Gastbeitrag von robert Royal

Ein Drittes Vatikanisches Konzil schrittweise?

Benedikt XVI. hat einmal davor gewarnt, dass wir zwischen dem Zweiten Vatikanum der Medien und dem tatsächlichen Zweiten Vatikanum der Konzilsväter unterscheiden müssen. Man kann die progressiven, meist antikatholischen Medien nicht daran hindern, das zu tun, was sie tun. Aber wenn es uns mit dem Synodenprozess wirklich ernst ist, sollten wir schon dafür sorgen, dass dies nicht die Synode der Medien, sondern die Synode des mystischen Leibes Christi, der Kirche, ist.

Zweites Vatikanisches Konzil/Bild: Vincentians
Veröffentlicht:
von

[Wir veröffentlichen einen Gastartikel von Robert Royal mit freundlicher Erlaubnis in eigener Übersetzung. Original hier zu finden.]

Unsere heutige Lesung stammt aus dem Buch von Benedikt XVI. (Ein Leben: Zweiter Band), in dem er dem Biographen Peter Seewald erzählt, was selbst in den großen Jahrzehnten des Papsttums von Johannes Paul II. oft geschah: »Immer wenn ich in den 1980er oder 1990er Jahren nach Deutschland kam, wusste ich die Fragen im Voraus. ...kannte ich die Fragen immer schon im Voraus. Es ging um die Frauenordination, Verhütung, Abtreibung und ähnliche Probleme, die immer wieder auftauchten.«

Manche Dinge ändern sich nie. Das beweist allein die deutsche Synode, aber das Phänomen reicht inzwischen weit über Deutschland hinaus. Benedikts eigene Größe zeigt sich darin, dass er sich weigert, die Situation einfach hinzunehmen: »Wenn wir uns in diese Diskussionen verwickeln lassen, dann fixiert sich die Kirche auf ein paar wenige Regeln oder Verbote. Wir stehen da wie Moralisten mit ein paar altmodischen Ansichten, und die wahre Größe des Glaubens kommt gar nicht zum Vorschein.«

Worte, die es wert sind, im Hinterkopf behalten zu werden, nachdem Papst Franziskus angekündigt hat, die Synode über die Synodalität um ein weiteres Jahr zu verlängern: »Die Früchte des laufenden synodalen Prozesses sind zahlreich, aber damit sie zur vollen Reife gelangen, ist es notwendig, nichts zu überstürzen.« Der Prozess sollte im Oktober 2023 mit einem einmonatigen Treffen der Bischöfe in Rom seinen Höhepunkt erreichen. Nun wird es im Oktober 2024 ein zweites Treffen der Bischöfe geben.

Und wer weiß? Da sich dieser ganze »Prozess« nur sehr langsam in Richtung »volle Reife« entwickelt, könnte es sein, dass noch mehr Zeit auf das verwendet wird, was sich zu einer Art Stückwerk des Dritten Vatikanums zu entwickeln scheint.

Es ist schwer zu sagen, was das zusätzliche Jahr in diesem Prozess bringen wird. Wir haben bereits gesehen, dass die Fixierung auf dieselben alten Fragen, die Benedikt vor 30 Jahren identifiziert hat - Frauenordination, Empfängnisverhütung, Abtreibung und jetzt Homosexualität - die alle vor langer Zeit durch die katholische Tradition und die päpstliche Autorität geregelt wurden, jetzt sehr präsent sind, da die Kirche angeblich auf die Stimmen der »Gläubigen« »hört«.

Es liegt in der Natur der Sache, dass die leidenschaftlichsten Aktivisten immer dann auftauchen, wenn sich eine solche Gelegenheit bietet - in weltlichen Angelegenheiten ebenso wie in der Kirche. Und sie tauchen immer wieder auf, lange nachdem die traditionellen Teilnehmer nach Hause gegangen sind, um sich um ihre Jobs, ihre Familien und ihre Gemeinden zu kümmern - die Orte, an denen das konkrete tägliche Leben einen Sinn hat, nicht die politischen/kirchlichen Kreuzzüge.

Aber da wir nun ein weiteres Jahr für den »Prozess« haben, möchte Rom vielleicht ein paar Dinge bedenken, falls dort jemand wirklich zuhört:

»Benedikt XVI. hat einmal davor gewarnt, dass wir zwischen dem Zweiten Vatikanum der Medien und dem tatsächlichen Zweiten Vatikanum der Konzilsväter unterscheiden müssen. Man kann die progressiven, meist antikatholischen Medien nicht daran hindern, das zu tun, was sie tun. Aber wenn es uns mit dem Synodenprozess wirklich ernst ist, sollten wir schon dafür sorgen, dass dies nicht die Synode der Medien, sondern die Synode des mystischen Leibes Christi, der Kirche, ist. Wie also kommuniziert man mit den Gläubigen trotz Medien, die den extremsten Stimmen in der Kirche als Megaphon dienen?«

Darüber hinaus ist die Kirche in dieser Zeit weltweiter Irrationalität, Hysterie und Unordnung dazu aufgerufen, der beständige Erwachsene im Raum zu sein. Bitte lassen Sie die pubertäre 70er-Jahre-Kunst in den Synodenmaterialien weg, die wie eine Anbiederung an die Unreifen aller Altersgruppen aussieht.

Wenn wir es nicht eilig haben, sollten wir uns langsam in die wirklichen Krisen des heutigen Glaubens vertiefen, die nicht das heißeste Thema auf Twitter sind, sondern der grundlegende geistliche Kampf, der im Herzen des Christentums liegt.

Nehmen wir Benedikts Warnung auf, dass inmitten der medialen Verzerrungen »die wahre Größe des Glaubens gar nicht zum Vorschein kommt«. Es ist oft gesagt worden, aber es lohnt sich, es immer wieder zu wiederholen, dass in einer Zeit wie der unseren die horizontale Botschaft des Evangeliums – liebe deinen Nächsten – ständig betont wird, besonders in politischer Hinsicht. Aber das Kreuz erinnert uns auch daran, dass die vertikale Dimension - Gott ganz und gar zu lieben - die Grundlage für die horizontale Dimension ist. Ohne die transzendente Dimension wird unsere Nächstenliebe nur eine weitere moderne Suche nach Utopie sein, die in den Untiefen der menschlichen Natur Schiffbruch erleiden wird.

Die Wiedererlangung dieser vertikalen Dimension ist die wichtigste Herausforderung für die Kirche heute. Unsere Wissenschaften und Technologien haben uns immense materielle Vorteile verschafft. Zugleich haben sie viele Menschen in eine Art atheistischen Materialismus geführt.

Die Kirche verfügt über verschiedene Praktiken des Gebets, der Spiritualität, der Askese und der Kontemplation, die reicher sind als jede andere religiöse Tradition. Die Welt - und nicht nur die Kirche - ist verarmt und leidet unter dem Verlust einer Dimension, die uns alle zu einem vollständigeren Menschsein führt. Hat irgendjemand, der am synodalen Prozess beteiligt ist, die Notwendigkeit ernst genommen, diese katholischen Praktiken wiederzugewinnen und zu lehren, bevor wir uns hinsetzen, um Menschen zuzuhören, die selbst noch nie davon gehört haben?

Letztlich ist die Kirche nicht nur dazu da, das Evangelium zu predigen, sondern die Welt zu Christus zu bekehren. Zuzuhören, was die Menschen zu sagen haben, kann beim Wie der Verkündigung helfen. Aber wenn die Menschen bereits den Schlüssel zum Heil hätten, wäre die Existenz der Kirche letztlich überflüssig.

Der Erwachsene im Raum muss von der Wahrheit und Dringlichkeit der Botschaft überzeugt sein. Und er muss den Mut und die Weisheit haben, diese Botschaft zu verkünden, wohl wissend, dass keine noch so große Anzahl von PR-Beratern, keine noch so große Menschenfreundlichkeit und kein noch so großer Dialog die unvermeidliche Gegenreaktion abwenden kann. Wir wissen es von höchster Stelle: »Denkt an mein Wort, das ich zu euch gesagt habe: Der Knecht ist nicht größer als sein Herr. Wenn sie mich verfolgt haben, werden sie auch euch verfolgen.« (Joh. 15:20)

Das zusätzliche Jahr könnte also eine Chance für größere Reife sein. Nach den bisherigen Ergebnissen zu urteilen, stehen die Chancen dafür sehr schlecht. Aber wir wissen auch aus sicherer Quelle, dass bei Gott nichts unmöglich ist.

Ihnen hat der Artikel gefallen? Bitte
unterstützen Sie mit einer Spende unsere
unabhängige Berichterstattung.

Abonnieren Sie jetzt hier unseren Newsletter: Newsletter

Kommentare zum Artikel

Bitte beachten Sie beim Verfassen eines Kommentars die Regeln höflicher Kommunikation.

Gravatar: Gast

Die Medien sind nicht "antikatholisch", sondern im Gegenteil, voll auf Linie des Vatikans.
Sie sind antichristlich im Sinne der Reformation, das stimmt schon und damit antibiblisch.

Gravatar: Hajo

Die progressiven, meist antikatholischen Kräfte sind schon lange da, das wurde schon vorsichtig in der Renaissance angetestet und folgte verstärkt in der Zeit der Aufklärung während der französischen Revolution und erreichte seinen Höhepunkt mit Nietzsches Ausspruch, Gott ist tot und wurde dann ersetzt durch die Wissenschaft, die eifrig dabei war alles über die sogenannte Erkenntnis zu wiederlegen, was bei Kant seinen Höhepunkt erreichte und dennoch nur Methapher ist, weil nur Annahme und keine Beweisführung möglich ist, warum der Weltenlauf so erfolgt.

Die neuen Atheisten haben sich unter der roten und grünen Fahne versammelt und sind gerade dabei die zweitausendjährige Festung Vatikan zu stürmen und selbst die Protestanten haben nichts dagegen, betrachten sie doch die katholische Kirche seit 500 Jahren als überholt und mit diesem Zwiespalt können sie anscheinend ganz gut leben, obwohl sie dabei den Spagat betreiben müssen, zwischen göttlicher Ordnung und menschlicher Begründung, die eindeutig im Nachteil ist, weil der letzte Beweis nicht erbracht werden kann, wer nun das ganze wirklich steuert.

Die Auswirkungen, die dabei entstehen sind derzeit fundamentalster Art und Papst Benedikt war vermutlich diesen Ereignissen nicht mehr gewachsen und hat sich zurück gezogen in seiner großen Verzweiflung und die Gottlosen haben dann über Intrigen einen genehmeren Ponitfex einsetzen lassen um die letzte Festung des Glaubens zu schleifen, was aber nicht sicher ist, daß es so kommt, denn es gibt ja die Möglichkeit des erneuten Schismas, mal ganz von dem abgesehen, daß der Glaube generell nicht zu tilgen ist und immer wieder aufersteht, auch wenn eine große Institution schwer beschädigt wird, kommen neue Formen erneut hervor und spätestens wenn die Leute am Stock gehen, sind die Kirchen wieder voll und das wäre dann der Beweis, daß Gott eben nicht tot ist, aber vielleicht die anderen, die seine Existenz anzweifeln wollen.

Gravatar: Patrickfeldmann

Die Richtung des Kommentars zu Benedikts noch tiefer gehenden Überlegungen ist richtig.

Was unsere Zeit braucht ist Gottesdienst!
Die Tatsache, dass Gott Mensch geworden ist, heißt eben nicht, dass der Mensch nun Gott ist! Und es heißt auch nicht, dass Menschendienst Gottesdienst ist!

Schreiben Sie einen Kommentar


(erforderlich)

Zum Anfang