Ursula Fournier Herausgeberin des Online-Magazins Muetterblitz.de

"Mütter zum Thema machen" - Interview mit Ursula Fournier

Die Autorin und Herausgeberin des Online-Magazins „Mütterblitz“ (www.muetterblitz.de) Ursula Fournier lebt mit ihrer Familie in München. Mit FreieWelt.net sprach sie über die Bedeutung und den Wert der Mutter, die Herausforderungen, denen sich die Mutter von heute gegenübersieht, das einzigartige Band zwischen Mutter und Kind und über das Potenzial eines Müttergehalts.

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FreieWelt.net: Frau Fournier, Sie sind die Herausgeberin des Online-Magazins Mütterblitz, mit dem Sie aus Müttersicht ein breites Spektrum an Themen aus dem Lebensalltag von Müttern in Artikeln, Interviews und Analysen anbieten. Sie sind selbst Mutter - haben Sie ein solches Angebot schon immer vermisst oder welche Motivation steckt hinter Ihrem Engagement?

Ursula Fournier: Ja, ich habe tatsächlich ein solches Angebot vermisst und daher schlägt natürlich mein Herz für den Mütterblitz. Zum anderen wurde ich als Autorin während meines jahrelangen Engagements in einem großen Mütter-Netzwerk immer wieder darauf angesprochen, doch einmal etwas für Mütter und ihre Familien zu schreiben, das sich nicht am „Mainstream“ orientiert. Und vor allem: Die Mütter zum Thema zu machen.

FreieWelt.net: Das Thema Mutterschaft steht im Mittelpunkt Ihrer Arbeit. Dabei steht ein ganz bestimmter Müttertypus im Focus: die Ganztagsmutter. Mit Blick auf die aktuelle Familienpolitik - Stichwort Krippenausbau -, aber auch mit Blick auf das vorherrschende Bild von der Mutter in den Medien ein eher unzeitgemäßes Modell. Wenn von der „modernen Mutter“ die Rede ist, zielt dies zumeist auf die Mütter ab, die Beruf und Familie vereinbaren. Kann Ihrer Meinung nach auch eine Ganztagsmutter modern sein?

Ursula Fournier: Es stimmt nicht ganz, dass die Ganztagsmutter, also die Mutter, die sich dazu entscheidet, ihre Kinder durchgängig selbst zu betreuen, allein im Fokus steht. Mütter „wachsen“ mit ihren Kindern. Das bedeutet, wenn ein Kind in seiner natürlichen, individuellen Entwicklung soweit ist, dass es gerne in den Kindergarten geht und später in die Schule, die Mutter Zeit-Nischen bekommt, in denen sie in unserer Gesellschaft anderen Aktivitäten nachgeht, als sich nur zu Hause zu betätigen. Das kann dann auch eine Teilzeitarbeit oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit sein. Mütter werden also immer in individuell verschiedenen Lebenssituationen sein, auch abhängig davon, wie viele Kinder in unterschiedlichem Alter sie haben. Wir wenden uns daher an Mütter in ganz verschiedenen Situationen.

Unter einer „modernen Mutter“ verstehen Sie ja eine Frau, die VERSUCHT, Beruf und Familie zu vereinen – weil dies aber unmöglich ist, greift sie vor allem bei sehr kleinen Kindern auf die Fremdbetreuung zurück. Ich bezeichne die Mütter, die sich bewusst dafür entscheiden, ihre Kinder durchgängig selbst groß zu ziehen und ihr Leben an den Bedürfnissen der Mutter-Kind-Bindung und Beziehung zu orientieren, als „postmoderne Mütter.“ Postmoderne Mütter erlauben sich, auf ihr Herz zu hören statt auf sogenannte Erziehungsexperten. Sie erspüren die berechtigten Bedürfnisse des Kindes. Ihre eigene Situation haben sie durchdacht und im gesellschaftlichen Zusammenhang verstanden. Dem Kind werden Grenzen nicht aus wirtschaftlichen Beweggründen gesetzt, sondern die Mutter orientiert sich an ihren Kräften und Möglichkeiten und respektiert den Entwicklungsstand des Kindes.

Wir fangen jetzt damit an, uns die Bedeutung und den Wert einer Mutter bewusst zu machen und zu formulieren, was eine Mutter für das Kind, die Familie, die Gesellschaft und letztendlich für die Welt bedeutet. 

FreieWelt.net: Angesichts einer Fülle an technischen Haushaltshilfen hat sich das Tätigkeitsfeld der Hausfrau und Mutter verändert. Böse Zungen meinen darum auch, Hausfrauen wären nur zu faul zum Arbeiten und würden sich im Fitness- und Sonnenstudio die Zeit vertreiben. Vor welchen neuen Herausforderungen steht die Mutter und Hausfrau von heute?

Ursula Fournier: Die abwertende Haltung gegenüber dem Beruf der Mutter und Hausfrau ist noch sehr verbreitet. Als selbstbewusste Mutter kann man über die platten Klischees aber auch lachen. Wir wissen, Mütter haben nach wie vor am wenigsten Zeit, einmal zum Fitnesstraining zu gehen. Kindererziehung ist eine höchst anspruchsvolle Tätigkeit. Mütter brauchen für ihre Arbeit in der Familie große körperliche und seelische Kraft und eine Vielzahl von Kompetenzen. Ein Haushalt mit Kindern ist ein Fulltime-Job.

Das Phänomen, dass wir trotz der modernen technischen Hilfsmittel wie Spülmaschine und Waschmaschine scheinbar immer weniger Zeit haben, betrifft alle – auch  Mütter. Das Leben ist sehr kompliziert geworden. Viele Anforderungen und Ansprüche müssen koordiniert werden. Es fängt damit an, dass Mütter und Väter  ihren Kindern viel bieten wollen und auch in der Freizeit sehr viel unterwegs sind oder dass bei vielen eine Ferienplanung dazu gehört. Nicht zu vergessen, dass die Freunde der Kinder nicht mehr in unmittelbarer Nachbarschaft wohnen. In vielen Häusern wohnen keine gleichaltrigen Spielgefährten. Auch aus anderen Gründen wie der Kindersicherheit bringen Mütter ihre Kinder also in Kindergärten, Schulen, zu ihren Freunden und Freizeitaktivitäten – und holen sie dort auch wieder ab. Je kleiner die Kinder sind, desto kürzer ist der „Leerlauf“ dazwischen – oft zu kurz für die Mütter, um etwas Zeitaufwendigeres zu erledigen, und zu lang, um nur mal schnell einkaufen zu gehen. Wer diese Phasen nicht selbst erlebt hat, kann sich kaum vorstellen, wie abgehetzt oder zeitlich gebunden Mütter dadurch sind.

Eine weitere Herausforderung ist die Isolation, in der sich viele Mütter befinden. Wir haben zwar Mütterzentren oder Müttercafés, in denen sich Mütter mit anderen Müttern treffen können, aber sie müssen extra dorthin gehen oder fahren, sind an bestimmte Zeiten gebunden, die vielleicht nicht zum eigenen Rhythmus, oder den Essens- oder Schlafenszeiten der eigenen Kinder passen. Viel schöner für die Mütter wäre es, wenn sie bei sich zu Hause gemeinsam kochen oder Hausarbeit erledigen könnten, aber das passiert noch nicht allzu oft. Nicht nur Nachbarn leben für sich, sondern die Verwandten sind vielleicht weit entfernt. So leisten die Mütter den ganzen Tag viel Arbeit rund um die Bedürfnisse ihrer Kinder, aber ihre eigenen Bedürfnisse nach einem Austausch mit Erwachsenen kommen dabei zu kurz.

FreieWelt.net: Viele wohlmeinende Experten preisen die Vorteile der Betreuung der Kinder in einer Kindertagesstätte: Frühst mögliche Bildung durch examinierte Erzieherinnen, Erlernen von Verhaltensregeln in der Gruppe, besserer Spracherwerb etc. In welcher Form profitieren die Kinder, wenn sie von ihrer eigenen Mutter betreut werden?

Ursula Fournier: Die Experten für Kinder sind die Mütter. Alles andere ist Theorie. Keine noch so gut ausgebildete Erzieherin kann eine Mutter ersetzen. Sie ist eben eine „fremde Betreuerin“, auch wenn sie noch so nett und pädagogisch qualifiziert ist. Die angeblichen Vorteile von KiTas sind durch fundierte Forschung widerlegt. Ein Kind, das mit seiner Mutter aufwächst, bekommt  Liebe, Zärtlichkeit, individuelle Einfühlung in seine individuellen Stärken, Schwächen, Bedürfnisse, seine Entwicklungsschritte. Die Mutter ist die einzige Person, die die Sprache ihres Kindes verstehen kann. Nur von ihr fühlt sich das Kind voll verstanden, nur ihr kann es alles mitteilen. Es kann sich dem Leben beherzt zuwenden, weil es sich jederzeit seine Rückversicherung bei seiner Mutter holen kann. Eine Mutter hat kein angelerntes Wissen. Sie greift auf ein „Urwissen“ in sich zurück – und sie entwickelt sich mit dem Kind in einer echten Bindung und Beziehung, seit es in ihrer Gebärmutter herangewachsen ist.

FreieWelt.net: Die Entscheidung über die Organisation von Familie ist auch immer von finanziellen Erwägungen abhängig. Viele Familien können es sich einfach nicht leisten, auf ein Gehalt zu verzichten, ohne auf staatliche Alimentation angewiesen zu sein. Sehen Sie hier familienpolitischen Handlungsbedarf?

Ursula Fournier: In einer Gesellschaft, die auf der Basis „Geld für Arbeit“ basiert, brauchen Mütter ein Gehalt. Die Realisierbarkeit dafür wurde inzwischen von vielen VordenkerInnen entwickelt. Darüber kann man sich in Büchern und den Literaturtipps darin gut informieren. Auf dem „Büchertisch“ im Mütterblitz sind viele solche Autorinnen und Autoren zu finden. Ich sehe dringenden Handlungsbedarf. Wenn Mütter für ihre Familienarbeit bezahlt werden, wäre das sicherlich auch das beste Mittel gegen den von den Politikern beklagten „Geburtenrückgang“. Mütter bekommen dadurch auch ihre Freiheit wieder, sich für die Arbeit in der Familie zu entscheiden. Es wäre vielleicht sogar eine Entlastung für die Partnerbeziehung. Denn wir dürfen nicht vergessen, wie schwer es heute auch für viele Familienväter ist, das Geld für die ganze Familie allein zu verdienen.

 

Mütterblitz finden Sie unter www.muetterblitz.de

Das Interview führte Kerstin Schneider

Foto: Ursula Fournier/privat

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Gockeline

Wenn ich den Artikel mir einziehe,bekomme ich ein schaudern.
Einerseits zeigt es wieder mal wie Frauen im Kopf einen Spagat machen zwischen Familie und Karierre,andererseits sind es gerade die Fraue die ihre Tätigkeit als Mutter abwerten.
Die Zahlen von Alleinerziehenden werden immer mehr und niemand fragt sich selber:wie konnte das so kommen?
Kinder brauchen Vater und Mutter und nicht eine Mutter die unglücklich und überfordert ist mit ihrem Kind.
Kinder tragen alle Probleme ihrer Eltern aus.
Man könnte den Frauen noch so viel zahlen,sie hätten immer ein ungutes Gefühl ,dass sie als Hausfrau und Mutter nichts wären!
Ich sehe, wie so viele Frauen in ihrer Karierre nach ein paar Jahren so fertig sind und keine Lust mehr haben in dem Getriebe des Berufsleben.
Dann haben sie große Sehnsucht nach Familienleben,das nun leider zu spät ist.
Frauen die durcharbeiten bis 65 Jahren ist eher eine Seltenheit.
Männer müßen das, ob sie wollen oder nicht.
Frauen gehen einen falschen Weg und merken es nicht mal.
Nicht dass sie ganz auf den Beruf verzichten sollen.
Wenn sie zur richtigen Zeit ihre Kinder versorgen mit Ehemann ist allen geholfen.
Die Bedürfnisse der Frauen samt Kinder befriedigt.
Danach können Frauen sich wieder im Beruf austoben.
Laßt den Männern ihren Beruf,weil sie den brauchen um nicht in ihren Trieben sich zu verfangen.
Wenn Männer zu viel Freizeit haben wollen sie ihren Trieb ausleben.
Also laßt sie arbeiten.

Gravatar: Nobody

Tja Rollenverteilung perfekt, nix zu gendern und keine Platz für den Alten, in der Familie, weil Muttchens 24/7-Angelegenheit und Muttchens alleiniger Anspruch auf Wachstum, sofern dieses denn überhaupt irgendwann einsetzen mag.
Kann man halt nix machen, Frau Schröder, außer: Mehr Geld rüber schieben!
Die Erzeuger haben nix mehr, also besser das gesamte inkompetente männliche Geschlecht in Kollektivhaft nehmen und im Hamsterrad ne Extrarunde rennen lassen.

Ich habe es geschafft meinen Kommentar ohne das Unwort des Jahres 2010 zu schreiben! *stolzbin*

@Klimax, der dessen Benneung ich erfolgreich vermied, ist der der ein Kind anerkennt (nur wichtig wg. Geld)- nicht mehr und weniger geht nicht.

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