Man soll sagen, ich lebte zu Zeiten Hektors, des Rossebändigers, man soll sagen, ich lebte zu Zeiten des Achilles (Wallensteins, Napoleons, Newtons, Michelangelos, Beethovens...) – dergleichen ist wohl auf ewig passé. Doch welche sind die prägenden Figuren unserer Zeit? Die Betonung liegt auf prägend; Frau Merkel oder Herr Obama, ja nicht einmal Putin werden wohl eine solche Rolle spielen und allenfalls in Herrscherlisten erscheinen wie die Pharaonen der meisten Dynastien, von denen außer ihren Namen wenig überliefert ist, wobei Obama als erster schwarzer US-Präsident eine gewisse Symbolik in die Zeiten tragen dürfte. Ist man am Ende, garstige Vorstellung, Zeitgenosse von Bill Gates, Steve Jobs oder gar Ray Kurzweil gewesen als den Leonardos und Kolumbussen der künstlichen Intelligenz? Oder ganz gegenstrebig von einer Kämpfer-Figur aus der orientalischen Weltgegend, die als Wiedergänger von Saladin oder Mehmed II. Fatih feierlich historisiert wird? Eher unwahrscheindlich. Kommen diejenigen, von denen dermaleinst Historiker künden werden, aus dem Herzen Asiens und bleiben unsereinem zeitlebens unbekannt? Oder ist vielleicht (womöglich, wahrscheinlich) längst jener Zustand erreicht, wo man buchstäblich niemandes Zeitgenosse mehr ist, weil aus dem königinnenfreien Gewimmel des globalen Ameisenhaufens keine Einzelseele mehr hervorsticht? Oder wird man sich an Popstars erinnern, an Sportheroen, Rapper, Pornodarsteller? Lebten wir zu Zeiten von Madonna und Lady Gaga? Verdient hätten wir's ja...
Anders, nicht weniger interessant, aber eindeutiger, stellt sich die Frage dar, wenn sie heißt: Gibt es eine Zeitgenossenschaft, auf die man einen gewissen Stolz empfindet? Was mich betrifft, lautet die Antwort: Carlos Kleiber. Stanley Kubrick.
Beitrag erschien zuerst auf: michael-klonovsky.de
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