Interview mit dem Lateinamerika-Experten René Fuchslocher

Spannung zwischen Ecuador und China wegen gigantischer asiatischer Fischereiflotte

Im Pazifik ist es zwischen Ecuador und China zu politischen Spannungen wegen gigantischer asiatischer Fischereiflotte bei den Galapagos-Inseln gekommen. Ecuador bittet die internationale Gemeinschaft um Hilfe.

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Freie Welt: Wo sind die Galapagos-Inseln und welches Problem hat sie in letzter Zeit betroffen?

René Fuchslocher: Die Galapagos-Inseln liegen 600 Seemeilen entfernt vor der Küste Ecuadors, dem Land, zu dem sie gehören. Es war der erste Ort der Welt, der von der UNESCO zum Naturerbe der Menschheit erklärt wurde, unter Berücksichtigung seinen weltweit einzigartigen Tier- und Pflanzen-, Land- und Meeresspezies, auf die sich der englische Wissenschaftler Charles Darwin stützte, um seine berühmte Evolutionstheorie zu erarbeiten.

Die ausschließliche Wirtschaftszone (AWZ), 200 Seemeilen von der Küste entfernt, schützt sowohl die kontinentalen Ufer Ecuadors als auch die der verschiedenen Inseln des Archipels. Die AWZ ist ein Seegebiet, die im Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen von 1982 vorgeschrieben ist und nach der ein souveräner Staat besondere Rechte in Bezug auf die Erkundung und Nutzung der Meeresressourcen hat.

Aber genau zwischen den Inseln gibt es ein Korridor von internationaler Gewässer, in denen die ecuadorianische Marine vor einem Monat die Anwesenheit von mehr als 250 Fischereifahrzeugen entdeckt hat, die meisten davon mit chinesischer Flagge, die sich noch dort befinden.

Freie Welt:
Wenn chinesische Schiffe in internationalen Gewässern fischen, was ist daran falsch?

René Fuchslocher: Das Problem ist, dass eine Übernutzung der Meeresfauna in unmittelbarer Nähe der AWZ das empfindliche Gleichgewicht der Galapagosinseln gefährdet und zum Aussterben verschiedener wandernder Spezies führt, die sich dort vermehren.

»Es ist das vierte Jahr in Folge, dass dies passiert ist. Sie fischen in diesem Gebiet, das aufgrund des Zusammenflusses von Meeresströmungen außerordentlich reich ist«, erklärte Luis Suárez, Geschäftsführer der Conservación Internacional Ecuador, einer NGO, die den Erhalt der biologischen Vielfalt fördert. »Sie sollen nach Tintenfischen suchen«, fügt er hinzu. Im Jahr 2017 wurde ein chinesischer Frachter in der AWZ von Galapagos gefangen genommen. In seinen Laderäumen wurden »200 Haie gefunden, darunter einige gefährdete Arten wie Hammerhaie und Seidenhaie«, sagte Suárez.

»Die Dynamik dieser Flotten ist nicht bekannt, wir wissen nicht, wie viel sie fischen, wir sind nur klar, dass es sich um eine große Anzahl handelt. Und sie fangen Fische und Tintenfische, die zu anderen Booten transportiert werden, die sie zum Hafen bringen. Übermäßiges Fischen birgt ein sehr hohes Risiko für den Zusammenbruch der Populationen und Ressourcen, die in diesem Gebiet leben. Es ist eine sehr besorgniserregende Situation«, erklärte Dr. César Peñaherrera, wissenschaftlicher Direktor von MigraMar, einem internationalen Netzwerk von Wissenschaftlern, die die wandernden Meeresspezies des Ostpazifiks untersuchen.

Freie Welt:
Welche Maßnahmen hat die ecuadorianische Regierung ergriffen?

René Fuchslocher: Ecuador hat China durch der chinesischen Botschaft in Quito sowie durch seine Gesandtschaft in Peking eine Warninstanz vorgelegt, in der es bekräftigte, dass die Fischereifahrzeuge, wenn sie in die AWZ einfahren, die den Archipel umgibt, »Vergeltungsmaßnahmen ausgesetzt wären«.

Darüber hinaus sagte der ecuadorianische Außenminister Luis Gallegos auf einer Pressekonferenz: »Ich werde mit jedem Außenminister (aus Kolumbien, Panama, Peru und Chile) über zukünftige Projektionen einer gemeinsamen Strategie zu diesem Thema sprechen«. Kolumbien, Chile und Peru sind Länder, die Mitglieder der Ständigen Kommission des Südpazifiks (CPPS) sind, einer zwischenstaatlichen Einrichtung, die an diesem Mittwoch auf Ersuchen Ecuadors eine außerordentliche Versammlung einberufen hat.

Das CPPS verurteilte die illegale, nicht gemeldete und nicht regulierte Fischerei in internationalen Gewässern und begrüßte den Vorschlag Ecuadors, dem Vorschläge aus Kolumbien, Chile und Peru hinzugefügt wurden. In der virtuellen Sitzung einigten sich die Mitglieder der Organisation darauf, dringend noch eine außerordentliche Versammlung einzuberufen, um mögliche Maßnahmen zur Bewältigung dieser Art von Bedrohung zu ergreifen.

Sie bekräftigten auch ihr Engagement für den Schutz der Ozeane und die nachhaltige Fischerei gemäß den internationalen Instrumenten, die für ihre Entwicklung und in Übereinstimmung mit den Erhaltungsmaßnahmen der regionalen Organisationen für Fischereimanagement existieren.

Freie Welt: Gibt es eine Lösung, damit diese Art von Missbrauch auch in Zukunft nicht mehr auftritt?

René Fuchslocher:
Internationale Gewässer bedecken 41% des Planeten. Es gibt jedoch fast kein Gesetz, das regelt, wie viel, wie, was und wann gefischt werden soll. Die Präsenz der chinesischen Flotte vor den Galapagosinseln - was sich an allen Küsten der südlichen Hemisphäre wiederholt - zeigt die Probleme auf, die sich aus der mangelnden Regierungsführung in diesen Gebieten ergeben. Einige dieser Lücken sollen durch den Globaler Ozeanvertrag geschlossen werden, dessen Unterzeichnung dieses Jahr vom Coronavirus ausgesetzt wurde.

Die harte Realität ist aber, dass es im Völkerrecht eine Doppelmoral gibt und für bestimmte Länder es nur formal gilt. Die berühmte Maxime des Vertragstreues, »Verträge sind einzuhalten«, wird permanent für Verhaltensweisen diskreditiert, die das »Gesetz der Stärksten« anstelle der gesunden Grenze der durch die Regeln auferlegten Macht zu bevorzugen scheinen.

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René Fuchslocher wuchs in Osorno auf, wo er auch die Deutsche Schule besuchte. Anschließend studierte er an der Universidad Católica de Chile Jura und machte sein Magister in Steuerecht an der Universidad Adolfo Ibáñez. Seit dreizehn Jahren wohnt er in Puerto Montt, wo er mit seinen Geschäftspartnern die Kanzlei Fuchslocher, Bogdanic & Asociados und die Immobilienentwicklungsfirma Alpina gegründet hat. Dazu ist der 41-Jährige Mitglied in verschiedenen Institutionen der deutsch-chilenischen Gemeinschaft: des Deutschen Vereins zu Puerto Montt, der Corporación de Beneficencia Osorno (Deutsche Klinik in Osorno), des Deutschen Turnvereins zu Llanquihue, der Deutschen Schule zu Puerto Montt sowie Vorstandsmitglied von Agrollanquihue A.G. (Verband der Landwirte der Provinz Llanquihue).

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Ekkehardt Fritz Beyer

... „Die harte Realität ist aber, dass es im Völkerrecht eine Doppelmoral gibt und für bestimmte Länder es nur formal gilt. Die berühmte Maxime des Vertragstreues, »Verträge sind einzuhalten«, wird permanent für Verhaltensweisen diskreditiert, die das »Gesetz der Stärksten« anstelle der gesunden Grenze der durch die Regeln auferlegten Macht zu bevorzugen scheinen.“

Weil auch die Göttin(?) & Co. unsere sich noch immer Grundgesetz nennende Verfassung gegen ihr(?) Volk interpretieren?

Hätte die Einheit nicht auch eine neue deutsche Verfassung gebraucht???
https://www.welt.de/debatte/kommentare/article199924138/Die-Deutsche-Einheit-haette-eine-neue-Verfassung-gebraucht.html

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