Matthias Herdegen, Direktor des Instituts für Öffentliches Recht an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn

»In Deutschland herrscht eine naive Sicht auf die Welt vor«

Matthias Herdegen ist Direktor des Instituts für Öffentliches Recht sowie des Instituts für Völkerrecht der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn. Die außen- und sicherheitspolitische Elite Deutschlands folgt einem Denken, dass sie unfähig macht, die Lage zu erkennen, in der sie sich bewegt.

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In Deutschland ist das Verständnis für nationale Interessen nur schwach ausgeprägt. Daraus resultiere, dass die Fähigkeit des Gemeinwesens zur Selbstbehauptung gefährdet ist. Zu diesem Schluss kommt Matthias Herdegen, Direktor des Instituts für Öffentliches Recht sowie des Instituts für Völkerrecht der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn, in einem jüngst veröffentlichten Beitrag.

Herdegen stellt in seinen Ausführungen seine Beobachtungen eindrücklich dar. In Deutschland herrsche unter anderem eine naive Sicht auf die Welt vor. Hierzulande gehe man davon aus, dass »alle Akteure von universellen Werten getrieben und möglichst uneigennützig um die besten Lösungen und Modelle der Kooperation ringen« würden. Das allein entspricht schon nicht der Realität. Doch durch dieses Verhalten werden die »aktive Konfrontation mit einer gar nicht heilen Welt« und die Anerkennung der sie prägenden wirklichen Realitäten gemieden.

Man stelle sich den »Gang der Weltgeschichte ähnlich wie ein Verfahren vor einem deutschen Amtsgericht« vor, schreibt Herdegen. Den Faktor Macht blende man in der Betrachtung des Weltgeschehens vollständig aus. In Deutschland gelte es »immer noch als höchst suspekt, ja sogar unanständig, in Kategorien der nationalen Interessen zu argumentieren«, so Herdegen weiter.

In existenziellen Fragen ist es hierzulande zunehmend undenkbar, die erforderlichen Maßnahmen auf nationaler Ebene zu ergreifen. Andere Länder begünden ihre Entscheidungen, zum Beispiel in der Migrationspolitik, mit legitimen nationalen Interessen. »Teile der deutschen Politik« würden auf solche Aussagen geradezu schockiert reagieren. Es erscheint für jenen Personenkreis undenkbar, dass es auch in Deutschland nationale Lösungen geben müsse. Ein Beleg sei der »Lobgesang der Bundesregierung auf den Migrationspakt«; dieser offenbare eine »unbelehrbare, ja naive Einseitigkeit«.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Marc Hofmann

Der Migrationspakt ist KEINE Naive Einseitigkeit sondern SELBSTMORD! Ein Verbrechen an den Deutschen Bürger/Arbeiter/Steuer- und Abgabenzahler...ein Verbrechen an den Kindern und den Frauen, die sich von Deutschland den Schutzt erhoffen, den Sie anderswo schon lange nicht mehr bekommen.

Gravatar: Klingler

"Ein Beleg sei der »Lobgesang der Bundesregierung auf den Migrationspakt«; dieser offenbare eine »unbelehrbare, ja naive Einseitigkeit«."
Nicht nur das, er ist geradezu tödlich, dieser Lobgesang. Das schlimme ist nur, diese "Eliten" weihen ein ganzes Volk dem Untergang.
Es hilft nur noch Artikel 20 (4) GG, eine andere Lösung gibt es nicht mehr.

Gravatar: P.Feldmann

Der (naive) Idealismus scheint in gewissen Fällen die direkte Stufe zum Totalitarismus und im Privaten zum Solipszismus zu sein. Die Genealogie des Marxismus-Leninismus zu Hegel ist ja schon hinreichend diskutiert und bekannt!

Gravatar: Thomas Rießler

Die Mär von den naiven Politikern ist seit jeher in Deutschland ein sorgsam gehegtes Pflänzchen. Wenn das der Führer wüsste…

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