Interview mit Bischof Antonio Suetta

Der Lebensschutz wird mit Meloni in Italien triumphieren

»Melonis Wahl hat den Sinn unserer Gesellschaft für die christliche-humanistische Geschichte verdeutlicht,« erklärt Mons. Suetta aus der italienischen Diözese Ventimiglia-Sanremo.

Bischof Antonio Suetta/Bild: La Verita
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Antonio Suetta, Bischof von Ventimiglia-Sanremo, ist in Italien für seine beeindruckende pastorale Tätigkeit und sein Engagement für den Schutz des Lebens und der Familie bekannt. Im Jahr 2021 sandte er eine starke Botschaft an den von Virginia Coda Nunziante organisierten Marsch für das Leben; und in einer Botschaft an seine Diözese kurz vor den Wahlen 2022 wies er auf die Art und Weise hin, in der einige Wahlinitiativen mit der katholischen Lehre und der Kirche in Konflikt stehen, »zum Beispiel aufgrund der Unterstützung der Gender-Ideologie, der Beihilfe zum Suizid oder der Euthanasie und der sogenannten Anerkennung der sexuellen und reproduktiven Rechte der Frau.«

[Wir bringen eine Übersetzung seines Interviews mit Voice oft he Family. Das Original ist hier zu finden.]

MAZZA: Eure Exzellenz, die Abstimmung vom 25. September scheint ein neues und anderes Italien zu zeigen. Es gibt Gewinner und Verlierer. Die Wähler haben eine klare Entscheidung getroffen, die der Auftakt zu einer Zeit der Stabilität sein könnte. Was können wir - hoffentlich über die Krise oder die Krisen hinaus - von der neuen Regierung erwarten, zwischen den Notlagen, die es zu bewältigen gilt, und einer Zukunft, die es zu gestalten gilt?

MONS SUETTA: Zunächst einmal eine stabile Regierung, die das Land durch die komplizierten und gefährlichen Situationen führen kann, die für diese Zeit kritisch sind - der Ausstieg aus der Pandemie, die drohenden Kriegsrisiken mit ihren Auswirkungen auf die Wirtschaft und die soziale Stabilität, Inflation und Rezession. Die neue politische Ordnung hat auch die große und ernste Verantwortung, den Nationalen Plan für Wiederaufbau und Widerstandsfähigkeit umzusetzen, indem sie die Entwicklung, die Gerechtigkeit, den sozialen Frieden, die Modernisierung des Staates in Bezug auf die Infrastruktur und die Wiederbelebung der Industrie, die Beschäftigung, die Reform der Bürokratie und der Justiz als unabdingbare Voraussetzungen für das, woran ich gerade erinnert habe, fördert.

MAZZA: Wie bewerten Sie als Bischof die politische Figur und die Entscheidungen - die angekündigten und die bisher umgesetzten - von Giorgia Meloni? Und wie erklärt ein Seelsorger den großen Erfolg der Partei »Brüder in Italien«?

MONS SUETTA: Was mich interessiert und mir Vertrauen einflößt, betrifft nicht so sehr die vielen aktuellen Fragen, die konkrete Aufmerksamkeit erfordern, die natürlich an die Regeln der verschiedenen Tätigkeitsbereiche, an die Eventualitäten, an die internationalen Beziehungen und an die überkommenen Entscheidungen und Situationen gebunden sind. Es ist auch nicht meine Aufgabe, mich mit diesen Aspekten zu befassen. Vielmehr bin ich zufrieden, dass das Votum des Volkes eine charakteristische Sensibilität unseres Volkes und unserer Geschichte zum Ausdruck gebracht hat, die von einer christlich-humanistischen Tradition geprägt ist und daher unvereinbar ist mit den Übertreibungen der linken Kultur, die sich immer mehr von den wirklichen Problemen und Bedürfnissen der Menschen entfernt hat, um - auch mit einer gewissen politischen und werbetechnischen Gewalt - sehr gefährliche Ideologien zu fördern, die sich zwar geschickt hinter der Verteidigung angeblicher Menschenrechte verstecken, in Wirklichkeit aber zutiefst unmenschlich und Vorboten einer höchst negativen Situation mit schlechten Folgen für die Zukunft der Gesellschaft sind. Die verschiedenen Bewegungen der Linken - selbst die gemäßigteren und die, die sich auf die katholische Welt berufen - sind auf gefährliche Weise von jener Diktatur des ethischen Relativismus befleckt, von der Benedikt XVI. spricht, die heute durch die so genannte politische Korrektheit um sich greift und die leider das vorherrschende (manchmal ausschließliche) Kriterium der großen Institutionen wie des Europäischen Parlaments darstellt. Aus diesem Grund interpretiere ich den Erfolg der Partei der Brüder Italiens und ihrer politischen Koalition nicht in erster Linie als Ergebnis einer Protestwahl oder der Logik der Abwechslung, sondern vielmehr - und das hoffe ich wirklich - als ein Erwachen einer authentischen politischen Zivilisation, die in der Lage ist, die großartige Tradition unseres Volkes wiederzuentdecken und neu zu beleben und vor allem in der Familie und in den Schulen eine immer notwendiger werdende Fähigkeit zur Besonnenheit in Bezug auf die authentischen Werte zu fördern, auf denen das Leben des Menschen und der Gesellschaft beruhen soll.

MAZZA: Verallgemeinerungen sollten vermieden werden. Aber manchmal hat man von katholischer Seite - Pfarrer, Medien, Bewegungen - den Eindruck, dass es nicht immer gerecht zugeht. Es scheint, dass es keine Gelassenheit in der Haltung gegenüber der Rechten gibt, nicht nur in Italien, trotz ihrer Positionen im Einklang mit dem Lehramt und dem Naturrecht. Man hat den Eindruck, als würde man den ausgesprochen weltlichen Kräften mehr Beachtung schenken.

MONS SUETTA: Das stimmt; leider ist das der Eindruck, den man bekommt, und ich glaube, es ist manchmal auch die Wahrheit. Ich glaube, dass dies vor allem von zwei Faktoren abhängt: einem erheblichen Mangel an Kenntnissen und Bildung in der christlichen Lehre und in der Geschichte - vor allem bei der Suche nach den philosophischen und ideologischen Prämissen, die ihren Verlauf bestimmen - und sogar einer Art Ängstlichkeit angesichts der Allgegenwärtigkeit von Modellen, die der christlichen Vision absolut entgegengesetzt sind, was dazu führt, dass man sich auf einen Weg des missverstandenen Dialogs und der augenzwinkernden Toleranz begibt; dies führt schließlich zu gefährlichen Kontaminationen in dem ziemlich nutzlosen Bemühen, Teil der Szene zu bleiben. Die Ergebnisse einer solchen Strategie zeigen nämlich immer wieder, wie wahr die Aussage des Evangeliums ist: »Wenn das Salz seinen Geschmack verliert, taugt es zu nichts mehr, als dass es von den Menschen ausgestoßen und zertreten wird« (vgl. Mt 5,13). Die Welt mit ihrer Logik begrüßt solche Ansätze, solange sie davon profitieren kann oder solange sie ihren Lauf nicht stört, aber sie missachtet oder bekämpft die christliche Botschaft, wenn sie sie für unvereinbar oder aufdringlich hält. Das Kriterium »in der Welt, aber nicht von der Welt« bleibt immer erhellend und angemessen. Ich glaube, dass die katholische Tradition ihre Originalität - leuchtend und immer relevant - wiederentdecken und unter Beweis stellen und eine Art Minderwertigkeitskomplex gegenüber den Ansprüchen des allgegenwärtigen Narrativs der Linken überwinden muss, die behauptet, sie sei im alleinigen Besitz von Kultur, Fortschritt und Ethik.

MAZZA: Was können wir von einer Politik, die heute die parlamentarische Mehrheit stellt, auf dem äußerst heiklen Terrain der ethischen Fragen erwarten?

MONS SUETTA: Wir sollten uns immer vor Augen halten, dass Politik die Kunst des möglichen Guten ist. Ich hoffe, dass ein erneuertes politisches Handeln bei der komplexen Verwaltung der vielfältigen institutionellen und sozialen Bereiche die Entwicklung der Grundlagen unserer italienischen und europäischen Zivilisation fördern und ermöglichen kann, indem es die Tendenz zur bedingungslosen Kapitulation vor den Nicht-Prinzipien des Relativismus aufhält. In seinem Buch A Turning Point for Europe? Die Kirche in der modernen Welt schreibt Joseph Ratzinger:

»Wer könnte die wachsende Tendenz zum Nihilismus seitens des Relativismus ignorieren, dem wir heute alle ausgesetzt sind? Es stellt sich also die dringende Frage: Mit welchen Inhalten können wir das intellektuelle Vakuum ausfüllen, das nach dem Scheitern des marxistischen Experiments entstanden ist? Auf welchen intellektuellen Grundlagen können wir eine gemeinsame Zukunft aufbauen, in der Ost und West in einer neuen Einheit verbunden sind, in der aber auch Nord und Süd einen gemeinsamen Weg finden?«

MAZZA: Gibt es angesichts der Hegemonie des »Gruppendenkens«, das in Europa vorherrscht, noch die konkrete Möglichkeit einer Korrektur, eines Umdenkens? Wenn heute eine nationale Regierung eine andere Position vertritt, wird sie von Brüssel gescholten und verurteilt ...

MONS SUETTA: Theologisch würde ich absolut mit Ja antworten, denn das Gute und die Wahrheit sind von Natur aus diffus und von solidem, authentischem Wert; und im Gegensatz zum Bösen und zum Irrtum, die in der gewaltsamen Dynamik, mit der sie sich durchzusetzen versuchen, zu überwiegen scheinen, schlagen sie geduldig Wurzeln im Herzen des Menschen und tragen dann hervorragende Früchte. Ich möchte auch hinzufügen, dass Einigkeit Stärke bedeutet ... und heute sind hier und da einige vielversprechende Risse in der schamlosen Zurschaustellung des »Gruppendenkens« zu sehen, das zur Beherrschung der Welt vorgeschlagen wird.

MAZZA: Ohne die Unterscheidung zwischen Politik und Religion verletzen zu wollen, könnte die Kirche nicht mehr und besser in dem Missionsgebiet tun, zu dem Europa geworden ist? Manchmal hat man den Eindruck, dass Angst und Zaghaftigkeit vorherrschen oder dass die gewählten Themen von den Prinzipien, die Papst Benedikt XVI. als »nicht verhandelbar« bezeichnet hat, weit entfernt sind.

MONS SUETTA: Die Kirche ist dazu berufen, das Evangelium Jesu mit Wort und Zeugnis zu verkünden, das wahre - irdische und vor allem ewige - Gut im Leben der Menschen zu fördern und jede Entgleisung auf der Ebene der Lehre und des Verhaltens anzuprangern: das ist ihre Aufgabe. Die Kirche stellt sich der Welt nicht als eine der vielen Institutionen oder Einrichtungen vor, sondern bietet als Mutter, Lehrerin und Wegbegleiterin ihre kostbarsten Schätze an: die göttliche Offenbarung, die Sakramente, das Gebet, die Heiligkeit und die Liebe ihrer Kinder. Die Kirche weiß, dass ihr Kampf »nicht gegen Fleisch und Blut, sondern gegen Fürstentümer und Gewalten, gegen die Herrscher der Welt dieser Finsternis, gegen die Geister der Bosheit in der Höhe« (Eph 6,12) gerichtet ist, und sie weiß daher, dass sie ihn nicht einfach mit weltlichen Mitteln führen kann. Im selben Brief an die Epheser bittet der Apostel Paulus für sich selbst, was auch ich heute für mein Amt als Bischof erbitte und für die Kirche erflehe: »Und bittet für mich, dass mir Rede gegeben werde, damit ich meinen Mund mit Zuversicht auftue, um das Geheimnis des Evangeliums zu verkünden, für das ich ein Botschafter in Ketten bin, damit ich darin kühn reden kann, wie es mir gebührt« (6,19).

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