Vera Lengfeld DDR-Bürgerrechtlerin

Vera Lengsfeld spricht mit FreieWelt.net über Gregor Gysi

Die CDU-Politikern Vera Lengsfeld hat gegen Gregor Gysi eine Strafanzeige wegen Meineids gestellt (freiewelt.net berichtete). Im Interview mit freiewelt.net berichtet die frühere DDR-Bürgerrechtlerin über ihre Erfahrungen, die sie vor der Wende mit dem damaligen Rechtsanwalt machte.

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Freiewelt.net: Wie haben Sie Gregor Gysi kennengelernt?

Lengsfeld: Ich habe Gysi kennengelernt, als ich 1984 in der DDR wegen meiner Oppositionstätigkeit Berufsverbot bekam und dringend juristischen Rat brauchte. Auf Empfehlung von Katja Havemann, der Frau des Regimekritikers Robert Havemann, wandte ich mich an RA Gysi. Ich suchte ihn in seiner Kanzlei in der Berliner Finowsraße auf. Die Unterredung verlief für mich unbefriedigend. Am Ende tat ich das Gegenteil von dem, was Gysi mir riet und war erfolgreich damit. Später habe ich einen Bericht von Notar über dieses Gespräch in meinen Stasiakten gefunden.

Freiewelt.net: Gysi spielte auch eine Rolle während ihrer Untersuchungshaft in der Stasi-Untersuchungshaftanstalt Hohenschönhausen?

Lengsfeld: Als Häftling der Stasiuntersuchungshaftanstalt Hohenschönhausen hatte ich zum zweiten Mal mit Gysi persönlich zu tun. Am Tag meiner erzwungenen Abschiebung in den Westen tauchte Gysi in einem Gästehaus der Staatsicherheit in Hönow auf, in das ich gebracht worden war. Nach der Begrüßung ging Gysi in die Küche, Kaffee kochen, kam mit einem Tablett zurück und bot mir den Kaffee an. Ich fand das merkwürdig.

Sobald auch mein Rechtsanwalt Schnur und mein damaliger Mann erschienen waren, eröffnete Gysi die „Verhandlung“. Er sei am Vormittag bei der Staatsanwaltschaft gewesen und habe erfahren, dass meine Entlassung in die DDR nicht in Frage komme. Allerdings hätte ich an diesem Tag letztmalig die Möglichkeit, mich für eine befristete Ausreise nach England zu entscheiden. Auf all meine Bedingungen sie eingegangen worden.
Zu den Bedingungen gehörte, dass mein ältester Sohn Philipp die Wahl haben sollte, mich und seine Brüder in den Westen zu begleiten oder in der DDR auf uns zu warten. In diesem Falle müsste er aber einen Pass bekommen, damit er uns besuchen kommen kann.

Ich erklärte mich einverstanden, mich unter diesen Bedingungen abschieben zu lassen.

Ich nahm Gysi das Versprechen ab, meinem Sohn Philipp noch am gleichen Tag aufzusuchen und ihn über die Abschiebung seiner Mutter zu berichten. Ich wollte nicht, dass Philipp es aus den Medien erfährt. Aber genau das war der Fall. Gysi hat sein Versprechen gebrochen und meinen Sohn nicht aufgesucht.
Gysi hatte übrigens kein Mandat von mir, auch keins meines damaligen Mannes. Da bleibt nur ein Auftraggeber...

Ein ausführlicher Bericht über diese Begegnung mit Gysi steht seit Jahren unangefochten auf meiner Homepage und in meinem Buch „Ich wollte frei sein“.

Freiewelt.net: Gysi stieg dann zur Leitfigur der in PDS unbenannten SED auf. Wie haben Sie dies als Verfolgte des DDR-Regimes wahrgenommen?

Lengsfeld: Gysi wurde einer größeren Öffentlichkeit bekannt, als er im Dezember 1989 auf dem letzten SED-Parteitag die Auflösung der Partei verhinderte. Er wurde letzter SED-Vorsitzender, sorgte für die Umbenennung der Partei in PDS und setzte als eine seiner ersten Amtshandlungen eine Kommission zur „Rettung“ des Parteivermögens ein. Die arbeitete dann sehr erfolgreich. Allein der Gysi-Vertraute Lothar Bisky gründete mindestens drei GmbHs in Westberlin und Luxemburg.

Als wir Bürgerrechtler Gysis SED-Rettungsmanöver beobachteten, waren wir der festen Überzeugung, dass er damit nicht durchkommt. Wir haben uns getäuscht. Im Nachhinein betrachtet, war es unser größter Fehler, die Partei nicht enteignet zu haben.

Freiewelt.net: Nun scheint Gysi über eine dem IM-Notar verliehene Ehrenmünze zu stolpern.

Lengsfeld: Gysi hat bekanntlich verschiedene Manöver ausgeführt, um seine Stasimitarbeit, die vom Immunitätsausschuss des Deutschen Bundestages bereits 1998 als „erwiesen“ festgestellt wurde, zu vertuschen. Unter anderem behauptete er, „Notar“ sei nur eine Aktensammlung, keine Person. Nun, eine Aktensammlung kann keine Münze entgegennehmen, kein Haus in Buckow kaufen, nicht mit Thomas Erwin, heute Thomas Klingenstein, im Trabant von Grünheide nach Berlin fahren, um nur zwei weitere Beispiele hinzuzufügen.

Genauso wichtig ist, dass Gysi eidesstattlich versichert hat, weder über seine Mandanten, noch über „sonst jemanden“ mit der Stasi gesprochen hat. Da lässt sich eindeutig widerlegen.

Freiewelt.net Wird Gysi sich davon nochmal erholen?

Lengsfeld: Die Staatsanwaltschaft, wenn sie sich unvoreingenommen mit der Aktenlage und den Zeugen beschäftigt, wird zu einem eindeutigen Schluss kommen.

Freiewelt.net: Wir danken für das Interview!

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Frager...

Die CDU/CSU hat eine Wahnsinnsangst vor Gysi und seinen Linken. Diese lassen die zahllosen Fehler und Missbräuche der CDU/CSU nicht undiskutiert durchgehen. ändern können sie ja leider nichts. Das ist diesen „christlichen Herrschaften" natürlich äußerst unangenehm, können sie doch nicht ständig
unbeobachtet all ihre Machenschaften durch ihre unkritischen und „hündchenhaft“ ergebenen
Abgeordneten durchwinken lassen. Also versucht man ständig, Gysi und Co. kaltzustellen, statt endlich einmal die Nazivergangenheit zahlreicher Abgeordneter aufzurollen. Diese waren immer hoch
willkommen und hatten nie Anklagen zu befürchten.
Lengsfeld hat es offenbar dringend nötig, sich in den Vordergrund stellen zu müssen. Was hat sie wohl auf dem "Kerbholz"???

Gravatar: Freigeist

Auch wenn Gysi verschwinden sollte, wird die PDS bleiben. Es ist ganz normal, dass in einem Staat Gedankengut von rechts bis links anzutreffen ist.
In anderen Staaten ist dies leicht zu erkennen.

Gravatar: seyinphyin

Wird ohnehin nicht freigeschalten (obwohl die freie Welt doch FDPnah ist und damit liberal sein sollte *grins), aber passt gut zusammen.

Lengsfeld, die sich erst letztens bis auf die Knochen blamiert hat in einer Sendung über Obdachlose, wo Sie menschenverachtende Töne spuckte, regt sich immer wieder ohne einen einzigen Beweis über nichts auf. Es ist peinlich, aber das ist ihr Problem. Warum man dieser jedoch immer wieder eine Plattform gibt, statt Ihr mal zu einem guten Gespräch z.B. mit einem Therapeuten zu raten, um das Problem mit Ihrem Mann endlich zu bewältigen, ist das eigentlich unverständlich.

Sobald es darum geht, GG und Menschenrechte in diesem Land auszuhöhlen und dafür dann natürlich gerade jene mit Dreck zu bewerfen, die genau dafür kämpfen, wie es bei einem Herren Gysi im Bundestag ja wirklich immer und immer und immer wieder zu hören ist, gibt man eben auch "besonders Fixierten" (ich umschreibe es Mal) immmer wieder eine Plattform, egal fragwürdig diese Leute und ihre "Argumente" sind. Diese Leute stellen sich über Recht und Gesetz und hätten wir andere Zeiten, Gysi wäre längst in irgend einem Keller oder Arbeitslager verschwunden - auch ohne Beweise, aber die interessieren Leute wie Lengsfeld ja ohnehin nicht. Hauptsache selbst im Recht.

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