Wir sind einer Zeit des Übergangs in eine ungewisse Zukunft mit massiven Veränderungen und Verwerfungen. In einem Interview mit »T-Online« erklärt der renommierte israelische Historiker und Bestsellerautor Yuval Noah Harari, wie sich die Welt zurzeit rasch ins Negative verändert.

Die Coronavirus-Krise wirkt hierbei wie ein Brandbeschleuniger, besonders wenn es um die völlige und totale Überwachung der Bevölkerung geht. Möglicherweise läutet die Krise eine neue Ära ein.

Er hält es für plausibel, dass sich die Menschheit im Zuge des beschleunigten technologischen Fortschritts aufspaltet. Es werde wenige Privilegierte geben, die alle Reichtümer und Vorteile neuer Technologien nutzen können. Und es werde eine riesige »nutzlose Kaste« von Menschen geben, die »irgendwann aus dem Lauf der Geschichte verschwindet«.

Seine Einschätzung der Folgen der Krise lautet: »In 50 Jahren werden sich die Menschen gar nicht so sehr an die Epidemie selbst erinnern. Stattdessen werden sie sagen: Dies war der Moment, an dem die digitale Revolution Wirklichkeit wurde.«

Seiner Meinung nach werden die Erfolge der Überwachungstechnologie bei der Bekämpfung der Virus-Krise dazu genutzt und später missbraucht werden, andere Probleme mittels Überwachung und digitaler Kontrolle zu lösen. China sei hier Vorreiter und somit ein Fenster, durch das man in die Zukunft schauen kann. Denn sobald Technologien in einem Teil der Welt erfolgreich ausprobiert wurden, werden sie früher oder später auch in anderen Teilen der Welt eingesetzt werden – mit all ihren Folgen.

Bereits heute seien die technologischen Hilfsmittel vorhanden, eine perfekte Diktatur einzurichten:

»Es wäre ein autoritäres Regime, wie es dieser Planet noch nicht gesehen hat. Eine Diktatur, die schlimmer wäre als Nazideutschland oder die Sowjetunion unter Josef Stalin, ist heute denkbar.«

Yuval Noah Harari befürchtet, dass die Regierungen bei einer Verschärfung der Coronakrise oder einer neuen Viruskrise die Bevölkerung vor die Wahl stellen könnten: entweder ein radikaler Lockdown oder digitale Überwachung. Viele Bürger würden sich dann aus Furcht vor dem Lockdown für die Überwachung entscheiden. Doch wenn die Überwachungsmethoden einmal da und einsetzt sind, werden sie nicht so schnell wieder verschwinden.