon deshalb voll aufgetankt hätte, weil das Ziel, im Atlantik feindlichen Schiffsraum zu versenken, jeden Tropfen Öl benötigt hätte. Erfahrung eben und nicht nur Streifen am Ärmel. Es war wirklich Pech, dass ein Torpedo die Ruderanlage der Bismarck gekillt hat und damit war das Schicksal des gewaltigen Schiffes ebenfalls besiegelt. Die englische Hood, der Stolz der Royal Navy, flog durch einen Volltreffer der Bismarck in die achterne Haupt Munitionskammer in die Luft. Nur 3 Seeleute von den 1418 Männern überlebten die Katastrophe.
Von der deutschen Besatzung der Bismark verloren über 2.000 Mann ihr leben, nur 111 wuden gerettet.
Krieg ist einfach Sch....e

Unabhängig davon, dass die Bismarck ein Kriegsschiff war, fasziniert mich dieses gewaltige und dennoch schnittige Schiff noch heute was die Silhouette betrifft. Ich habe daher davon ein Modell 1:300 mit einem Begleit U-Boot und einem Zerstörer gleichen Maßstabs gebaut. Auch U-99 vom Typ VII B (Kpt.Lt. Kretschmer ab 1.3.1941 wurde er Korvettenkapt.) im Maßstab 1:144 habe ich als Modell gebaut, denn auf dem Boot ist einer meiner Arbeitskollegen gefahren. Die Schiffe stehen hier bei mir im Büro. Mein Kollege war 2 mal durch Verlust seiner Boote in Seenot und wurde gerettet, bevor er auf U-99 fuhr und da auch dieses Boot durch Wasserbomben schwer beschädigt wurde und auftauchen musste, ging er mit seinem Kommandanten Otto dem Schweigsamen wie man ihn nannte und der Besatzung in englische Kriegsgefangenschaft und überlebte so den Krieg. Mein Kollege, leider lebt er nicht mehr, war ein sehr humorvoller Mann und hat uns oft mit seinen trockenen Späßen, Situationskomik und Anekdoten zum brüllen vor Lachen gebracht. Er konnte einen ganzen Saal ohne Konzept unterhalten.

Deutsche Version von „Sink the Bismarck“

https://www.youtube.com/watch?v=6mE3wEtDK7g

Gravatar: maasmännchen

Angeblich haben die Briten das Schiff über eine Stunde mit Salven eingedeckt aber der Bismarck wollte nicht sinken. Lt. eines geheimen Berichtes wurde er durch eigene Hand versenkt.

Gravatar: Croata

Wunderschönes großes stolzes Schiff.
Traurige Geschichte. Danke, ich habe wieder was gelernt.

Ich habe NIE in meinem Leben so ein großes Schiff gesehen... :-)

Wir haben kleinere Schiffe...
Aber Erfahrung in Bau und Tradition seit xy.

Heimat schützen vor allem, dann die
NATO Verpflichtungen natürlich.

Adria ist eng aber lang und man muss die Flotte natürlich finanzieren.
Es kostet halt alles.....
Das wiederum versteht die ROTE Seite natürlich NICHT.
Lieber in ein anderes "Schiff" investieren die z. B. eine haarige Kapitän*_erin fährt... aber, hoffentlich ändert sich das alles mit der Zeit :-)
Sweden hat gelernt.

Das Schiff "Bismarck" war definitiv vor seiner Zeit! Ein Mercedes der extra Klasse würde ich sagen.....
Schön! Danke.

Gravatar: Alex Lund

Wieso hat der Kommandant diese langen Funksprüche gesendet? War das Absicht? Wollte er die Bismarck versenkt sehen?

Laut einem Artikel in der Militär & Geschichte 65 tauchte 1941 der erste Verdacht auf, dass die Engländer die Enigma Maschine entschlüsseln konnten. Dönitz hat nicht gehandelt.

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