Gastbeitrag von robert Royal

Benedikt XVI.: Eine Würdigung

»Benedictus qui venit in nomine Domini.«

Benedikt XVI Pfingstmesse im Petersdom/Bild: Vatican Media
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[Wir veröffentlichen einen Gastartikel von Robert Royal* mit freundlicher Erlaubnis in eigener Übersetzung. Original hier zu finden.]

Aufgrund seines fortgeschrittenen Alters und der Mitteilungen des Vatikans haben wir erwartet, dass Benedikt XVI. kurz vor seinem Eintritt in die Ewigkeit steht. Aber wie immer, wenn jemand stirbt - ganz zu schweigen von einem geliebten Lehrer, Gelehrten, Seelsorger und Papst - ist der Tag, an dem er tatsächlich eintritt, ein Schock. Und verändert die Dinge für immer.

Joseph Ratzinger hat einen so großen Beitrag für die Kirche und die Welt geleistet, dass sein Name und sein Vermächtnis nun in das große kulturelle Erbe des katholischen Glaubens eingehen werden, ständiger Stoff zum Nachdenken über zahlreiche Dinge, menschliche und göttliche.

Es gab große öffentliche Momente in seinem Leben, die für die letzten Jahrzehnte von großer Bedeutung waren. So wurde ihm von manchen Seiten vorgeworfen, er sei im Zweiten Vatikanischen Konzil fortschrittlich gewesen, während der Studentenproteste der 1960er Jahre aber auf die »dunkle Seite« übergewechselt. Eine ernsthafte Prüfung der Fakten (z. B. Peter Seewalds Benedikt XVI.: Ein Leben) zeigt, dass dies schlichtweg falsch ist.

Ratzingers Denken bewegte sich ruhig, gelassen, konsequent in einer Tiefe, die durch gesellschaftliche Unruhen nicht grundlegend verändert wurde. Allein seine große Standhaftigkeit war ein geschätzter Bezugspunkt, den wir schmerzlich vermissen werden.

Seine radikalen Studenten respektierten - und lobten - ihn dafür, selbst als er die Grenzen des Dialogs mit einer bestimmten Art von Radikalen in der Akademie, der Kirche und der Welt im Allgemeinen erkannte. Diese Einsicht kam ihm zugute, als er sich als Bischof und späterer Leiter der Glaubenskongregation mit Dissidenten, Bewegungen wie der Befreiungstheologie und dem, was er später als »das [Zweite Vatikanische] Konzil der Medien« bezeichnen sollte, auseinandersetzen musste, das ganz anders war als das, das er und der junge Karol Wojtyla mitgestaltet hatten.

Für mich brachte eine persönliche Begegnung einen Großteil seines Lebens und Denkens auf den Punkt. Ich wurde gebeten, eine Geschichte der Schweizergarde für ihr 500-jähriges Jubiläum zu schreiben, und gab ihm am 6. Mai 2006 ein Exemplar von Die Armee des Papstes. Es war eine Menschenmenge um uns herum, aber er nahm das Buch in die Hand, streichelte es fast wie ein Buchliebhaber, begann darin zu blättern, um sich bestimmte Kapitel anzusehen, und sagte: »Das ist wunderbar, jetzt kann ich über diese Wachen lesen, die mich beschützen.«

Übrigens, auch wenn wir noch mehr über seinen Rücktritt wissen müssen, sagten mir die Schweizergardisten damals, dass er unter anderem körperlich so erschöpft war, dass es schmerzhaft war, ihn zu sehen.

Ich habe immer gedacht, dass die Annahme des Namens Benedikt - einer von sechzehn dieses Namens - ein Zeichen für viele Dinge war, an die er sein ganzes Leben lang glaubte. Benedictus, »gesegnet«, um sicher zu sein, dass er als derjenige geboren wurde, der er war, und dass er ein langes Leben hatte. Benediktus, im Sinne der Kontinuität mit Benedikt XV., der sich fast ein Jahrhundert zuvor mit dem Ersten Weltkrieg und seinen Folgen auf der ganzen Welt befasste. Aber schließlich war Benediktus auch als Papst - trotz seiner großen Gelehrsamkeit - nur ein einfacher Christ in der langen Reihe, die bis zu Jesus selbst zurückreicht.

*Robert Royal ist Chefredakteur von The Catholic Thing und Präsident des Faith & Reason Institute in Washington, D.C. Seine jüngsten Bücher sind Columbus and the Crisis of the West und A Deeper Vision: Die katholische intellektuelle Tradition im zwanzigsten Jahrhundert.

 

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Gravatar: Aufbruch

Mit Papst Benedikt ist wirklich ein ganz großartiger Mensch Geistlicher und Gelehrter von uns gegangen. Für die Kirche und die gesamte Menschheit ein herber Verlust. Benedikt hat es verstanden, sich dem Bestreben des Mainstreams entgegen zu stellen, die Kirche für seine Zwecke zu instrumentalisieren. Für Benedikt war die Kirche eine Institution Gottes zum Wohle der Menschheit und kein verweltlichter Wohlfahrtsverein. Benedikt war dem Mainstream ein Dorn im Auge.

Benedikt wurde vom Mainstream verfolgt. Da dieser dem Geist Benedikts nichts entgegen zu setzen hatte, wurde er wie weiland Stephanus gesteinigt. Zwar nicht physisch, sondern psychisch. Die „Steine“, die hier geworfen wurden, erzielten die gleiche Wirkung. Der Papst wurde vernichtet. Benedikt ist also mit seinem Bekennermut ein Märtyrer der Neuzeit. Gott möge ihm dem Lohn im Himmel geben.

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