Wenn Wissenschaftlicher ein Modell entwickelt haben und sich plötzlich Daten ergeben, die dem Modell widersprechen, dann machen es einige wie die Sozialwissenschaftler: Sie erweitern das Modell, um auch diesen Fall zu erklären. Wo doch eigentlich das Modell in den Müll gesteckt werden sollte. »Ad hoc«–Hypothese hat der gute Sir Karl Popper diese Ausflüchte genannt; sie dienen dazu, eine Theorie gegen Widerlegung zu immunisieren.

In einer ähnlichen Lage befinden sich die Unterstützer des RKI und der Panikmacher um Karl Lauterbach, als die Inzidenzen in Gibraltar die Marke 600 erreichten. Denn zugleich ist die Bevölkerung auf der britischen Halbinsel praktisch zu 100 Prozent geimpft. In einer vollständig geimpften Population dürfte es aber eigentlich überhaupt keine Ansteckung geben. Und so war es auch am 8. April. Heute ist es allerdings anders.

Diesen scheinbaren Widerspruch haben die Faktenchecker der Süddeutschen Zeitung nun untersucht – und machen es sich einfach. Sie behaupten zunächst, die Impfquote läge gar nicht bei 100 Prozent. Dabei gibt das Blatt sogar zu, dass auf die 34.000 Bewohner 78.400 Impfdosen entfielen, was einer rechnerischen Impfquote von über 115 Prozent entspricht – ein Wert, der womöglich Karl Lauterbach zum Schweigen brächte.

Aber die Süddeutsche wäre nicht die Süddeutsche, wenn sie nicht einen Ausweg fände: Mit den 78.400 Dosen wurden auch 8.000 Spanier geimpft. Dass mit den verbleibenden 70.000 Dosen noch immer sämtliche Bewohner Gibraltars doppelt versorgt werden können, ficht das Blatt nicht an. Es tut so, als wäre die Kritik an der Impfung fast widerlegt.

Denn, so die Süddeutsche, die aktuelle Statistik zeige, »dass durchaus noch Lücken beim Impfschutz der Gibraltarer bestehen.« Schließlich habe Gibraltar am Sonntag 18 Neuinfektionen gemeldet, »zehn davon betrafen vollständig Geimpfte aller Altersgruppen.« Die anderen, so die Süddeutsche stolz auf ihre Fakten, wären Ungeimpft. Am »Samstag war unter den Neuinfizierten auch eine ungeimpfte Person im Alter zwischen 100 und 105 Jahren.«

Was die Subtraktionskünstler der Süddeutschen völlig ignorieren: Über die Hälfte der Neuinfizierten waren Geimpfte! Kritiker, die die Wirkung der Impfung bezweifeln, werden also bestätigt und nicht widerlegt.

Aber nun kommen die Faktenchecker von web.de der Süddeutschen zur Hilfe. Sie bringen die Bevölkerungszahl Gibraltars ins Spiel und behauptet, die vergleichsweise »geringe Einwohnerzahl von rund 34.000« ließe »die Inzidenz vergleichsweise höher wirken. Setzt man sie in Relation zur Bevölkerungszahl, liegt sie bei in etwa 200.« Was nicht nur rechnerisch falsch ist; 18 Neuinfektionen bei 36.000 Einwohnern ergibt eine Inzidenz von lediglich 50 und nicht 200 und erklärt damit sicher nicht die offizielle Zahl von 600.

Darüber hinaus brächte der Hinweis auf die geringe Bevölkerungszahl in Gibraltar und einen möglichen Einfluss der Bevölkerungszahl auf die Inzidenz sämtliche Berechnungsmethoden des RKI und der Bundesregierung zum Einsturz, die in Deutschland auf Kreisen basiert – und die höchsten Inzidenzen hatten immer wieder Kreise mit geringen Einwohnerzahlen.