Thomas Neuendorf stellvertretender Leiter der Pressestelle der Polizei Berlin

Polizei Berlin: Umfangreiche Maßnahmen gegen Brandstifter

Fast jede Woche kommt es in Berlin zu Brandanschlägen auf Autos.  Auch auf Polizeiwachen und Regierungsgebäude wurden bereits Anschläge verübt.  FreieWelt.net sprach daher mit dem stellvertretenden Leiter der Pressestelle der Polizei Berlin, Herrn Thomas Neuendorf über das Einsatzkonzept der Polizei und die bei der Polizeiarbeit auftretenden Schwierigkeiten.

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FreieWelt.net:  Laut der Internetseite „brennende-autos.de“ gab es in Berlin allein im Jahr 2009 216 Brandanschläge auf Autos, für das noch junge Jahr 2010 liegt die Zahl der Anschläge derzeit bei 15.  Außerdem gab es in den letzten Wochen und Monaten Anschläge auf eine Polizeiwache, auf eine Außenstelle des Bundeskriminalamts, auf das Bundeskanzleramt und auf die Stiftung Wissenschaft und Politik.  Nur ein Bruchteil der Taten wurde bisher aufgeklärt. Bei vielen Bürgern ist daher der Eindruck entstanden, die Polizei sei mit der Situation überfordert.  Stimmt das?

Thomas Neuendorf: Nein. Die Berliner Polizei trifft mit hohem Aufwand umfangreiche präventive und repressive Maßnahmen. Hierzu wurde ein Einsatzkonzept erstellt, das u. a. eine verstärkte offene und verdeckte Präsenz, insbesondere in Brennpunktbereichen vorsieht. Hierdurch wird das Entdeckungsrisiko für die Tatverdächtigen erhöht.
Den Tätern stehen jedoch auf Berlins Straßen beliebig viele Tatobjekte zur Verfügung, sie können Tatort und Tatzeit frei wählen, die Tat unbeobachtet in Sekundenschnelle begehen und sind schon zwei Straßen weiter, ehe der erste Qualm bemerkt werden kann. Das macht es für die Polizei schwer, Tatverdächtige auf frischer Tat beweissicher festzunehmen.
Die von Ihnen genannten Zahlen stimmen so nicht. Im Jahr 2009 verzeichnete die Berliner Polizei 320 Brandanschlagsfälle auf Fahrzeuge, von denen 145 Fälle vermutlich politisch motiviert waren. Im laufenden Jahr sind es mit heutigem Stand 23 Fälle, davon vier, die der politisch motivierten Kriminalität zuzuordnen sind.

FreieWelt.net:  Gleich mehrere der Brandstiftung verdächtigte Personen sind in den letzten Monaten aus der Untersuchungshaft entlassen und/oder freigesprochen worden.  Entweder haben also Menschen  zu Unrecht Zeit in U-Haft verbracht oder es ist den Ermittlungsbehörden nicht gelungen, Straftäter zu überführen.  Was für Lehren will die Polizei aus dieser Erfahrung ziehen?

Thomas Neuendorf: Keines dieser Verfahren ist bisher rechtskräftig abgeschlossen. Eine Bewertung verbietet sich daher.

FreieWelt.net:  Bisher ist es bei den meisten Anschlägen bei Sachschäden geblieben.  Wie groß ist die Gefahr, dass auch Personen zu Schaden kommen könnten?

Thomas Neuendorf: Wie bei allen Bränden, ist bei Brandanschlägen auf Fahrzeuge jederzeit die Möglichkeit gegeben, dass auch Menschen in Mitleidenschaft gezogen werden. Zum Teil war es nur dem Zufall zu verdanken, dass Menschen nicht zu Schaden kamen.

FreieWelt.net:  Befürchten Sie, dass betroffene Bürger zur Selbsthilfe greifen könnten, wenn es der Polizei nicht gelingt, dass Problem der Brandanschläge besser in Griff zu bekommen?

Thomas Neuendorf: Nein.

FreieWelt.net:  Ein Großteil der Anschläge hat eindeutig einen linksextremistischen Hintergrund.  Dennoch wurde Familienministerin Köhler für ihren Plan, den Kampf gegen Linksextremismus auszuweiten, aus anderen Parteien kritisiert. Eine Angehörige der Linkspartei, die ja in Berlin auf Landesebene eine Regierungspartei ist, hat sogar Verständnis für Mitglieder der „Militanten Gruppe“ geäußert, die versucht haben, einen Brandanschlag auf Fahrzeuge der Bundeswehr zu verüben.  Fühlen Sie sich von der Politik bei Ihrer Arbeit ausreichend unterstützt?

Thomas Neuendorf: „Die Politik“ gibt es nicht, aber es gibt Politiker aus unterschiedlichen Parteien, von denen sich die Polizei nicht ausreichend unterstützt fühlt. Dazu gehören diejenigen, die Verständnis für Gewalttäter äußern, aber auch die, die die den Gewalttätern durch ungerechtfertigte Kritik an der Polizei in den Medien zusätzliche Erfolgserlebnisse verschaffen.

Das Interview führte Fabian Heinzel

(Foto: xafia/pixelio.de)

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