Zuviel des Guten

Wenn Verbraucherschutz paranoide Züge annimmt, dann verheißt das nichts Gutes. Der Konsument als Opfer steht vor jeder neuen Regulierung.

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Deutschlands Verbraucherschützer haben ein neues Problem ausgemacht. Wieder einmal soll der Kunde über den Tisch gezogen werden, diesmal durch ein Verwirrspiel von Veränderungen von Verpackungsgrößen und Preisen. So jedenfalls die Darstellung der Hamburger Verbraucherzentrale, wovon der Spiegel  kürzlich eifrig berichtete. Nicht dass die Verbraucherschützer unrecht hätten, wenn sie eine Liste von Produkten mit veränderten Verpackungsgrößen und Preisen präsentieren und dabei feststellen, dass bei allen genannten Produkten der auf die Menge bezogene Preis gestiegen ist. Doch muss man auch der damit verbundenen Schlussfolgerung folgen, dass dies einzig und allein zum Schaden der Konsumenten ist?

Sicherlich, Preiserhöhungen schaden immer den Konsumenten, jedenfalls solange sie nicht mit einem Anstieg der Produktqualität oder -menge verbunden sind. Diese Feststellung impliziert jedoch nicht, dass Preiserhöhungen in einer Marktwirtschaft ein Ding der Unmöglichkeit sind. Schließlich sind Unternehmen von ihren Eigentümern dazu beauftragt den Gewinn zu maximieren, was sich eben nur über den gewinnmaximalen Preis der Güter realisieren lässt. Auch Hersteller von Babynahrung sind keine wohltätigen Organisationen. Nicht ohne Grund beschränken sich diese auf die Versorgung der Menschen in Notsituationen, wenn die Märkte nicht danieder liegen und es mehr darauf ankommt schnell und einfach Hilfe zu leisten als die Geschmäcker zahlloser Verbraucher mit einer breiten Vielfalt von Waren des täglichen Bedarfs zu befriedigen. Täglich ändern sich die Produktionsbedingungen für die Hersteller, Arbeitskosten steigen oder fallen, Rohstoffe müssen mal teurer, mal billiger eingekauft werden. All dies bedeutet, dass Preise nicht immer fallen können, sondern auch mal steigen müssen. Dabei ist es eigentlich einerlei, ob der Preis bei gleicher Menge steigt, mit sinkender Menge gleich bleibt oder aber weniger sinkt als die angebotene Produktmenge. Alle Veränderungen dienen nur dazu, dem Kunden die größte Differenz zwischen Zahlungsbereitschaft und Produktionsmenge abzutrotzen, damit sich die Versorgung der Konsumenten auch morgen noch lohnt. Für diese Binsenweisheit brauchen Deutschlands Konsumenten keinen Verbraucherschutz.

Da gibt es zum Beispiel diese von der Verbraucherzentrale ausgemachte Babynahrung, die vorher in der 800 Gramm-Packung pro Gramm 27 Prozent billiger als in der neuen, niedriger ausgepreisten 500 Gramm-Packung war. Na und? Könnte es nicht etwa sein, dass sich die Herstellung des Milchpulvers verteuert hat und der Anbieter jetzt der Meinung ist die Preiserhöhung nur umsetzen zu können, wenn er den Muttis die Option einräumt, statt tiefer in die Tasche für die gleiche Menge greifen zu müssen, lieber eine etwas billigere, aber kleinere Packung mit nach Hause nehmen zu können. Vielleicht können die Kunden auf diese Weise einfach besser mit der nötigen Preiserhöhung umgehen? Überdies, ein neugieriger Blick in das Regal mit der Babynahrung genügt, tummelt sich auf diesem Markt mehr als ein halbes Dutzend von Billig- bis Prämiumanbietern, mit Preisunterschieden für ähnliche Produkte und Angebotsmengen von mehr als hundert Prozent. Der betreffende Anbieter lag dabei im preislichen Mittelfeld. Der Kunde hat also kein Problem zur Konkurrenz zu wechseln, sollte er mit der Preisgestaltung eines Anbieters ein Problem haben. Dieser Wettbewerb ist es, der die Anbieter mehr diszipliniert als alle Verbraucherschützer zusammen.

Auch Konsumenten sind gnadenlose Schnäppchenjäger, die sich einen Teufel um die wirtschaftliche Situation der Unternehmen scheren, deren Produkte sie gerade zu einem Top-Preis erstanden haben. Ebenso wie die Produzenten maximiert der Verbraucher im Geschäft die Differenz zwischen seiner persönlichen Zahlungsbereitschaft und dem Preis, den die Anbieter im Wettbewerb um den Kunden gerade noch erlangen können. Um das zu erreichen wenden die Konsumenten nicht weniger perfide Tricks wie die Hersteller an. Mal kaufen sie kleinere oder größere Packungen, mal wechseln sie zur Konkurrenz, um dann wieder zum gewohnten Anbieter zurückzukehren. Dann wieder kaufen sie nur die Rohprodukte, um sich das gewünschte Endprodukt am heimischen Herd selbst herzustellen. All dies dient auch dazu, wenn auch häufig unbewusst, den Anbieter im Unklaren über die wahren Präferenzen und die wirkliche Zahlungsbereitschaft zu lassen. Kein Wunder, dass sich die Hersteller mit unterschiedlichen Kombinationen von Mengen und Preisen an den Geschmack der Konsumenten herantasten müssen. Es ist nicht leicht im Tauschgeschäft auf seine Kosten zu kommen, für keine der beiden Marktseiten. In einer Welt eigennütziger Konsumenten und Produzenten dürfen wir nicht erwarten, dass das Marktteilnehmer aus reiner Nächstenliebe miteinander Geschäfte betreiben. Schon Adam Smith war der Meinung das uns der Bäcker die Brötchen nicht verkauft, weil er uns mag, sondern weil er an uns verdienen will. Auch wir gehen am Sonntagmorgen nicht zum Bäcker, weil wir uns um das Wohlergehen der dort arbeitenden Angestellten kümmern, sondern weil wir Lust auf möglichst kostengünstige und schmackhafte Brötchen haben. So ist nun einmal die Welt und solange es Wettbewerb gibt, ist es auch gut so.

Ein Verbraucherschutz, der die Systemfrage stellt, wenn er auch nur den leisesten Verdacht hat, der Konsument müsse vor dem Supermarktregal nur eine Sekunde nachdenken, um nicht den folgenschweren Fehler einer nicht ganz optimalen Kaufentscheidung zu machen, schießt etwas über sein Ziel hinaus. Vor allem dann, wenn man sich nicht des Eindrucks erwehren kann, dass hinter der ganzen Aufregung das Wehklagen über den Wegfall einer Regulierung der Anbieter steckt, es also nicht allein um Verbraucherinformationen, sondern versteckten Lobbyismus für eine neuerliche Reglementierung der Wirtschaft geht. Beispiele dafür gibt es mehr als genug. Statt sich also über solche Lappalien wie versteckte Preiserhöhungen aufzuregen, sollten die Verbraucherschützer lieber Alarm rufen, wenn die Politik wieder einmal versucht im Interesse etablierter Händler den Wettbewerb zu behindern. Denn macht diese Praxis Schule, müssen sich die Anbieter irgendwann nicht mal mehr die Mühe machen ihre Preiserhöhungen zu verstecken. Dann hat der Verbraucherschutz versagt.

Dieser Beitrag erschien auch auf Denken für die Freiheit, dem Weblog des Liberalen Instituts der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit.

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