Interview mit Peter Föhn

»Wir müssen vermehrt auf Eigenverantwortlichkeit setzen«

Am Sonntag entscheiden die Schweizer, ob Abtreibungen von den Krankenkassen bezahlt werden. FreieWelt.net sprach mit Peter Föhn, dem Mitinitiator von »Abtreibungsfinanzierung ist Privatsache«.

Veröffentlicht:
von

FreieWelt.net: Wie schätzen Sie die Erfolgsaussichten bei der Abstimmung am Sonntag ein?

Peter Föhn: Als Initiant ist man immer zuversichtlich. Aber es wäre eine große Überraschung, wenn wir diese Initiative gewinnen würden. Denn in der Schweiz werden die wenigsten Initiativen vom Volk angenommen. Aber ich bin zuversichtlich, dass wir ein gutes Resultat erzielen. Und ein gutes Resultat haben wir erreicht, wenn der Ja-Anteil bei 40 Prozent liegt. Als schlechtes Resultat würde ich einen Ja-Anteil von unter 30 Prozent bezeichnen.

FreieWelt.net: 2002 gab es schon einmal eine ähnliche Initiative. Was hat sich seitdem geändert, dass Sie jetzt noch einmal in die Offensive gegangen sind?

Peter Föhn: 2002 gab es eine Abstimmung über die Fristenregelung. Das Volk hat mit 70 Prozent Mehrheit entschieden, dass der Schwangerschaftsabbruch in den ersten 12 Wochen straffrei vorgenommen werden kann. Bei der aktuellen Volksinitiative geht es einzig und allein darum, wer Schwangerschaftsabbrüche bezahlt.

Heute wird ein Schwangerschaftsabbruch von der Grundversicherung, also der obligatorischen Krankenkasse bezahlt, in die jeder Schweizer einzahlen muss. Wir haben die Initiative gestartet, damit die Finanzierung der Abbrüche, wenn sie medizinisch nicht begründet sind, aus der Grundversicherung herausgenommen wird. Die Krankenkasse ist dazu da, um Kranke zu heilen und Leben zu retten. Aber sie ist sicher nicht dazu da, um Leben abzuschaffen und zu töten.

FreieWelt.net: Die Kritiker Ihrer Initiative weisen darauf hin, dass die Zahl der Abtreibungen wieder ansteigen könnte, wenn Sie erfolgreich sind. In diesem Zusammenhang wird immer wieder Österreich genannt, wo die Abtreibungen meistens auch privat finanziert werden müssen.

Peter Föhr: Nein, das sehe ich überhaupt nicht. Es gibt breit angelegte Studien aus Amerika, die besagen, dass die Zahl der Abtreibungen um bis zu 25 Prozent sinkt, wenn sie selber bezahlt werden müssen. Ich behaupte, dass die Zahl der Abtreibungen in der Schweiz um mindestens 10 Prozent zurückgehen würde. Das heißt, dass wir bei 11.000 Abtreibungen im Jahr 1.000 Menschenleben retten können.

FreieWelt.net: Aber werden damit viele abtreibungswillige Frauen nicht in die Illegalität abgedrängt?

Peter Föhn: Kurpfuscher oder so genannte Engelmacher sind in der Schweiz ausgestorben, denn ihnen drohen schwere Gefängnisstrafen. Deren Dienstleistung wäre außerdem nicht oder nur marginal günstiger als die eines Spitals. In Österreich hat es schlimme Fälle gegeben, aber es handelte sich dort um eine einzige praktizierende Ärztin, die mehrfach nur verwarnt wurde, ohne dass man ihr die Zulassung entzogen hätte. Da haben Politik und Justiz versagt.

FreieWelt.net: In der veröffentlichten Meinung schlägt Ihnen wenig Zustimmung entgegen. Auch die christlichen Religionsgemeinschaften halten sich bedeckt. Warum unterstützen die Sie nicht vorbehaltlos?

Peter Föhn: Wir werden vor allem von eher konservativen und religiösen Kreisen unterstützt, darunter auch von Bischof Vitus Huonder aus Chur. Die katholische Bischofskonferenz steht nicht ganz hinter uns, denn es gibt Teile, denen die Initiative nicht weit genug geht. Sie sind der Meinung, dass eine Initiative versuchen müsste, die Abtreibung als solche zu verbieten. Aber da hat das Volk im Jahr 2002 klar Stellung bezogen, und an diesem Volksentscheid rüttele ich nicht.

FreieWelt.net: Für Sonntag gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder die Volksinitiative wird angenommen oder abgelehnt. Wie werden Sie ab Montag auf das Ergebnis reagieren?

Peter Föhn: Wenn sie angenommen würde, wäre ich hoch erfreut und würde weitere politische Vorstöße machen, um die Grundversicherung weiter zu reformieren. Hier muss viel mehr auf Eigenverantwortung gesetzt werden, weil alle Schweizer sie mitfinanzieren müssen. Wenn beispielsweise jemand am Wochenende vollberauscht in ein Spital eingeliefert wird, dann muss ihm natürlich geholfen werden, aber die Kosten kann er zumindest zum Teil selber berappen. Wir müssen einfach vermehrt auf Eigenverantwortlichkeit setzen.

Wenn sie abgelehnt wird, hängt mein weiteres Vorgehen von der Höhe der Ablehnung ab. Wenn die Zahl der Nein-Stimmen zum Beispiel bei 65 Prozent liegt, ist die Niederlage eindeutig. Dann würde ich akzeptieren, dass das Volk eben alles berappen will – es geht uns eben noch zu gut, wir sind zu Einsparungen noch nicht bereit. Wenn aber die Ablehnung ungefähr bei der Hälfte liegt, würde ich mir überlegen, wo ich in kleinen Schritten weiter politisch ansetzen würde.

FreieWelt.net: Würden Sie in Erwägung ziehen, eine weitere Volksinitiative zu starten?

Peter Föhn: Ich würde selbstverständlich versuchen, politische Mehrheiten zu finden. Aber um eine weitere Volksinitiative würde ich mich nicht kümmern, denn das wird nicht goutiert. Da müssen erst ein paar Jahre ins Land gehen.

FreieWelt.net: Vielen Dank für das Gespräch.

Ihnen hat der Artikel gefallen? Bitte
unterstützen Sie mit einer Spende unsere
unabhängige Berichterstattung.

Abonnieren Sie jetzt hier unseren Newsletter: Newsletter

Kommentare zum Artikel

Bitte beachten Sie beim Verfassen eines Kommentars die Regeln höflicher Kommunikation.

Gravatar: richard

Na also, um ganze 0,2 % am "schlechten" Ergebnis vorbei, das reicht ja für ein selbstgefälliges feistes Grinsen, oder?

Gravatar: peter scherf

der quatsch vn herrn föhn ist krachend gescheitert - gut so!!!!!

die schweizer volksdemokratie zeigt wieder wie hervorragend sie ist. schlimme ideologen haben keine chancen egal ob eu-euro ideologen oder christliche fundamentalisten .

ein guter tag für die schweiz - vernünftige einwanderungsregeln und rote karte für die fundamentalisten und abtreibungsgegner

Gravatar: Richard

Da hat der Herr Föhn aber ordentlich Kreide gefressen. Schließlich zählt er ja zu jenen Figuren, die schon hinter der zynischen und frauenfeindlichen "Eidgenössischen Initiative für Mutter und Kind" steckten. Föhn gehörte immer zum äußersten rechten Rand der SVP. Die neue Initiative ist nichts anderes als eine versuchte Schikane für sozial schwache Frauen. Das schweizerische Stimmvolk wird sie genauso verwerfen wie schon oben genannte "Initiative".

Gravatar: FDominicus

Ups, natürlich bin ich dafür, daß die Schweizer entscheiden, das die Abtreibung nicht von der Krankenkasse bezahlt wird. Also in diesem Sinn, hoffe ich stimmen die Schweizer für diese Initiative.

Diese doppelten Drehungen. So wei S21 wo man dagegen stimmen muß, wenn man dafür ist mit S21 aufzuhören. Frage mich immer noch wieviele in BW das wirklich "kapiert" haben...

Gravatar: FDominicus

Ich hoffe, die Schweizer stimmen geschlossen dagegen.

Schreiben Sie einen Kommentar


(erforderlich)

Zum Anfang