Acht Alternativen zum EU-Austritt im Unterhaus ohne Mehrheit

Britisches Parlament beim Brexit-Verfahren gegen alles

Das britische Unterhaus stimmte zu acht Alternativen zum abgelehnten May-EU-Deal ab. Vom ungeregelten Deal über zweites Referendum bis EU-Verbleib wurde alles abgelehnt. Premierministerin May bot ihren Rücktritt an, falls man im dritten Anlauf dem Deal zustimme.

Quelle: European Commission
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In London trat das Parlament zusammen, um darüber zu beraten, wie es mit dem EU-Austritt weitergehen soll. Die britische Premierministerin Theresa May deutete dabei im Unterhaus ihre Bereitschaft an, sich für einen »geordneten Brexit« im Sinne ihres mit der EU ausgehandelten Deals früher als gedacht als Regierungschefin zurückzuziehen. Sie werde ihren Job aufgeben, wenn ihr Deal angenommen werde, sagte sie. Einige Abgeordnete der eigenen Partei signalisierten im Vorfeld, sie könnten sich eine Zustimmung vorstellen, wenn sie dann zurücktritt.

Die nordirische Partei DUP, auf deren Stimmen Mays konservative Minderheitsregierung angewiesen ist, erklärte jedoch bereits, sie will der Regierungschefin auch weiterhin die Gefolgschaft bei einer erneuten Abstimmung über den Deal verweigern. Ob es aber überhaupt zu einer dritten Abstimmung über den Deal kommen kann, ist zugleich unklar. John Bercow als Sprecher des Parlaments erklärte abermals, die traditionellen Regeln ließen keine erneute Abstimmung über eine unveränderte Vorlage zu.

Bei der Sitzung des Unterhauses stellte Parlamentspräsident Bercow insgesamt acht Brexit-Verfahrensweisen zur Abstimmung, die von den Abgeordneten eingebracht waren. Die jeweiligen Voten waren für die Regierung aber von vornherein nicht bindend, sondern nur eine Empfehlung. Die Abgeordneten mussten sich auch nicht für eines entscheiden, sondern durften mehrere Präferenzen abgeben. Alle acht Vorschläge wurden von den Abgeordneten abgelehnt, jedoch in unterschiedlicher Intensität.

In aller Kürze zusammengefasst ging es bei den sogenannten »indicative votes« um folgende Szenarien:
No Deal: Ablehnung 400:160 Stimmen
Europäischer Binnenmarkt 2.0: Ablehnung 283:188 Stimmen
Eintritt in die EFTA, verbunden mit Wirtschaftsgemeinschaft: Ablehnung 377:65 Stimmen Zollunion: Ablehnung 272:264 Stimmen
Labour's Brexit-Plan: Ablehnung 307:237 Stimmen
Rückzug vom Brexit: Ablehnung 293:184 Stimmen
Zweites Referendum: Ablehnung 295:268 Stimmen
Zwei Jahre Verbleib Übergangszeit: Ablehnung 422:139 Stimmen

Am engsten waren die Abstimmungen beim Verbleib in der Zollunion und für ein zweites Referendum, die mit 264 bzw. 268 mehr Stimmen bekamen als May zuletzt mit 242 Ja-Stimmen für ihren Deal. Die größte Ablehnung gab es für No Deal und für eine zweijährige Übergangszeit mit weiteren Verhandlungen.

Unterdessen hat eine Petition für ein zweites Referendum bereits sechs Millionen Unterschriften erreicht, was über 13 Prozent der wahlberechtigten Bevölkerung in Großbritannien entspricht. Mit dieser muss sich das Parlament demnächst beschäftigen. Ebenso wie mit einer Petition von über einer Million Menschen, die einen sofortigen Austritt ohne Deal verlangen. Das Quorum für eine im Parlament aufzurufende Petition liegt bei 100.000.

Ursprünglich sollte Großbritannien diesen Freitag die EU verlassen, doch Brüssel bot London eine Verschiebung des Brexits bis zum 22. Mai an. Bedingung dafür ist, dass das Unterhaus dem Austrittsvertrag noch in dieser Woche zustimmt. Andernfalls gilt die Verlängerung nur bis zum 12. April. In dem Fall soll London der EU vor diesem Termin sagen, wie es weitergehen soll, weil bei einem Termin darüber hinaus, die Briten an der Europawahl Ende Mai teilnehmen müssten. Der 12. April ist Stichtag um letzteres noch mit Kandidatenaufstellung und Vorbereitung binnen von sechs Wochen zu ermöglichen.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Schnully

Liegt das an Pfefferminzsauce und dem Geschmack der Briten oder an den Eurokraten ? Das England für alles was die EU betrifft einen Extrabonus für sich beanspruchte und bekam , zeigt uns nur das anderen EU Ländern arme Würstchen sind die sich erpressen lassen .Ob Griechenland England Frankreich oder Italien ,Deutschland zahlt den Ausgleich und Scholz kündigt bereits eine große EU Beitragserhöhung an . Ich kann mir kaum vorstellen das es in Italien oder Griechenland Umweltfahrverbote oder Mülltrennung wie bei uns gibt auch Kraftwerke spielen dort keine Rolle . Der deutsche Umweltschutz nebst Kosten für die Bürger vergisst das wir alle die selbe Luft atmen die deutschen teure und andere Länder billigere

Gravatar: Theo

Interessant:

Jetzt werden von Frauen- Kommentatoren in der Presse bereits die ersten Artikel lanciert, dass sich die Frau May nicht in der Männerwelt der Politiker gegen die Männer durchsetzen konnte.

Dabei ist die Hauptprotagonist/IN und Auftraggeberin von Selmayr und Juncker eine Frau aus Berlin, die das Zeitgeschenen der EU in den letzten 15 Jahren zu dem Tiefpunkt hingeführt hat, in der sich der unsägliche, gesättigte Korruptionssumpf von EU-Kommission, EZB und EU-Rat befinden.

Frauen haben die EU inzwischen so an den Rand des Zusammenbruchs (mit)geführt, dass jetzt eine Art Geschlechterkampflinie in der Legendenbildung aufgebaut wird.

Gravatar: Hans von Atzigen

Die Häme der zumindest in der aktuellen Gestalt,
EU-Gläubigen zum Brexitchaos, könnte auch nach hinten losgehen. Selbst wenn die Briten in einem 2 Referendum für einen verbleib in der EU votieren sollten, ist das mit der EU NICHT in trokenen Tüchern.
Das gleiche Chaos ist auf Europäischer Ebene zu erwarten wenn es um eine Revorm oder einen zumindest Teilrückbau der EU geht.
So wie gehabt kann und wird das in Sache EU nicht weitergehen, die steckt im Sumpf, da geht es weder vorwärts noch rückwärts.
Der grosse Knakpunkt ist die Wirtschaftsentwicklung,
in der Sache hat die EU nur eine Antwort, das ist die Geldpumpe der EZB. Wenn die EU in DER alles entscheidenden Frage keine real wirkende Antwort findet dann wars das mit Imperium EU.
Das Brexit-Chaos kann durchaus eine unfreiwillige ,,Plaupause,, für ein absehbares EU-Chaos werden.
Die Britischen Parlamentarier können ja schlecht einfach aus dem Parlament schleichen, einfach abhauen.Bei einem vergleichbaren Chaos in EU-Brüssel ginge das.
Die Abgeordneten haben ja auch noch ihren Heimatstaat.
Imperien auch Möchtegern-Imperien wurden kaum je geoerdnet aufgelöst, die fallen einfach aus der Geschichte. Letztes Beispiel der rote Ostblock, der Kern dieses Imperiums, die UDSSR gleich mit.

Gravatar: Marc Hofmann

Der 29. März steht als Austrittsdatum. Weder der 12. April noch ein Tag im Mai wird es sein!
Die Frist läuft am 29. März aus. PUNKT!
Nach dem 29. März wird das englische Parlament wieder selbst über seine Politik bestimmen...und nicht die EU! Somit wird es nach dem 29. März weiter Gespräche mit der EU um ein Wirtschaftsabkommen geben...ein Wirtschaftsabkommen OHNE POLITISCHEN EINFLUSS DER EU auf England.
Das jetztig Abkommen, was die EU für England vorsieht hält England weiter in der Politischen Knechtschaft der EU...darum wird es auch ABGELEHNT.
Ist das denn so schwer zu bergreifen???!

Gravatar: Ekkehardt Fritz Beyer

... „Premierministerin May bot ihren Rücktritt an, falls man im dritten Anlauf dem Deal zustimme.“ ...

Auch wenn die Briten m. E. keinesfalls so irrational sind, wie ihnen aus BuB (Brüssel und Berlin) vorgeworfen wird, denke ich, dass dieses May sich trotzdem sicher ist:

„Mit Speck fängt man Mäuse“!!!

Da ich an der Resi – wenn überhaupt – allerdings nur sehr „mageren Speck“ erkennen kann:

Welcher britische Abgeordnete und wer aus dem Volk will schon hungern???

Waren es nicht auch diese Insulaner, welche sicherlich besonders deshalb von Anfang an erkannten, dass der Euro ein völlig „fehlgeleitetes Projekt“ ist - und ihn wohl auch deshalb ablehnten???
https://philosophia-perennis.com/2019/03/28/euro-ein-fehlgeleitetes-politisches-projekt/

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