Im Sinne der Gerechtigkeit

Lehrerin vergibt nur noch gute Noten

Ist es gerecht, Schülern die Zukunft zu verbauen, weil Lehrer ihnen schlechte Noten geben? Das hatte sich eine Lehrerin gefragt, die nicht namentlich genannt werden will. Sie hat sich schließlich dazu entschieden, dass bei ihr jeder das Abitur besteht.

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Es geht also um Gerechtigkeit. Jedenfalls um das, was sich eine Lehrerin aus Nordrhein-Westfalen, von der u.a. der Spiegel berichtet, darunter vorstellt.

Man sollte sich klar machen, was so ein Bruch mit vorhandenen Regeln bedeutet, was es für einen starken Einschnitt darstellt und was darin alles an Unterstellungen enthalten ist: Wenn sie ihre neue Vorgehensweise als »gerecht« ansieht, dann heißt das zugleich, dass ihre bisherige Art der Notenvergabe nicht gerecht war. Dieser Vorwurf trifft auch alle anderen Lehrerinnen – insbesondere Lehrer, die womöglich nicht so anfällig sind für ihr Verständnis von Gerechtigkeit.

Warum hat sie sich überhaupt zu einer Lehrerin ausbilden lassen? Hat sie etwa vorher nicht gewusst, dass Lehrer Noten vergeben?

Sie schildert einen Fall, der erklären soll, wie sie zu ihrer neuen Einstellung gekommen ist. Bei einer Übungsstunde vor der letzten Abiturprüfung zeigte sich ein Schüler namens Tarik besorgt: »Wenn ich es jetzt wieder nicht schaffe, werden meine Eltern das nicht verkraften, sie werden mich nicht mehr akzeptieren und rauswerfen. Ich hab Angst, dass ich in ein Loch falle und nicht rauskomme, dass ich kriminell werde ...«

Das wirkt so, als würden hier noch mehr Aspekte eine Rolle spielen. Deutet der Name Tarik womöglich auf einen Migrationshintergrund des Schülers hin? Kann man die Angst, kriminell zu werden, auch als Drohung auffassen?

Wie auch immer. In der Brigitte werden die Vorzüge aufgezählt, die es mit sich bringt, keine Noten zu vergeben: Ihre Schüler, heißt es, »entwickeln Verantwortungsgefühl, sind motivierter, ehrlicher – und entwickeln sogar einen Teamgeist, statt miteinander zu konkurrieren.« 

Die namenlose Lehrerin hat bisher nur gute Erfahrungen gemacht mit ihrem – nennen wir es – »Freibier-Abitur«: »Da die Noten als Druckmittel wegfallen, ist keine Schülerin und kein Schüler mehr dazu gezwungen, sich mit bestimmten Unterrichtsinhalten auseinanderzusetzen oder sich an etwas anzupassen«. 

Ihr gefällt das. Die Schüler halten still. Die Lehrerin hat es leicht. »Es fühlt sich richtig an, wenn sich alle im Klassenraum gerade aus Überzeugung und nicht aus Angst vor Konsequenzen ruhig verhalten.« So könnte es in Zukunft auch in anderen Klassen aussehen. Die Lehrerin mit dem aktualisierten Gerechtigkeitsgefühl kann durchaus als Vorreiterin gesehen werden.

Denn tatsächlich werden die Abschlussnoten sowieso immer besser, wie aus einer Übersicht aus news4teachers hervorgeht: So gab es zum Beispiel 2017 in Baden-Württemberg sowieso schon einen guten  Notendurchschnitt von 2,42. In Nordrhein-Westfalen lag das Mittel bei 2,45. Zehn Jahre vorher waren es noch 2,64 gewesen. In Thüringen lag der Durchschnitt bei 2,18 vorher waren es 2,33 gewesen.

Der Trend geht in Richtung 1,0 für alle.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Anne R.

Na prima! Tolle Lehrerin! Die Ungerechtigkeit gegenüber
Schülern mit tatsächlich guten bis sehr guten Leistungen - was soll's.
Aber vielleicht hat die oben erwähnte Lehrerin, wie so viele andere auch, ständige Beschwerden, Vorwürfe und Rechtfertigungen einfach nur satt und hat dem Druck auf breiter Front nachgegeben und alle sind zufrieden.
Das ist übrigens kein neues Problem, sondern grassiert schon seit über 20/30 Jahren mit steigender Tendenz.

Gravatar: xxx

Wie anmaßend ist das denn? "SIE hat sich schließlich dazu entschieden, dass bei ihr jeder das Abitur besteht."

Jeder, der von dieser Lehrerin ein Abitur geschenkt bekommen hat, stellt in der Arbeitswelt eine potenzielle Gefahr für die Allgemeinheit dar.
Die "Abiturienten" müssten alle ein neues Abitur ablegen nach allgemeingültigen Kriterien.
Frechheit!
Die Dame hat ihren Beruf vollständig verfehlt. Sie darf nicht weiter als Lehrerin tätig sein.

Gravatar: Jüppchen

Ich finde, man sollte das Abiturzeugnis direkt mit der Geburtsurkunde vergeben, dann kann man sich die teuren Schulen und Lehrer sparen. Wer dann noch irgendetwas wissen will, kann sich das ja aus dem Netz holen.
Der Bachalor wäre dann bei der Volljährigkeit fällig und der Master, wenn man die folgenden drei Jahre nicht straffällig geworden ist, wobei Strafen unter fünf Jahren nicht berücksichtigt werden sollten.Nur so schaffen wir die Voraussetzungen, daß selbst halb analphabetische "Migranten" noch eine Bereicherung sind.

Gravatar: Ebs

Na dann kann es ja sein, das einer unbenotet, aus Angst kriminell zu werden, irgenwann Bauingenieur oder Chirurg geworden ist. Wenn die Erfinderin der zensurlosen Bildung dann gerade auf dem OP-Tisch liegt.... Pech gehabt.

Gravatar: karlheinz gampe

Das zeigt, dass das Bildungsniveau in Deutschland, wie von roter CDU+ SPD Politik gefordert sinkt und dies nicht nur seit heute. In Religion konnte man sich früher abmelden um sich den Schnitt nicht mit einer schlechten Note in Religion zu versauen. Also gab es dort nur noch gute Noten.

Gravatar: Werner

Wann waren Noten schon einmal gerecht, noch nie. Es spielt Sympathie und Verhalten eine große Rolle, ob man gute oder schlechte Noten bekommt.
Wenn es aber keine Noten mehr gibt, strengt sich niemand mehr an. Wenn man dazu noch bedenkt, dass die meisten Schüler ohne Nachhilfe das Abitur gar nicht schaffen würden, ist in diesem Schulsystem der Wurm drin. Hinzu kommt noch, dass man das meiste, was man mühselig gelernt hat, für seine spätere berufliche Laufbahn in keinster Weise verwenden kann.

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