Interview mit Sven von Storch

Seit der Kuba-Krise stand die Welt noch nie so nah vor einem Atomkrieg wie jetzt

Sven von Storch warnt davor, dass Deutschland in einen Stellvertreterkrieg zwischen den USA und Russland gezogen wird. Vor allem müsse eine Eskalation verhindert werden. Einen Atomkrieg kann sich die Welt nicht leisten.

Foto: Freie Welt
Veröffentlicht:
von

Freie Welt: Herr von Storch, wie ernst schätzen Sie die Lage im Ukraine-Krieg ein? Kann der Konflikt zu einem Dritten Weltkrieg eskalieren?

Sven von Storch: Sagen wir mal so: Seit der Kuba-Krise stand die Welt noch nie so nah vor einem Dritten Weltkrieg wie jetzt. Man sollte die Gefahr nicht kleinreden. Eine Eskalation kann sich die Welt nicht leisten, weil es zu einem Atomkrieg führen könnte. Und das wäre das Ende.  

Freie Welt:
Und Europa wäre vermutlich als erstes betroffen.

Sven von Storch: Sowieso. Ein Krieg zwischen der NATO und Russland würde ganz Europa in ein rauchendes Trümmerfeld und eine radioaktive Wüste verwandeln. Selbst wenn ein solcher Krieg nur mit taktischen Atomwaffen ausgetragen würde, von denen Russland etwa zehnmal mehr als die NATO besitzt.

Freie Welt:
Was meinen Sie damit?

Sven von Storch: Damit meine ich, dass es vor einem Schlagabtausch mit strategischen Atomwaffen zunächst ein Austesten geben wird, bei dem kleinere taktische Atomwaffen eingesetzt würden. Denn weder Russland noch die USA würden sich in einem Krieg sofort und direkt mit Interkontinental-Raketen angreifen. Beide Seiten wüssten, dass das das Ende der Welt bedeuten würde. Also würden sie erst einmal mit kleineren Atomwaffen anfangen. Washington wäre dann weit weg vom europäischen Kriegsschauplatz.

Freie Welt:
Und dabei wäre Deutschland vermutlich besonders gefährdet.

Sven von Storch: Also im Falle eines Krieges würden die Russen gemäß ihrer Militärdoktrin den Abschuss ihrer Atomraketen direkt auf solche Militärbasen und Flughäfen konzentrieren, von denen aus Raketen und Flugzeuge Russland erreichen könnten. Besonders gefährdet in einem solchen nuklearen Schlagabtausch wären die Hauptstadt Berlin, außerdem die Pfalz, das Rhein-Main-Gebiet und Süddeutschland, wo sich die wichtigsten NATO-Basen befinden.

Freie Welt: Und warum sollte oder könnte Russland diesen Schritt gehen?

Sven von Storch:
Russland könnte dieses Schritt gehen, wenn es sich in die Enge gedrängt sieht und mit dem Rücken zur Wand steht. Dieses Schreckszenario ist leider eine sehr reale Bedrohung. Während Russland auf konventioneller Ebene, also bei gewöhnlichen Panzern, Flugzeugen und Geschützen, der NATO unterlegen ist, verfügen die Russen bei den taktischen Atomwaffen über eine Überlegenheit von 10:1. Sie haben viele kleine Atomwaffen, die eingesetzt werden könnte, bevor der ganz große Schlagabtausch kommt.

Freie Welt:
Was soll man tun, um die Gefahr einer solchen Eskalation zu minimieren?

Sven von Storch:
In dieser Lage sind Ruhe, Vernunft und Besonnenheit die oberste Pflicht für die Regierung, die Parteien und die Presse. Leider betreiben aber große Teile der Mainstream-Medien ein gefährliches Spiel. Statt die Gemüter zu beruhigen und eine sachliche Diskussion über unsere strategische Lage zu ermöglichen, peitschen sie die Emotionen hoch, schüren Kriegsstimmung und treiben die Regierung vor sich her.

Freie Welt: Und wie wollen Sie dagegen aktiv werden?

Sven von Storch: Wir wollen mit unseren Kampagnen zur Vernunft und zum Frieden aufrufen. Die Politik und Diplomatie muss die Lage deeskalieren. Das Ziel muss sein, Russland und die Ukraine zu Verhandlungen und zu Kompromissen zu bewegen, nicht beide weiter gegeneinander aufzuhetzen.

Freie Welt: Annalena Baerbock hat gesagt, dass die Ukraine diesen Krieg unbedingt gewinnen und Russland diesen Krieg unbedingt verlieren muss.

Sven von Storch:
Damit hat Baerbock Deutschland zur Kriegspartei gemacht. Das ist aber nicht unser Krieg, wie Hans-Georg Maßen richtig erkannt hat. Wir dürfen nicht die Existenz Europas aufs Spiel setzen. Die Kriegshetze muss ein Ende haben. Wir dürfen nicht zulassen, dass wir in einem Stellvertreterkrieg zwischen den USA und Russland aufgerieben werden. Daher wollen wir die Bürger mit unseren Aktionen und Kampagnen aufklären und mobilisieren, für den Frieden und für die Diplomatie einzutreten. Das ist der einzige vernünftige Weg.

Ihnen hat der Artikel gefallen? Bitte
unterstützen Sie mit einer Spende unsere
unabhängige Berichterstattung.

Abonnieren Sie jetzt hier unseren Newsletter: Newsletter

Kommentare zum Artikel

Bitte beachten Sie beim Verfassen eines Kommentars die Regeln höflicher Kommunikation.

Gravatar: Ketzerlehrling

Nur kann man die Politfiguren von heute, wie eine Baerbock usw., nicht mit den Politikern, wie ein J.F.K. von damals, vergleichen. Qualitativ führt da kein Weg hin.

Schreiben Sie einen Kommentar


(erforderlich)

Zum Anfang