SPÖ und FPÖ erwägen gemeinsam Misstrauensvotum im Nationalrat

Endet kommenden Montag Österreichs Kanzlerschaft Kurz?

Kommenden Montag könnte die Amtszeit von Österreichs Kanzler Sebastian Kurz noch vor der Neuwahl im September enden. Die linke »Liste Jetzt« brachte einen Misstrauensantrag gegen den 32-jährigen ein. SPÖ und FPÖ halten eine Zustimmung für möglich. Beide haben eine Mehrheit.

Foto: Georges Schneider (photonews.at)/ flickr.com / CC BY 2.0
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Nach dem Ende der türkis-blauen Koalition in Wien infolge der Ibiza-Affäre wird am kommenden Montag auch über das politische Schicksal des österreichischen Bundeskanzlers Sebastian Kurz entschieden. Der ÖVP-Politiker muss sich im Nationalrat einem Misstrauensvotum stellen.

Der Misstrauensantrag wurde eingereicht von der kleinen Oppositionspartei »Liste Jetzt«, die 2017 als linkspopulistische Gruppierung unter Führung des ehemaligen Grünen-Politikers Peter Pilz mit 4,4 Prozent erstmals ins Parlament einzog.

Die SPÖ und Kurz‘ bisheriger Koalitionspartner FPÖ erklärten, es sei nicht ausgeschlossen, dass sie bei dem Misstrauensantrag am Montag gegen Kurz stimmen. Damit droht dem 32-jährigen Wiener nach nur anderthalb Jahren das plötzliche Aus als Kanzler.

Da Sozialdemokraten und Freiheitliche eine parlamentarische Mehrheit haben, würde mit einem Misstrauensvotum Kurz vor den geplanten Neuwahlen im September sein Amt verlieren. Bundespräsident Alexander van der Bellen müsste dann für die Übergangszeit einen neuen Bundeskanzler vorschlagen und ernennen.

Noch gebe es keine Entscheidung zu diesem Thema, sagte ein FPÖ-Sprecher am Dienstag. Zuvor wurde berichtet, der bisherige Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) habe sich bereits festgelegt, dem Misstrauensantrag zuzustimmen. »Wer Vertrauen gibt, erhält Vertrauen. Wer Misstrauen gibt, kriegt Misstrauen«, sagte Kickl.

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner forderte am Montag, die gesamte Regierung müsse zurücktreten und gegen ein Übergangskabinett aus Experten ausgetauscht werden, also auch Kurz und seine ÖVP-Minister. Unterdessen stellten die Sozialdemokraten eine Reihe von Bedingungen, die Kurz bis Montag für ihr Vertrauen erfüllen solle.

Die liberale Oppositionspartei NEOS kündigte an, den Misstrauensantrag nicht zu unterstützen. »Es braucht jetzt eine Verantwortung gegenüber dem Land«, sagte deren Parteichefin Beate Meinl-Reisinger. »Die Menschen erwarten sich einen Weg aus dieser Krise und nicht Politiker, die Österreich noch mehr in eine Krise stürzen«, so weiter Meinl-Reisinger.

Unterdessen wurde bekannt, dass noch am heutigen Mittwoch die als Experten geltenden Spitzenbeamten Walter Pöltner (Inneres), Valerie Hackl (Verkehr), Johann Luif (Verteidigung) und Eckart Ratz (Soziales) die Ministerien übernehmen, die durch die Rücktritte und die Entlassung der FPÖ-Minister frei wurden. Die von der FPÖ aufgestellte, aber parteilose Karin Kneissl bleibt als Außenministerin im Amt.

Sollte Sebastian Kurz am Montag über ein Misstrauensvotum im Nationalrat abberufen werden, ist es aber möglich, dass er einige Monate später wieder als Kanzler zurückkehrt. In einer ersten Umfrage nach dem Ende der Koalition legt Kurz' ÖVP recht deutlich auf 38 Prozent zu, während die FPÖ auf 18 Prozent abstürzt.

Die SPÖ kann mit ihren 26 Prozent nicht von der Krise profitieren und verliert sogar leicht. Die liberale NEOS liegt bei 9 Prozent, die Grünen bei 5 Prozent und Liste Jetzt 2 Prozent. Letztere würde aktuell bei Neuwahlen an der Vier-Prozent-Hürde scheitern und traten auch darum mit ihrem Misstrauensantrag die Flucht nach vorne an.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: W.E. Mai

MEINUNGskommentar
Das in Rede stehende Skandal-Video wurde hies. Wissens div. Medien angeboten, die jedoch dankend ablehnten (warum wohl?). Spiegel und SZ nahmen erfreut an. Deren mutmaßlich pur eigeninteressegeleitete (grün-links gefärbte) Motivation, aus diesem ca. Sechs-Std.-Video lediglich die spektakuläre Sequenz zu veröffentlichen, passt dazu.
Dass von all den unsäglichen Redereien nichts in die Tat umgesetzt wurde, dürfte auch bekannt sein, nach dem das Video ja bereits nahezu zwei Jahre alt ist. Publiziert wird das jedoch nicht, könnte dies doch den Eklat nach einer gezielt geplanten/vorbereiteten Falle "relativieren".

Was Kanzler Kurz betrifft: Wer kann schon in seinen Kopf hineinsehen (kennt die Person so genau), um sein Verhalten im negativsten Sinne zu VERURTEILEN, ihn/seine Person abzuwerten (meinungstechn. bewerten selbstverständl. schon). Seriös bzw. objektiv sachlich ist das nicht und ähnelt damit der Parteilichkeit, mit der Politik und Medien (die neutral sein müssten) ihre Taktiken anwenden, um den polit, Gegner abzusägen, nicht ohne sich dabei selbst zu überhöhen. MACHTKALKÜL eben ...

Gravatar: Rita Kubier

@Anton 23.05.2019 - 07:58

Hallo Anton, ich stimme Ihnen nochmals voll zu. Es zeigt sich immer deutlicher, dass Kurz ein "falscher Fufziger" ist. Absolut enttäuschend, da ich bisher alle Hände auf ihn gehalten hatte. Aber das war offenbar falsch, wie sich jetzt herausstellt. Und die, meine, jetzige Beurteilung seiner politischen Person bzw. seines Verhaltens und Handelns kann Kurz nie mehr wieder rückgängig machen. Schade um ihn. Allerdings nun nicht mehr wirklich. Ich hoffe, dass er sich selbst ins Aus gebracht hat bzw. von den Wählern noch dahin gebracht wird. Sehr viel mehr bedauere ich, dass Kickl als Innenminister von Kurz ausgeschaltet wurde. Diese von und für Kurz unverzeiliche, hinterhältige und durch nichts zu rechtfertigende Entscheidung, bleibt für ihn für EWIG unverzeihlich und unentschuldbar!

Gravatar: Anton

@Rita Kubier, 22.05.19/18,34:

Liebe Rita, noch einmal vielen Dank für Ihre Reaktion,
ich freue mich, daß Sie meine Antwort nicht als Kritik,
im Gegenteil, als Ergänzung entgegennehmen und unsere
Meinungen wieder zusammenrücken!
Es ist interessant, wie schnell die Ereignisse verändern
können! Nachdem noch BK Kurz die schnelle Entfernung
des besten Innenministers Österreichs durchgezogen hat,
in dem er "die Behinderung der schnellen Aufklärung im
Zusammenhang mit dem Ibiza-Video durch Innenminister
Kickl"(???) angeführt hat, SIND GESTERN, ALSO IM
HANDUMDREHEN DIE DRAHTZIEHER BEREITS
ERMITTELT WORDEN, OHNE, DAß DAS INNENMINISTERIUM DAZU BEIGETRAGEN HÄTTE!!!
Das ist ein neuerlicher Beweis, wie BK Kurz diese Regierung selbst in die Auflösung brachte, damit er ohne
"Störfaktoren" seine eigentliche Absicht, die Mehrheit
total an sich zu reißen, mit denkwürdigen und absolut
abzulehnenden Entscheidungen vollführt hat.
Der narzisstische Kurz zeigt zunehmend sein wahres
Gesicht und es ist daher der Misstrauensantrag gegen ihn
eigentlich mehr staatsmännisch mehr gedacht, als diesen
abzulehnen!

Gravatar: germanix

DER FALL STRACHE IST AUFGEKLÄRT - so jedenfalls Martin Sellner auf YouTube

Zitat: "AUFGEDECKT: Drehten Iranischer Anwalt und vorbestrafter Betrüger das Video?"

Hier der Link dazu:

https://www.youtube.com/watch?v=kOu1hXjWkQo

Gravatar: Andreas Schulz

Kanzler Kurz ist kein Messias oder Engel. Kurz ist auch nur eine Marionette von Soros. Er will Grenzen schließen und vertritt gleichzeitig die UNHCR Umsiedlungspläne. Klickerts?

Gravatar: a

Sollte sie enden, kann sie im Herbst wieder neu beginnen. Wenn Frau Rendi-Wagner vernünftig ist, endet sie aber nicht. Die FPÖ hat sicher einen Zorn und wird das Misstrauensvotum unterstützen, das der seltsame bedeutungslose Pilzkopf JETZT angezettelt hat.

Gravatar: Freidenkende

Darüber sollte man einen Film drehen.

Gravatar: Wolfgang Brugger

Nach dem Rücktritt und der Selbstkritik Straches gab keinen Grund mehr, die Regierungskoalition platzen zu lassen. Seine hysterische Reaktion hat Kurz als absolut unfähig entlarvt und die Österreicher werden seine Opportunismus nicht honorieren. Die FPÖ wird die Stimmen der Wähler einsammeln, die sich weder gerne von deutschen Satirikern als Debile bezeichnen lassen, noch den deutschen Systemmedien einen derartigen Erfolg bei der Destabilisierung des Landes gönnen. Der Auftritt von Kurz wird kurz bleiben. Das Beste für Kurz wäre, erst mal in die Uni-Bibliothek zu gehen und fleißig zu lernen, um sein Jurastudium beenden und sein Examen nachholen zu können.

Gravatar: H.M.

Gott schütze Österreich!

Gravatar: Rita Kubier

@Anton 22.05.2019 - 15:47

Hallo Anton, daher hatte ich ja meinen ersten Satz: -
"Unbegreiflich, warum die FPÖ in der Wählergunst so abgestürzt sein soll?!" - auch als Frage mit Ausrufung gestellt, weil ich mir eigentlich auch denke, dass diese Zahl(en) mediale Behauptung(en) ist(sind) oder eben von "Meinungsforschern" (bewusst) in Umlauf gebracht wird, um die Wähler zu manipulieren oder zumindest zu verunsichern und weg von der FPÖ zu führen.
Die EU-Wahlergebnisse werden bereits einen gewissen Hinweis geben, wie es in Österreich zu Neuwahlen aussehen könnte.
Ansonsten stimme ich Ihnen voll zu. Wegen einer solchen "Affäre" von Strache, verliert oder ändert man sicher nicht die eigene konservativ-national eingstellte politische Auffassung bzw. Gesinnung.
Und dass Kurz sich jetzt sehr siegessicher gibt und meint, er habe keine Angst vor dem Damoklesschwert bzw. sehe keines über seinem Haupte schweben, das hört und sieht sich nicht sehr überzeugend an. Eher als eine Flucht nach vorn. Aber anders darf er sich jetzt seinen Wählern und dem Volk als BK nicht präsentieren. Sonst verliert er jede Glaubwürdigkeit. Das Vertrauen wird er sich aber wahrscheinlich bei vielen schon verspielt haben. Seinen ziemlich offensichtlich miesen politischen Schachzug, nehmen ihm bestimmt einige seiner bisherigen Anhänger übel.

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