Im Interview mit Freiewelt.net äußert sich der Geldhistoriker Hendrik Mäkeler zu der vom IWF vorgeschlagenen Schuldensteuer. Mäkeler sieht den Schuldenstand in der Eurozone mit Besorgnis und glaubt, dass die finanziellen Repressionen sich noch einige Zeit fortsetzen werden.
Freiwelt.net: In seinem neusten »Fiscal Monitor« mit dem Titel »Taxing Times« schlägt der Internationale Währungsfonds (IWF) zum Abbau der Staatsverschuldung eine zehn prozentige Abgabe auf Sparvermögen in der Eurozone vor. Sollten sich Sparer auf eine solche Zwangsabgabe einstellen?
Mäkeler: Es wird wohl niemand ernsthaft bestreiten wollen, dass die Schuldenstände vor allem in den USA, aber auch im Euroraum und andernorts weitaus zu hoch sind. Um die Schulden zu senken, gibt es grundsätzlich drei Möglichkeiten: Einsparungen auf der Ausgabenseite, Steuererhöhungen oder Inflation. Am unauffälligsten und politisch daher meist ungefährlichsten ist die Inflation, die wir daher in der Spielart der Finanzrepression bereits kennenlernen. Man könnte deshalb auch die Frage stellen, wie lange und wie massiv die Finanzrepression anhalten muss, bis die Sparvermögen zehn Prozent an Wert verloren haben.
Freiewelt.net: Der IWF begründet den Vorschlag mit der deutlichen Verschlechterung der öffentlichen Finanzen. Um diese ist es in der Eurozone tatsächlich nicht gut bestellt – bei einer Verschuldung von über 90 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP). Ist dies noch tragbar? Wenn ja, wie lange noch?
Mäkeler: Historische Untersuchungen zeigen deutlich, dass eine derart hohe Verschuldung nicht tragbar ist. Ob dieser Zustand bei 90 Prozent oder bereits früher oder später erreicht ist, dürfte in dieser Größenordnung nur noch eine akademische Streitfrage sein, um die es bekanntlich zuletzt einige Aufregung über eine Studie von Carmen Reinhart und Kenneth Rogoff gab.
Eine seriöse Antwort auf die Frage, wie lange ein derart hoher Schuldenstand tragfähig ist, scheint mir nicht möglich. Dies hängt wesentlich vom Vertrauen der Betroffenen in das Finanzsystem ab, aber auch vom Einfallsreichtum der Zentralbanken und der Politik in der Frage, wie sich eine halbwegs glaubwürdige Gegenfinanzierung arrangieren lässt.
Freiwelt.net: Wann kam es in Europa zuletzt zu einer vergleichbaren Abgabe?
Mäkeler: Da muss man nicht allzu lange zurückdenken: In Zypern wurde ja erst unlängst eine Abgabe auf Bankeinlagen über 100.000 Euro durchgesetzt. In Deutschland kam es im Zusammenhang mit den Staatsbankrotten nach den beiden Weltkriegen zu noch wesentlich größeren Verlusten. Bei der Betrachtung dieser Beispiele muss man freilich bedenken, dass die Voraussetzungen und Umstände sehr unterschiedlich waren – ein Problem, das es bei historischen Vergleichen stets zu berücksichtigen gilt.
Freiewelt.net: Welche Methode zur Entschuldung der Staaten würde die Sparer heute am wenigsten belasten?
Mäkeler: Für Sparer stellten zunächst einmal Kürzungen der Staatsausgaben die geringste Belastung dar. Allerdings wäre diese Finanzierungsform besonders belastend für Haushalte ohne nennenswerte Ersparnisse und mit geringen Einkommen, die staatlich unterstützt werden.
Daher ist die Frage zentral, wie man eine gerechte Verteilung der Lasten erreichen kann, die durch die enormen Staatsschulden entstanden sind. Dies gilt nicht nur für das Verhältnis zwischen Gläubigern (also Sparern) und Schuldnern, sondern vor allem auch für das Verhältnis zwischen den Generationen. Diese langfristige Perspektive wird in der Finanzpolitik gerne vernachlässigt, ganz im Geiste des Keynes’schen Diktums „in the long run we are all dead“.
Freiwelt.net: Falls es nicht zu der vom IWF vorgeschlagenen Schuldensteuer kommt. Wie glauben Sie, werden die Staaten der Eurozone das Schuldenproblem angehen?
Mäkeler: Ich gehe davon aus, dass die derzeitige finanzielle Repression noch längere Zeit fortgesetzt und eventuell ausgeweitet wird, um auf diesem Weg die fälligen Staatsschulden finanzieren zu können. Über einen möglichen Negativzins der EZB wird ja bereits spekuliert.
Freiewelt.net: Wie kann sich ein Sparer darauf vorbereiten?
Mäkeler: Das ist eine Frage, auf die besser ein Anlageberater als ein Historiker antworten sollte…
Kommentare zum Artikel
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Um an der Macht zu bleiben, brauch die politische Klasse Kalfaktoren. Ohne diese, bricht deren System wie eine Blase zusammen. Aus diesem Grund wird man diese Leute entsprechend honorieren. Ein Entfall von Beamtenpensionen wäre das falsche Signal. Entsprechend muss man davon ausgehen, dass auch wenn alles im Elend versinkt, diese Leute zu Lasten der Steuerzahler/wertschöpfenden Bürger bessergestellt werden. Wenn die Normalos keine Rente bekommen werden, die werden ihre ganz sicher bekommen.
Vorboten für diese Entwicklung sind doch die Basel-Richtlinien für die Kreditvergabe. Während ein wertschöpfender Unternehmer an dieser Hürde scheitert, bekommen Beamte die Kreditzusage über Nacht. Für die Leistungsträger/-erbringer in unserer Gesellschaft das falsche Signal.
Man denke mal an die Pensionszusagen der Beamtenschaft. Die Staatsausgaben werden kräftig steigen und damit die Verschuldung.
es sind nur 10% geld im Umlauf, und der IWF will 10% haben. ein Schelm, der böses dabei denkt?