Zufriedenheit mit Hindernissen

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"Wie viel Familie verträgt die moderne Gesellschaft?" – So fragt die Roman–Herzog-Stiftung in ihrer aktuellen Studie, und spontan fällt mir erst einmal die Gegenfrage ein: Wie viel moderne Gesellschaft verträgt eigentlich die Familie und will das überhaupt noch jemand wissen?

Sie verträgt nicht sonderlich viel, scheint es auf den ersten Blick. Denn die auffälligste Erkenntnis der Studie wird sofort als Pressemitteilung veröffentlicht und lautet so: »Frauen, die nicht arbeiten, sind glücklicher als erwerbstätige Frauen, so das Ergebnis zur Lebenszufriedenheit der deutschen Bevölkerung. Männer hingegen sind ohne Job unzufrieden. Arbeit hat für sie eine identitätsstiftende Bedeutung.« Man könnte also sagen, trotz aller gegenteiliger Berichte in den feministisch beherrschten Redaktionen bundesweit sind Frauen in der so genannten »klassischen Rollenaufteilung« nicht etwa unterdrückt und unzufrieden, sondern ganz im Gegenteil, sie sind glücklicher als ihre erwerbstätigen Geschlechtsgenossinnen. Man könnte also mit Fug und Recht behaupten, dass die Familie zum Glücklichsein jedenfalls nicht viel Moderne benötigt.

Natürlich handelt die Studie von weit mehr als nur davon, welcher Lebensstil nun glücklicher macht und was daraus zu schließen sei. Es ist jedoch interessant zu sehen, dass sowohl die Macher der Studie als auch die Bericht erstattenden Medien, die auf den Zug aufsprangen, sich dieses Detail aus dem über 120 Seiten langen Dokument herausfischten. Klassisch natürlich auch die Folgerung, die sich am Ende aus dem Zehn-Punkte-Plan der zahlreichen Mitautoren ergibt: Die Kinderbetreuung muss weiter ausgebaut werden. Damit nämlich die unglücklicheren arbeitenden Frauen, dadurch glücklicher werden. Außerdem solle sowohl die Einverdienerehe als auch die Zuverdienerehe endlich abgeschafft werden zu Gunsten von Zweiverdienermodellen, in denen jeder sich selbst der Nächste ist und Gott behüte nicht für jemand anderen Verantwortung übernehmen muss.

Wieso folgert daraus niemand – nicht einmal die Autoren der Studie selbst – dass man vielleicht die glücklicheren Frauen in ihrem Lebensweg bestätigen sollte? Es wäre doch das Nächstliegende, zu sagen: Es macht sie glücklich, also lasst sie uns unterstützen. Leider ist die Schlussfolgerung eine andere: Es macht sie glücklich, also lasst sie uns abschaffen.

Zu verstehen sind diese Antworten aus der Fragestellung der Studie, die ja ganz klar vorgibt: Die Familie muss sich eingliedern in die moderne Gesellschaft. Die Prioritäten sind klar gesetzt. Zuerst kommt die Wirtschaft, dann die Familie. Nicht etwa muss die moderne Gesellschaft Rücksicht nehmen auf die Familie. Dementsprechend sind die Antworten und die Lösungswege ebenfalls auf die Anforderungen der zunehmend individualisierten und mobilen Arbeitswelt ausgerichtet und nicht auf die in Abhängigkeit voneinander lebenden Familienmitglieder. Bewusst hat man in der Studie die Themenfelder demographischer Wandel, Arbeitswelt, Vereinbarkeit von Familie und Beruf und die auseinander brechende Familie mit einander verbunden. Weil Familie und Arbeitswelt nicht mehr voneinander zu trennen sind. Weil das größte Problem der Arbeitswelt – der Fachkräftemangel – ganz allein durch die Familie und die Zahl ihrer Kinder gelöst werden kann und beide Faktoren dementsprechend in einem gegenseitigen Abhängigkeitsverhältnis stehen.

Niemand kann mit Sicherheit sagen, was genau Familien dazu bewegt, Kinder zu bekommen, so die Erkenntnis des Autors Michael Böhmer. Demnach sind demographische Entwicklungen zwar zu beobachten – die Bevölkerung schrumpft und altert –  man kann sie aber nur wenig beeinflussen, schon gar nicht kurzfristig, das versucht die Familienpolitik doch nun seit Jahrzehnten nahezu erfolglos – man kann nur auf sie reagieren. Dieses Phänomen wird sich in 20 Jahren noch weiter verschärfen, denn die heute nicht geborenen Mädchen stehen übermorgen auch nicht als potenzielle Mütter zur Verfügung.

Der Fachkräftemangel auf dem Arbeitsmarkt kann also politisch nur durch wenige Faktoren beeinflusst werden: Durch den Zuzug von Fremden, die kurzfristige Eingliederung von zahlreichen Frauen und Älteren in den Arbeitsmarkt und die Ausweitung der Lebensarbeitszeit. Interessant sind die Schlussfolgerungen des Autors: Der Ausbau der U3-Plätze als ein »Meilenstein« der Familienpolitik und seine Vision von einer Renaissance der Großfamilie. Wo Großeltern mit Zeit und Geld die Familiengründung ihrer Kinder begleiten, wo Enkel den Großeltern im Haushalt helfen und Kinder sich um die Pflege der Eltern kümmern. Leider gibt der Autor keine Auskunft darüber, woher denn die gelebte Solidarität zwischen den Generationen kommen soll, wenn die einzelnen Mitglieder der Großfamilie durch die Zwänge des Arbeitsmarktes kaum mehr Zeit miteinander verbringen, durch erzwungene und erwartete Mobilität auseinander gerissen werden und ihr Leben stattdessen zwischen U3-Platz, Ganztagsschule, Arbeitsplatz und Pflegestufe 2 stattfindet. Wann genau sollen sich Kinder um die Pflege der Eltern kümmern, wenn wir darauf hinarbeiten, dass sowohl Mann als auch Frau Vollzeit arbeiten? Und wann und mit welchem Geld sollen die Großeltern ihre Kinder und Enkel unterstützen, wenn sie selbst gezwungen sind, deutlich länger als bislang arbeiten zu gehen?

Berta van Schoor und Susanne Seyda widmen sich der Lebenszufriedenheit von Männern und Frauen in der modernen Gesellschaft mit einem erhöhten Frauenanteil unter den Erwerbstätigen und einer neuen Aufteilung der Rollen und Aufgaben innerhalb der Familie. Demnach ist der Grad der Zufriedenheit der Menschen ausschlaggebend für ihre Kreativität und ihre Produktivität. Wohlstand macht die Menschen glücklich, wobei mit mehr Geld nicht automatisch mehr Zufriedenheit »gekauft« werden kann. So stagniert etwa die Lebenszufriedenheit der Deutschen seit Beginn der 80er Jahre, obwohl sich der Wohlstand gleichzeitig deutlich erhöht hat. Außerdem machen laut Studie eine feste Partnerschaft und vor allem eine Ehe (!) glücklich. Kaum Unterschiede in der Zufriedenheit sind zwischen Männern und Frauen auszumachen, wohl aber zwischen Ost (unzufriedener) und West (zufriedener). Interessant sind zwei Studien, die erwähnt werden: Die Daten des Sozio-ökonomischen Panels (SOEP) zeigen, dass Kinder zufriedener Mütter bessere verbale Fähigkeiten und geringere sozio-emotionale Probleme haben (Berger/Spieß, 2009). Und eine australische Studie stellt sogar einen Zusammenhang her zwischen hoher Lebenszufriedenheit und der Anzahl der Kinder (Parr, 2010). Sprich: Glückliche Mütter haben kluge und ausgeglichene Kinder und Menschen mit vielen Kindern sind glücklicher als Menschen ohne. Verwirrend dann jedoch nur eine Seite später die Behauptung der Autorinnen: »Entgegen der intuitiven Vermutung, dass Kinder grundsätzlich eine Bereicherung des Lebens darstellen und damit zur Steigerung der individuellen Lebenszufriedenheit beitragen, hat das Vorhandensein von Kindern im Haushalt keinen Einfluss auf die Lebenszufriedenheit.« Ja was denn nun, hatten sie nicht gerade selbst eine genau gegenteilige Studie zitiert?

In diesem Aufsatz der Studie findet sich dann auch die viel zitierte Passage und die Erkenntnis, dass erwerbstätige Frauen deutlich unzufriedener sind als nicht erwerbstätige. Und auch bei der Messung der Arbeitszufriedenheit kommen gleiche Ergebnisse heraus: Die Frauen, die in klassischer Rollenaufteilung leben mit dem Mann als Haupt- oder Alleinverdiener sind deutlich zufriedener als die Frauen, die versuchen, ein egalitäres Modell zu leben, wo beide gleich viel arbeiten. Außerdem machen laut Studie Führungspositionen Frauen nicht glücklicher, was bei den Männern sehr wohl der Fall ist. Die Autorinnen erklären dies mit drei Hypothesen: Erstens seien Frauen eher in traditionellen Mustern verhaftet, sodass eine Frau, die in traditioneller Rolle lebt, gesellschaftlich anerkannt sei. Nun zeichnen sich Hypothesen vor allem dadurch aus, dass sie keine Tatsachen sind, sondern wie auch in diesem Fall eine pure Vermutung der Autorinnen. Angesichts der Tatsache, dass nicht erwerbstätige Frauen sich heute in Deutschland öffentlich als »Heimchen am Herd« bezeichnen lassen müssen, oder gar als zu faul, um arbeiten zu gehen, wie die ehemalige Familienministerin von der Leyen es ausdrückte, eine recht gewagte These. In der Regel sprechen Frauen, die als Hausfrau leben, verschämt und entschuldigend über ihren Lebensstil, sie fühlen sich unter Rechtfertigungsdruck, warum sie nicht »etwas Richtiges machen«.

Die Autorinnen vermuten zweitens, die Frauen würden sich heute nicht mehr so sehr mit anderen Frauen, sondern mehr mit Männern und deren Erfolgen und Gehältern vergleichen und seien deswegen im Erwerbsleben unzufriedener als zu Hause. Auch diese These lässt sich recht einfach entkräften durch die regelmäßig stattfindenden Studien des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung in Berlin, das sich mit der wahrgenommenen Einkommensgerechtigkeit beschäftigt. Dabei ergibt sich nun schon seit Jahren, dass Frauen zwar weniger verdienen als Männer, aber dennoch deutlich zufriedener sind mit dem, was sie haben.

Einzig das Argument der Doppelbelastung von erwerbstätigen Frauen und der daraus eventuell entstehenden Unzufriedenheit erscheint schlüssig, entspricht es doch dem Erfahrungshorizont der meisten Frauen, die versuchen, Kinder und Karriere gleichzeitig zu bewerkstelligen: Es wird nichts vereinbart, sondern einfach nur addiert. Ein paar Seiten weiter, im Fazit der Autorinnen, dann wieder eine Kehrtwende und die Behauptung genau des Gegenteils: »So ist beispielsweise die These widerlegt, dass Frauen durch eine doppelte Belastung in den Bereichen Familie und Arbeit generell weniger zufrieden sind.« Genau das hatten sie doch selbst ausführlich anhand der Zahlen erklärt; und dann folgt der Satz: »Unzufrieden ist allerdings die Gruppe von Frauen mit Kindern im Haushalt, die wie der Partner Vollzeit arbeiten, also das sogenannte Doppelverdiener-Modell leben.« Ja, was denn nun? Entweder sind Frauen mit Doppelbelastung unzufriedener oder sie sind es nicht, was sagen die Zahlen denn nun?

Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Autorinnen ob der Zahlen, die sie herausgefunden haben, erschrocken sind, denn sie passen nicht in das gebetsmühlenartig verbreitete Bild der glücklichen Frau mit Kindern und Vollzeitjob, das man uns in den Medien weismachen will. Schade, kann man nur sagen, denn die Zahlen sprechen eigentlich Bände. Und anstatt weiter an der Vereinbarung und somit an der Doppelbelastung von Frauen und Familien zu arbeiten wäre es angesichts dieser Erkenntnisse angebracht, endlich einmal darüber nachzudenken, wie man Kinder und Beruf zum Beispiel hintereinander in Einklang bringt. Mit einer angemessenen Zeit für die Kindererziehung und einem (Wieder-) Einstieg in den Beruf, wenn sie aus dem Gröbsten raus sind.

Doch das will offenbar niemand, kehren wir also wieder zur Demographie zurück: Die Wirtschaft braucht die Frauen sofort, und deswegen werden wir als Frauen wohl auch weiterhin in die Doppelbelastungsfalle treten müssen. Die moderne Gesellschaft verträgt nicht viel Familie – sie braucht sie jedoch, sollte sie ihre Probleme meistern wollen.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf www.frau2000plus.net

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: perle

Sehr geehrte Frau Kelle,

Sie haben nicht genau verstanden, was ich geschrieben habe. Merkwürdig. Studien zu kommentieren fällt Ihnen doch leicht.

Meine Zeilen brauchen keine Interpretation.

Sie geben immer wieder eine Forderung raus, dass Frauen zu Hause bleiben sollen. Oder ich verstehe Sie falsch. Und ihr Mann ist in Ihren Beiträgen nie ein vorbild für andere Männer.

Dass Sie Geld verdienen mit beruflicher Arbeit und eine Familie haben und Sie deshalb nicht vom Staat leben, macht Sie auch noch nicht zu einer Heldin. Machen doch so viele Männer, wie Frauen das gleiche.

Nein, Ihr Unterschied liegt nicht in Ihrem Handeln sondern in Ihren Worten.
In Ihren politischen Forderungen an die Politik.

Grüße Perle

Gravatar: Birgit Kelle

@Perle: Ich nehme an, es wäre Ihnen sicher lieber, ich würde Schweigen und mich meiner Familie widmen, dann bräuchten Sie sich nicht mit Argumenten auseinander setzen.

Nun, da Sie fragen, wie sich das vereinbaren lässt, dass ich öffentlich auftrete und Familie habe - ganz einfach: Ich arbeite dann, wenn andere gerade RTL II gucken, den nächsten Urlaub planen, im Fitnessstudie oder beim hundersten VHS Kurs sind. Und mein Mann übernimmt die Kinder, wenn ich weg muss beruflich. Weil er nämlich in der Tat Verantwortung übernimmt für unsere Kinder. Aber im Grunde genonmmen geht es Sie rein gar nichts an.

Bin ich für Sie unglaubwürdig, nur weil ich gezwungen bin für den Lebensunterhalt unserer Familie zumindest teilweise erwerbstätig zu sein? Weil ich das nicht leben kann aus finanziellen Gründen, was ich gerne würde? Die Doppelbelastung ist ja nichts was Frau sich aussucht. Ich könnte natürlich meine Arbeit niederlegen und Geld beim Staat beantragen und die Verantwortung für den Lebensunterhalt unserer Familie der Gesellschaft aufbürden. Dann könnten Sie auch weiterhin wie so viele Menschen in unserem Land in dem Vorurtail baden, dass Hausfrauen sowieso nix tun den ganzen Tag und Familien den Staat sowieso nur Geld kosten.
Mit freundlichen Grüßen

Gravatar: Gernot T.

Ich glaube nicht, dass es Ziel dieser Institutionen ist, die weißen Völker abzuschaffen. Diese Behauptung geht mir zu weit.
Hingegen bin ich der Meinung, dass die hochtechnisierten Länder sich mit ihrem rücksichtslosen Machbarkeitswahn allmählich selbst das Grab schaufeln.
Sie vergreifen sich so kurzsichtig und skrupellos an der Natur und ihren Gesetzen, dass die Sache einfach schiefgehen muss.

Gravatar: Carolus

Ein bewährtes Lebensmodell, der sich um den Lebensunterhalt bemühte Vater und die für die Familie sorgende Mutter, wird von der Nomenklatura diffamiert und ausgebremst und soll durch die Genderideologie ersetzt werden. Und diesmal wird die Ideologie funktionieren: Die weißen Völker schaffen sich ab. Und das ist eben eines der Hauptziele der Globalisten in UNO und EU.

Danke, Frau Kelle, für das Aufzeigen der Widersprüche dieser Studie!

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