Bitte »und führe uns nicht in Versuchung« sei falsch

Papst nörgelt an deutscher Übersetzung des Vaterunser

Papst Franziskus hat sich mit den unterschiedlichen Übersetzungen des Vaterunser, DEM elementaren Gebet des Neuen Testaments, beschäftigt und kommt zu dem Schluss, dass die deutsche Übersetzung fehlerhaft sei. Die französische Variante gefalle ihm besser.

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Über viele Jahrhunderte war die Bibel ausschließlich in lateinischer Sprache verfügbar. Es gab die Urfassung (Vetus Latina oder auch Itala) sowie die etwas neuere Version (Vulgata). Erasmus von Rotterdam überarbeitete die Vulgata und schuf eine sprachlich modernere Variante. Die Übersetzung der Vulgata in eine andere Sprache war zwar verboten, aber Erasmus öffnete sich selbst ein Hintertürchen und veröffentliche seine Ausgabe in Latein und Griechisch, der Sprache, in der Bibel ursprünglich niedergeschrieben war. Dagegen konnte die römische Kirche keinen Einspruch erheben. Es gab zu jener Zeit zwar auch schon vereinzelte deutsche Übersetzungen der Bibel. Doch weil das offizielle Verbot der Übersetzung der Vulgata immer noch bestand, wurden die Übersetzungen nicht verbreitet.

Als Martin Luther 1522 unfreiwillig auf der Wartburg residierte, hatte er eine der von Erasmus erstellten zweisprachigen Ausgaben zur Hand. Da das Übersetzungsverbot aber nur für die lateinische Version galt, nahm sich Luther die griechische Variante vor und übersetzte diese in die deutsche Sprache. Er umging so das geltende Verbot. Seit jener Übersetzung gibt es das Vaterunser in der auch heute noch geltenden Fassung mit dem Passus »Und führe uns nicht in Versuchung«.

Nach fast 500 Jahren identischer Fürbitte fällt dem aktuellen Papst jetzt auf, dass die deutsche Übersetzung fehlerhaft sei. Die Bitte dürfe so nicht lauten, sagte er im italienischen Fernsehen. Es müsse, so Franziskus, »lasse mich nicht in Versuchung geraten« heißen. Denn nicht Er, Gott, würde jemals den Menschen in Versuchung führen; das mache nur Satan.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Karl Kaiser

Endlich mal ein Fachmann!
Ich bete vorsichtshalber erst mal gar nicht mehr.

Gravatar: Klimax

Puhh, hier geht einiges durcheinander: 1. wird die Vetus latina als "Urfassung" bezeichnet, dann wird 2. Griechisch als die Sprache bezeichnet, in "der [die] Bibel ursprünglich niedergeschrieben war", schließlich wird 3. von einer "griechischen Variante" gesprochen. Und so widerspricht 3. 2. und 2. 1.
Dazu ist folgendes anzumerken: ad1.) die erste lateinische Übersetzung ist keine "Urfassung"; denn sonst wäre sie eben keine Übersetzung. ad 2.) eine "ursprüngliche" Sprache der ganzen Bibel gibt es nicht, da die durchweg heterogenen Texte in verschiedenen (Ur)sprachen überliefert sind. Gemeinhin gilt: das AT ist ursprünglich hebräisch (mit einigen aramäischen Ausnahmen), NUR das NT ist ursprünglich griechisch. ad 3.) ist etwas endweder die Originalsprache oder eine Variante. Wenn das Original griechisch ist (was nur für das NT gilt), dann gibt es Varianten nur in anderen Sprachen, es sei denn, es gäbe zwei unterschiedliche griechische Texte - in der Textkritik wird man das zum Teil durchaus so sehen; das war hier aber nicht gemeint.
Nun zum Papst: philologisch maßgebend ist, was im NT (Neues Testament) steht. Dort steht der (prohibitive) Konjunktiv des Aorists von εἰσφέρειν. Für den Übersetzer ins Deutsche bedeutet das: verneinter Imperativ. Da kann dann auch der Papst nix machen.

Gravatar: Master of Puppets

"Denn nicht Er, Gott, würde jemals den Menschen in Versuchung führen; das mache nur Satan."

Er muss das ja am Besten wissen.

Gravatar: die Vernunft

Es ist ja so einfach, alle gemachten Fehler und Irrtümer auf Gott oder Satan zu schieben!
Hat er der Papst, und ein jeder Mensch, denn keinen Willen? Braucht nach seiner Aussage denn keiner sein Tun mehr verantworten, da alles Böse von Satan kommt? Das hieße Freispruch für alle menschlichen Untaten, das darf nicht sein!!!

Dr. Martin Luther ist eher im Recht, denn seine Übersetzung sagt uns ja, Gott kann die Versuchung von uns nehmen, da wir dafür beten, da wir darum bitten!
Dr. Martin Luther meint nicht, das die Versuchung von Gott kommt! Man sagt auch, du bist gottlos, also boshaft und ohne Glauben!

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