Dr. Alexander Ulfig Soziologe

"Cannabis ist gefährlicher als Tabak oder Alkohol"

Der Philosoph, Soziologe und Publizist Dr. Alexander Ulfig kommt bei seiner Arbeit immer wieder mit jungen Menschen in Kontakt, die regelmäßig Cannabisprodukte konsumieren.  Angesichts der negativen Auswirkungen auf die kognitiven Fähigkeiten und die Persönlichkeitsstruktur, die er bei diesen beobachten konnte, warnt er davor, die vermeintlich weiche Droge zu unterschätzen und die Folgen des Kiffens zu verharmlosen.  

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FreieWelt.net: Welche Probleme entstehen Ihrer Ansicht nach durch den Konsum von Cannabisprodukten?

Alexander Ulfig: Der regelmäßige Konsum von Cannabisprodukten wie auch von anderen Drogen zerstört den Menschen. Ich habe seit vielen Jahren Kontakt zu Studenten, die regelmäßig Cannabis-Produkte konsumieren beziehungsweise konsumierten. Dabei ist mir an ihrem Verhalten Folgendes aufgefallen: Sie sind nicht in der Lage, sich auf eine Aufgabe über einen längeren Zeitraum zu konzentrieren oder eine größere Aufgabe in Angriff zu nehmen. In Diskussionen können sie keine klaren und schlüssigen Argumentationen vorbringen.

Stattdessen springen sie unzusammenhängend von einem Gedanken zum anderen (das nennt man in der Kiffer-Szene „assoziatives Denken“). Darüber hinaus wirken sie antriebslos und unmotiviert. Alles scheint ihnen egal zu sein. Der Cannabis-Konsum hat demnach nicht nur einen negativen Einfluss die kognitiven Fähigkeiten, sondern auch auf die Persönlichkeitsstruktur.

FreieWelt.net: Rechtfertigen diese Probleme ein gesetzliches Verbot?

Alexander Ulfig: Ich bin ein liberaler Mensch. Jeder soll nach seiner Façon glücklich werden. Meine Vorbehalte gegenüber dem Cannabis-Konsum beruhen auf den oben genannten Beobachtungen und gründen in der Sorge um junge Menschen. Es bricht mir einfach das Herz, wenn ich sehe, wie sich junge Menschen mit Drogen zugrunde richten. Dabei handelt es sich nicht um eine kleine Minderheit. Eine ganze Generation von Schülern und Studenten ist von der Krankheit „Kiffen“ betroffen. Wenn sich so viele Menschen mit einer Droge selbst zerstören, dann rechtfertigt es ein gesetzliches Verbot.
Doch ich würde zunächst eine offene, freie und ehrliche Debatte über den Cannabis-Konsum vorziehen. Eine solche Debatte findet derzeit nicht statt, weil viele Verantwortliche in Politik, Medien und Wissenschaft die negativen Folgen des Cannabis-Konsums verharmlosen. Kiffen gehört für mache Menschen zur alternativen Lebensweise. Es wird als Ausdruck von Freiheit und antibürgerlicher Gesinnung angesehen.

FreieWelt.net: Allein in Deutschland fordern Alkohol und Tabak jedes Jahr Zehntausende von Toten. So sterben im Schnitt 40.000 Menschen in Deutschland jedes Jahr an den Folgen von Alkoholmissbrauch, bei Tabak sind es über 100.000 – das sind mehr als bei allen illegalen Drogen zusammen und die bei Straftaten im Alkoholrausch getöteten Menschen sind noch nicht mitgerechnet.  Ist es da nicht etwas willkürlich, ausgerechnet Cannabis, für das bisher kein einziger Todesfall mit letzter Sicherheit nachgewiesen werden konnte, zu verbieten?

Alexander Ulfig: Ich bin auch kein Freund von Alkohol und Tabak, und das nicht zuletzt aufgrund von eigenen negativen Erfahrungen mit diesen beiden Drogen. Ich bin der Meinung, dass Menschen mit klarem Kopf, also ohne Drogen, mit ihren Problemen fertig werden und dass sie ohne Drogen ihre Ängste, Konflikte und Depressionen bewältigen können. Das ist mein Menschenbild. Wie Sie zurecht betonen, erkranken und sterben jährlich Tausende von Menschen am Konsum der von Ihnen genannten „Zivilisationsdrogen“. Warum sollte man eine weitere Droge legalisieren, die dann noch mehr Menschen krank machen würde? Das ist doch unlogisch.

Außerdem sagen mir meine Beobachtungen, dass der regelmäßige Konsum von Cannabis gefährlicher ist als der Konsum von Alkohol und Tabak. Ich weiß, hier werden viele aufschreien und behaupten, dass es Hunderte von wissenschaftlichen Untersuchungen gibt, die das Gegenteil beweisen. Ich glaube an die Wissenschaft und ihre Erkenntnisse. Aber in diesem Fall weiß man noch viel zu wenig, um von gesicherten Erkenntnissen zu sprechen. Man weiß zu wenig über die Einwirkung von Cannabis auf das menschliche Gehirn und die langfristigen Folgen des Cannabis-Konsums.

Zweitens habe ich schon so oft erlebt, dass wissenschaftliche Erkenntnisse, die zeitlang gegolten haben, durch entgegengesetzte Erkenntnisse abgelöst wurden. Der Publizist Henryk M. Broder hat das neulich in einer Diskussion bei Maybritt Illner folgendermaßen ausgedrückt: „Dieser Anspruch der Wissenschaftlichkeit ist sowieso albern, weil sämtliche wissenschaftlichen Erkenntnisse verjähren, spätestens nach fünf Jahren, und werden durch gegenteilige Erkenntnisse ersetzt.“ So weit würde ich nicht gehen, aber meine Beobachtungen und die bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnisse zu den negativen Folgen des Cannabis-Konsums klaffen zu weit auseinander. Ich verlasse mich in diesem Fall mehr auf meine Beobachtungen und meinen Verstand.

FreieWelt.net: Selbst wenn es gefährlich ist: Ist es erwachsenen Menschen nicht überlassen, selbstzerstörerisch handeln?

Alexander Ulfig: Ich spreche hier vor allem von jungen Menschen, die die Folgen des regelmäßigen Cannabis-Konsmus noch nicht richtig abschätzen können. Es gehört nicht zu meiner Vorstellung von Freiheit und Autonomie, dass sich Menschen, ob junge oder erwachsene, selbst zerstören. Auch hier spielt mein Menschenbild eine wichtige Rolle. Ich glaube nicht, dass sich Menschen gerne oder aus freiem Willen selbst zerstören. Hinter dem Willen zur Selbstzerstörung stehen in erster Linie ein schwaches Selbstwertgefühl, ferner Kränkungen sowie ungelöste Konflikte und Probleme.

Der regelmäßige Konsum von Drogen macht früher oder später süchtig. Damit verlieren Menschen ihre Freiheit und Autonomie. Der Bestseller-Autor Allen Carr hat in seinem Buch „Endlich Nichtraucher!“ Drogen mit fleischfressenden Pflanzen verglichen, die einen erst mit süßem Nektar locken und dann ganz langsam verspeisen. Das Süchtigmachen liegt in der Natur von Drogen.

FreieWelt.net: Wird ein Cannabis-Verbot nicht schon durch die hohe Verbreitung ad absurdum geführt?  Würde man zum Beispiel tatsächlich durchsetzen, dass alle kiffenden Krankenpfleger, Ärzte und Rettungsassistenten ihren Berufen nicht mehr nachgehen könnten, wie es die derzeitige Rechtslage im Prinzip vorsieht, wäre dies ein schwerer Schlag für unser Gesundheitssystem.

Alexander Ulfig: Dass etwas weit verbreitet ist, ist noch kein Grund dafür, es legalisieren zu müssen. Und niemand möchte durchsetzen, dass alle kiffenden Menschen einen Berufsverbot erhalten. Es geht hier nicht um ein Berufsverbot, sondern um das Verbot einer Droge. Die Legalisierung wird dazu führen, dass eine weitere Droge gesellschaftlich anerkannt wird. Das kann nicht die Lösung sein.

FreieWelt.net: Was für eine Drogenpolitik halten Sie für wünschenswert?

Alexander Ulfig: Ich halte eine Drogenpolitik für wünschenswert, die sich mehr auf die psycho-sozialen Ursachen des Drogenkonsums konzentrieren würde. Warum konsumieren so viele junge Menschen Drogen? Sie werden in Familie und Schule vernachlässigt. Viele wachsen ohne einen Elternteil, meist ohne Vater, auf. Es fehlen ihnen kompetente Gesprächspartner, mit denen sie über ihre Sorgen sprechen könnten. Es fehlen ihnen positive Vorbilder und Orientierung. Viele wissen nicht, was sie mit ihrer Freizeit anfangen sollen. Sie werden zu wenig gefördert. Das gilt insbesondere für Jungen und junge Männer. Bei der Lösung dieser Probleme ist nicht nur die Politik, sondern die ganze Gesellschaft gefragt.
Oft wird von der bewusstseinserweiternden Wirkung von Drogen gesprochen. Da kann ich nur lachen. Die buddhistischen Mönche zum Beispiel erreichen mit absolut klarem Kopf, also ohne jeglichen Drogen-Konsum, die höchsten Formen von Bewusstseinserweiterung. Solche Vorbilder brauchen junge Menschen.

FreieWelt.net: Herr Dr. Ulfig, herzlichen Dank für dieses Gespräch!

Das Interview führte Fabian Heinzel

zum Interview mit Jan Filter, der im Rahmen der FreieWelt.net-Debatte zum Thema "Cannabis" für eine Freigabe von Cannabis plädiert

(Bild: Alexander Ulfig)

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Horst

Sehr ausgewogener Artikel. Es ist medizinisch und rechtlich nicht nachvollziehbar, warum Cannabis für Erwachsene verboten ist, Alkohol aber legal. Wer Quellen und Studien zu den Angaben sucht wird hier fündig: https://cannabisfakten.de/

Gravatar: Michael (Dr.Frost)

Ich konsumiere seit meinem 13.Lebensjahr Cannabis und seit dem 16.Lebensjahr täglich,
und stehe mit beiden Beinen voll im Leben ohne Gesundheitliche Einschränkungen,,,
und ich werde 44 !!!
Ich möchte kurz und klar behaupten>>>>>>DIE MENGE MACHT's GIFT<<<<<<<<in allem .

...in diesem Sinne ,,,e schee Lebe noch in die Runde ;-) <3<3<3

mfG
3:) Dr.Frost

Gravatar: WA

45 Jahre Konsum? Ja, das merkt man an ihrem Kommetar, Herr Wikart. Ein Beweis u Warnung für alle Konsumenten.

Gravatar: Wikart

Hallo,
Canabis ist Medizin. Und nur so sollte dies eingesetzt werden. Der Körper produziert THC und Endocanabinoid, nur so sind Bereiche wie Sprache überhaupt möglich. Zu beachten ist auch, daß nur wir Menschen an den Synapsen eine Andockstation haben, zu der nur THC passt, Tourett, Epislepsie und vieles weiter lassen sich hervorragend mit Cannabis behandeln. Im Gegensatz zu den syntetischen Opiaten macht Cannabis nicht abhängig. Zudem gibt es keine Nebenwirkungen, der Kopf bleibt frei. Wichtig ist natürlich die Dosis. Alkohol zu verteufeln, nur weil einige Übertreiben, nur weil bei Missbrauch Abhängigkeit entsteht wäre genauso falsch, wie die Verteufelung von Cannabis. Zu beachten ist auch, das die Cananbisblüte 300 Wirksubstanzen enthält, die keine andere Pflanze bietet. Die Wirkungsbreite ist enorm. Das meine Frau auf Grund Ihrer sehr schweren chronisch entzündlichen Darmkrankheit noch lebt, ist dem Canabis zu verdanken. Meine Frau nimmt Cannabis in Form von Plätzchen und hauptsächlich als Tee zu sich. Der Bedarf ist 5 - 10 Gramm im Quartal. Schmerzlindernd, Krampflösend, Wasserhaushalt regulierend etc. wird dadurch ereicht, aber auch die Regulierung der Körpereigenen Produktion. Die Pflanze zu verbrennen, macht keinen Sinn.
Also bitte, differenziert betrachten und nicht etwas, das ein hervorragendes Naturheilmittel darstellt, dessen Wirkung Wissenschaftlich erwiesen ist, das Millionen Menschen hilft, auf Grund von denen verdammen, die Mißbrauch betreiben.
Wasser ist auch Gefährlich, nicht nur, daß die eiserne Gesundheit rostet, mit einem Zufiel kann sich ein jeder umbringen!
gerhard wikart
(45 Jahre Erfahrung mit Cannabis)

Gravatar: Mo

Antriebslos und unmotiviert ? das ganze hängt damit zusammen wie viel man konsumiert.ich spreche hier aus jahre langer erfahrung bin zwar nicht stolz.Bereue aber gar nichts.will nur eines klarstellen wenn sich der körper einmal an das thc gewöhnt hat kann man leicht berauscht alles machen und schaffen wie nüchtern.alkohol gehört verboten bzw gleichgestellt wie cannabis.weniger rauferein weniger unfälle

Gravatar: Andi Front

Das kann er doch nicht ernst meinen. Wegen leuten wie ihm gibts in Deutschland mittlerweile mehr zerrer als kiffer.
Nachweisbarkeit THC: min 30 Tage
Nachweisbarkeit Crystal : max 3 Tage
Super gemacht Dr. Unfug!

Fakt ist: Wenn jemand vor hat sich über einen längeren Zeitraum zu betäuben ist er mit Cannabis immernoch am besten bedient.

Gravatar: Dr. Heinz Schenk

Ach Leute, so ab und an ein guter Joint, dann kann mich die Alte mal und der Tag ist mein Freund!
Das lass ich mir von keinem nehmen.

Und auf die Kids muß man natürlich aufpassen. In einer Gesellschaft die schon anfängt den Säugling zu kommerzialisieren und dessen Konsumverhalten zu aletisieren, ist jedoch die "Naturdroge" Cannabis eher ungefährlich...breit wird meist alt und nicht erfolgreich, was jedoch nicht bewiesen ist (B. Gates hat auch gekifft, in der Garage, hab ich gehört, von meiner Großmutter und die rauchte bis sie 101Jahre alt war 5 Zigaretten täglich!)

Gravatar: jure

Fuck der schirche typ kennt sich garnicht aus..... konservativ zugeknöpft ohne ende!

Gravatar: Ebenherz

Dem Herrn Ulfig kann man entgegnen: in der richtigen Menge ist einfach alles gefaehrlich.

Leute die Cannabis rauchen sind in erster Linie Raucher. Rauchen ist eine Verlierer-Gewohnheit. Mehr gibts dazu nicht zu sagen.

Gravatar: Christian

Von einem Soziologen müsste man doch eigentlich mehr erwarten können, als solch pauschalisierende Diffamierungen die er Eingangs über seine Studenten macht! Natürlich wird es auch THC-Konsumenten geben, auf die die Beschreibungen zutreffen(mangelnde Konzentrationsfähigkeit, können keine größeren Aufgaben in Angriff nehmen usw...), doch trifft das natürlich nur auf einen gewissen Teil zu und bei denen lässt man darüber hinaus noch völlig die Aspekte aus, die mit der Sozialisation, Bildung etc. zu tun haben und die zu solchen Difiziten beitragen können. Ich bin selber ein kiffender Akademiker und habe in meinem Bekanntenkreis auch viele Beispiele von privat und beruflich erfolgreichen Menschen, die jedoch einer gelegentlichen gemütlichen "Haschischzigarette" am Abend feuchtfröhlichem (und z.T. pseudogeselligen) Alkoholkonsum dem Vorzug geben! M.E. sollte Dr. Ulfig an seiner doch sehr selektiven Wahrnehmung arbeiten!

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