Zeitschriftenkritik Crisis-Journal für christliche Kultur

Kann Krieg ethisch gerechtfertigt werden?

In mehr als 10 Beiträgen beschäftigen sich unterschiedliche Autoren mit Fragen der christlichen Ethik des Krieges, gerechten und notwendigen Kriegen, radikalem und friedlichem Pazifismus.

CRISIS Magazin Nr. 6
Veröffentlicht:
von

Von Peter Backfisch

Die 6 Ausgabe der vierteljährlich erscheinenden Zeitschrift Crisis – Journal für christliche Kultur beschäftigt sich mit dem Thema Krieg. Dabei erhebt die Redaktion der Zeitschrift den Anspruch die seit Kain und Abel bestehenden mörderischen menschlichen Konflikte differenziert zu betrachten. „wir wollen kein Schwarz-Weiß-Denken, sondern hin zu den Ursachen und Auswirkungen gewaltsamer Auseinandersetzungen. Um es klar zu sagen: Jeder Krieg – auch der aktuell in der Ukraine tobende – ist eine Ausprägung des Bösen, auch und gerade, weil sich hier orthodoxe Brüder gegenüberstehen, die eine gemeinsame Geschichte und Kultur einen sollte.“ (Editorial)

In mehr als 10 Beiträgen beschäftigen sich unterschiedliche Autoren mit Fragen der christlichen Ethik des Krieges, gerechten und notwendigen Kriegen, radikalem und friedlichem Pazifismus. Dies aus religiöser, philosophischer, historischer und kultureller Sicht. Auf die Wirkungsweise von Kriegen auf Demokratie und menschliches Zusammenleben geben die Autoren unterschiedliche Antworten. Der Leser erhält dabei einen Einblick in das vielfältige Leben ost-europäischer Orthodoxie, worüber er in den TV-Nachrichten oder bei Talk Shows wie Markus Lanz niemals etwas zu hören bekommt. Allein deshalb beinhaltet die Zeitschrift einen unschätzbaren Reichtum an Wissen zu den Hintergründen aktueller Konflikte.

Crisis ist es gelungen den namhaften Journalisten Matthias Matussek zu einem brillanten Artikel zu den Vorkommnissen gegen die ukrainische orthodoxe Kirche im historischen Kiewer Höhlenkloster, zu gewinnen. Für Matussek sind die sich verteidigende Mönche, die wahren Helden der Ukraine, die sich in einem tapferen Kampf gegen die Verwüstungen ihrer heiligen Stätten durch ukrainische Behörden wehren. Es wird berichtet von den Schikanen durch das ukrainische Kulturministerium, das bewaffnete Spezialkommandos losgeschickt hat, um das berühmte Höhlenkloster in Kiew zu schließen. „Mönche werden auf dem weiten Gelände aus ihren Klausen vertrieben, Gottesdienste werden verhindert, protestierende Gläubige zusammengeknüppelt.“ Das Höhlenkloster hat die Mongolenherrschaft und den Diktator Stalin überlebt, es wird auch diese terroristischen Übergriffe überleben. Matussek spricht auch die Verleumdungen gegen den Patriarchen Kirill an, so werde ihm vorgeworfen „ein Putin-Knecht, ein KGB-Agent und ein Milliardär, ergo eine zwielichtige Figur und Gauner zu sein.“ Matussek stellt diese Vorwürfe nur zurückhaltend in Frage. Wichtig wäre gewesen auf die wertvolle kulturelle Identifikation osteuropäischer Lebenswelten zu verweisen, die eine Harmonisierung des Verhältnisses von Kirche und Staat zur Folge hat. Hierzu hat Kirill beigetragen und gerade im historischen Kontext repressiver staatlicher Unterdrückung der orthodoxen Kirche, ist das nicht hoch genug zu bewerten.

Der Krieg gegen das orthodoxe Christentum in der Ukraine wird vielfältig geführt. Damit beschäftigt sich Historikerin Nina Byzantina. Sie zeigt dabei die Rolle der griechisch-katholischen Kirche in der Zwischenkriegszeit und im Zweiten Weltkrieg auf. So scheute deren Metropolit Andrey Sheptysky nicht davor zurück den Einmarsch der deutschen Wehrmacht zu begrüßen und Adolf Hitler dafür seine „herzlichsten Glückwünsche“ zu übermitteln.

Franzisk Yavtilov beleuchtet das Werk des Philosophen Iwan Iljin am Beispiel seines Buches „Über den gewaltsamen Widerstand gegen das Böse“. Er kommt dabei zu dem Ergebnis, dass die Auflassungen des Westens vom gerechten Krieg keine allgemeine Gültigkeit haben. Zwar kann Gewaltanwendung notwendig aber niemals gerecht sein. Es kann aber sein, dass zu kämpfen der einzige Weg ist, mit dem der Mensch seine Pflicht, dem Bösen zu widerstehen, erfüllen kann.

Ein beachtlicher Beitrag des Heftes ist das Interview des Redaktionsmitglieds Beile Ratut mit der Politikwissenschaftlerin Dr. Ulrike Guerot. „Die EU, die Aufklärung und das Ende der Demokratie“. Gureot, lange Jahre eine Vertreterin von undemokratischen Visionen und Träumereien der herrschenden EU-Politik, wie Schaffung der Vereinigten Staaten Europas, Beschneidung nationaler Souveränität. Mit der Zeit gelangte Sie zu der Erkenntnis, dass die bestehenden Institutionen der EU nicht so geschaffen sind, dass sie demokratisch, bürgernah und sozial sind. Für Sie ist „ab 2003 einiges schief gegangen“. Dazu listete sie auf, Bankenkrise, Flüchtlingskrise, Klimakrise. Ausführlich positioniert sie sich gegen die repressiven Corona-Maßnahmen und Waffenlieferungen an die Ukraine. Sie fordert heute ein „Europa jenseits der EU.“ Kritik trägt sie inzwischen öffentlich vor, auch in TV-Runden wie bei Markus Lanz. Dies hat zu einem verbitterten öffentlichen Shit-Storm geführt, der als öffentliche Hinrichtung bezeichnet werden kann. Man kann sagen, ihre Abkehr vom vorgeschriebenen verbindlichen EU-Sprech ist ein Fall ins Bodenlose. Im Februar 2023 wurde Ihr Arbeitsverhältnis (Professur für Europapolitik) mit der Universität Bonn wegen mutmaßlicher Verletzung wissenschaftlicher Standards gekündigt. Ihr mutiger Kampf, gegen die hermetischen Abriegelungen des Systems gegen jede Kritik, muss positiv bewertet werden. Im Gespräch strahlt sie jedenfalls einen beachtlichen Optimismus aus.

Crisis hat sich mit seinen 6 Ausgaben am Zeitschriftenmarkt etabliert und stellt sich den Erfordernissen der dringend zu führenden Wertediskussion in der russischen Orthodoxie, mit dem Ziel traditionelle und primär religiöse Identität zu unterstreichen und sie bei ihren (im Westen lebenden) Lesern zu verorten. Eine Herausforderung angesichts des Megatrends der Säkularisierung, wie auch die stetig wachsende Präsenz des Islam in christlichen Glaubenswelten. Sie ist keineswegs als klerikale Blatt, als vielmehr eine patriotische Stimme zu Politik und Kultur zu sehen.

 

.CRISIS 6 – Journal für christliche Kultur – Schwerpunkt: Krieg

 € 12,50 Jahresabo € 38,00,  

www.crisis-journal.de

Ihnen hat der Artikel gefallen? Bitte
unterstützen Sie mit einer Spende unsere
unabhängige Berichterstattung.

Abonnieren Sie jetzt hier unseren Newsletter: Newsletter

Kommentare zum Artikel

Bitte beachten Sie beim Verfassen eines Kommentars die Regeln höflicher Kommunikation.

Gravatar: Onkel Dapte

"Kann Krieg ethisch gerechtfertigt werden?"

Ich denke, nein. Er kann begründet werden, aber ethisch gerechtfertigt nicht.
Wir sehen ja, was z.B. die "Ethikkommission" so alles rechtfertigt zu Corona, Freiheitsabschaffung und Zwang.

Gravatar: Zippit

Es gibt keine Rechtfertigung für bewaffnete Auseinandersetzungen. Viele Lügen und Propaganda, wenn es doch nur um eines geht: Raub.
General Butler Smedley hat darüber ein Buch geschrieben:”war is a racket”, heute aktueller denn je.

Gravatar: Wolfgang Hanys

Kriege sind immer schlecht und mörderisch.
Zuletzt hatte M. Gandhi gesagt: mit Liebe kann man alles lösen und heilen.
Die Christen haben die Aufgabe auch diese Worte zu folgen.
In Orbáns Heimat sagt man: leben und leben lassen.

Gravatar: Croata

Manchmal ja, leider....

Gravatar: karlheinz gampe

Stehen sich in Israel nicht Brüder gegenüber? Kain und Abel?

Gravatar: Fritz der Witz

Jeder Krieg wird von strengen Ethikern geführt. Es war noch nie anders.

Schreiben Sie einen Kommentar


(erforderlich)

Zum Anfang