Letzte Woche hat das Wall Street Journal interne Untersuchungen von Facebook veröffentlicht, die zeigen, dass das Social-Media-Unternehmen genau weiß, wie giftig sein eigenes Produkt für die Menschen ist, die es nutzen. Aber heute Abend haben wir erfahren, wie das Journal an diese Dokumente gekommen ist: Eine Whistleblowerin namens Frances Haugen, die mit 60 Minutes von CBS News darüber sprach, wie Facebook die Gesellschaft vergiftet.

Die 37-jährige Whistleblowerin hat »Zehntausende« von Seiten an Dokumenten mit Material gegen Facebook vorliegen und plant sogar, in dieser Woche vor dem US-Kongress auszusagen. Haugen hat mindestens acht Beschwerden bei der SEC eingereicht, in denen er behauptet, Facebook habe die Aktionäre über sein eigenes Produkt belogen, wie Gizmodo berichtet.

Die acht Grüne, warum Facebook schlechter für die Gesellschaft ist, als vorher angenommen sind zusammengefasst:

***

1) Der Algorithmus von Facebook zeigt den Nutzern absichtlich Dinge, die sie wütend machen

Haugen erklärte 60 Minutes, wie der Algorithmus von Facebook Inhalte auswählt, die die Nutzer wahrscheinlich wütend machen, weil dies die meiste Beteiligung hervorruft. Und das Engagement der Nutzer ist es, was Facebook in Werbeeinnahmen umwandelt.

»Eigene Untersuchungen zeigen, dass Inhalte, die hasserfüllt, spalterisch und polarisierend sind, leichter zu Wut führen als andere Emotionen«, so Haugen.

»Facebook hat erkannt, dass, wenn sie den Algorithmus ändern, um sicherer zu werden, die Leute weniger Zeit auf der Seite verbringen, weniger auf Anzeigen klicken und weniger Geld verdienen werden", fügte sie hinzu.

2) Facebook ist schlimmer als die meisten anderen Social-Media-Unternehmen

Wann immer wir über soziale Medien und ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft sprechen, werden viele Big-Tech-Unternehmen in einen Topf geworfen, egal ob es sich um Twitter, YouTube oder Pinterest handelt. Aber laut Haugen ist Facebook einzigartig schlimm.

»Ich habe eine Reihe von sozialen Netzwerken gesehen und bei Facebook war es wesentlich schlimmer als alles, was ich bisher gesehen habe«, sagte Haugen.

3) Facebook löste seine Civic Integrity Unit nach der Wahl 2020 und vor dem Aufstand im Kapitol am 6. Januar auf.

Haugen arbeitete in der sogenannten Civic Integrity Unit von Facebook, die für die Bekämpfung politischer Fehlinformationen auf der Plattform zuständig war. Aber das Social-Media-Unternehmen schien zu glauben, dass sie nach den US-Präsidentschaftswahlen im November 2020 in Sicherheit wären und dass Civic Integrity geschlossen werden könnte.

»Sie sagten uns: ‚Wir lösen Civic Integrity auf.‘ Im Grunde bedeutete das: ‚Oh gut, wir haben die Wahl überstanden. Es gab keine Unruhen. Wir können Civic Integrity jetzt loswerden.‘ Ein paar Monate später gab es den Aufstand«, sagte Haugen.

4) Politische Parteien in Europa schalteten negative Werbung, weil dies die einzige Möglichkeit war, Menschen auf Facebook zu erreichen

Eines der Dokumente, die Haugen aus dem Unternehmen herausgeschmuggelt hat, zeigt, dass politische Parteien in Europa negative Anzeigen schalten mussten, um überhaupt ein Engagement auf Facebook zu erreichen.

Die Position der politischen Parteien in Europa zusammenfassend, erklärte Haugen: »Ihr zwingt uns, Positionen einzunehmen, die wir nicht mögen, von denen wir wissen, dass sie schlecht für die Gesellschaft sind. Wir wissen, dass wir auf dem Marktplatz der sozialen Medien nicht gewinnen können, wenn wir diese Positionen nicht einnehmen.«

5) Facebook identifiziert nur einen winzigen Bruchteil der Hass- und Fehlinformationen auf der Plattform

Interne Untersuchungen von Facebook zeigen, dass das Unternehmen etwa 3-5% des Hasses auf der Plattform und weniger als 1% der Gewalt und Aufwiegelung identifiziert, so eine der von Haugen veröffentlichten Studien. Dennoch hält sich Facebook für das beste Unternehmen der Welt, wenn es darum geht, Hass und Aufwiegelung in den sozialen Medien zu erkennen.

Facebook wehrt sich natürlich gegen diese Behauptung. Tatsächlich scheint das Unternehmen der Meinung zu sein, dass das wahre Problem das Internet selbst ist, zumindest laut einer Erklärung, die das Unternehmen am Sonntagabend an Gizmodo schickte.

»Wenn die Forschung eine exakte Lösung für diese komplexen Herausforderungen gefunden hätte, hätten die Tech-Industrie, die Regierungen und die Gesellschaft sie schon vor langer Zeit gelöst«, so ein Sprecher von Facebook gegenüber Gizmodo. »Wir haben eine starke Erfolgsbilanz bei der Nutzung unserer Forschung - sowie externer Forschung und enger Zusammenarbeit mit Experten und Organisationen - um Änderungen an unseren Apps vorzunehmen.«

6) Instagram macht Kinder unglücklich

Facebook ist Eigentümer von Instagram, und wie 60 Minutes berichtet, zeigen die von Haugen durchgesickerten Dokumente, dass 13,5% der Teenager-Mädchen sagen, Instagram verschlimmere ihre Selbstmordgedanken, und 17% sagen, es verschlimmere ihre Essstörungen.

»Was besonders tragisch ist, ist die Tatsache, dass Facebooks eigene Forschung besagt, dass diese jungen Frauen immer depressiver werden, je mehr sie diese Essstörungsinhalte konsumieren. Und das bringt sie dazu, die App noch mehr zu nutzen. Und so geraten sie in diesen Rückkopplungskreislauf, in dem sie ihren Körper immer mehr hassen«, sagte Haugen gegenüber 60 Minutes.

Und das ist alles Teil des Geschäftsmodells. Facebook verdient eine Menge Geld mit diesem Elend. Aber Facebook hat offensichtlich eine andere Sichtweise.

»Wir führen interne Untersuchungen durch, um schwierige Fragen zu stellen und herauszufinden, wie wir das Erlebnis für Teenager am besten verbessern können, und wir werden diese Arbeit fortsetzen, um Instagram und alle unsere Apps zu verbessern. Es stimmt nicht, dass durchgesickerte interne Untersuchungen zeigen, dass Instagram für Teenager-Mädchen ‚giftig‘ ist«, erklärte Lena Pietsch, Direktorin des Policy Communications, gegenüber Gizmodo per E-Mail auf Nachfrage.

»Die Forschung hat gezeigt, dass viele Teenager, die wir befragt haben, das Gefühl haben, dass die Nutzung von Instagram ihnen hilft, wenn sie mit den schwierigen Momenten und Problemen zu kämpfen haben, mit denen Teenager schon immer konfrontiert waren. Diese Studie, wie auch externe Studien zu diesen Themen, zeigen, dass Jugendliche sowohl positive als auch negative Erfahrungen mit sozialen Medien machen«, so Pietsch weiter.

7) Die Mitarbeiter von Facebook haben nur perverse Anreize

Haugen sagt, dass die Menschen, die bei Facebook arbeiten, keine schlechten Menschen sind, was wie eine Aussage von jemandem klingt, der früher bei Facebook gearbeitet hat.

»Niemand bei Facebook ist böswillig, aber die Anreize sind falsch ausgerichtet,« beharrt Haugen. »Zum Beispiel verdient Facebook mehr Geld, wenn man mehr Inhalte konsumiert. Die Menschen beschäftigen sich gerne mit Dingen, die eine emotionale Reaktion hervorrufen. Und je mehr Ärger sie ausgesetzt sind, desto mehr interagieren sie und desto mehr konsumieren sie.«

8) Mark Zuckerberg ändert nichts an seiner Plattform, obwohl er über die Mängel weiß

»Ich habe sehr viel Empathie für Mark. Und Mark hat es nie darauf angelegt, eine hasserfüllte Plattform zu schaffen. Aber er hat es zugelassen, dass Entscheidungen getroffen werden, deren Nebeneffekte darin bestehen, dass hasserfüllte, polarisierende Inhalte mehr Verbreitung und mehr Reichweite erhalten«, erklärte Haugen.

Zuckerbergs Plattform wird heute missbraucht und er bleibt tatenlos.