Wohin treibt die Linke?

Abgesang auf die SPD? Bürgerliche Grüne? „Rechte“ Linkspartei?

Der Presseclub in der ARD befasste sich heute mit den Perspektiven der SPD und es herrschte seltene Einigkeit: Die SPD kann die nächsten Wahlen nicht mehr gewinnen, allenfalls sich noch in eine Wiederauflage der Großen Koalition retten. Ratlosigkeit herrschte zu der Frage, wofür die SPD überhaupt noch steht und mit welchen Themen sie überhaupt noch Wahlkampf machen könnte.

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Das Hauptdilemma wurde darin gesehen, dass der „Markenkern“ der SPD ja die „soziale Gerechtigkeit“ sei, die haushaltspolitische und demographische Entwicklung aber kaum noch die Möglichkeit bietet, diesen Anspruch in reale Politik umzusetzen.

Das wirft die grundsätzliche Frage auf, wer oder was die Linke heute noch repräsentiert, denn auch bei den zwei anderen Parteien, die gemeinhin dem linken Spektrum zugeordnet werden, den Grünen und der Linkspartei, zeichnen sich Entwicklungen ab, die die Grenzen ihres bisherigen Profils sprengen.

Die Grünen sind heute nicht mehr eine Vereinigung von antibürgerlichen Rebellen. Sie repräsentieren inzwischen große Teile des bürgerlichen Just-Milieu. Sie wird immer mehr zu einer Partei der Besserverdienenden mit ökologischem Antlitz. Ihre Wähler sind junge, akademische Schichten im expandierenden Dienstleistungsbereich, politikabstinente Großstädter, karriereorientierten Frauen, Bürger, deren Einkommen hoch genug ist, um sich um gute Ernährung zu kümmern und sich um den Amazonas zu sorgen. Die bürgerlichen Wähler der Grünen sind zum großen Teil näher bei Merkel und von der Leyen als bei Lafontaine.

Das Paradox der Vereinigung aus Linkspartei und WASG ist, dass sie sich zwar Linkspartei nennt, aber soziologisch vor allem die Schichten aufsaugt, die in anderen europäischen Staaten rechspopulistischen Parteien ihre Stimme geben. Wie eine Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung ergab, sind es nicht so sehr die Unionswähler, und fast überhaupt nicht die Wähler der FDP, für die die Einwanderungsfrage die größte Bedeutung besitzt. Es sind die Wähler von SPD und Linkspartei, denen Multikulti total gegen den Strich geht. Die Strategen der Partei sind sich dessen durchaus bewußt. Im SPIEGEL war zu lesen, dass Lafontaine über eine Kampagne gegen den Türkeibeitritt nachdachte. Deshalb wohl auch die Positionierung gegen den Lissabon-Vertrag. Große Teile der Wählerschaft der Linkspartei sind nämlich keine Internationalisten.

Sowohl bei der Linkspartei als auch bei den Grünen kommenden die neuen Tendenzen an der Wählerbasis noch nicht voll zum tragen, weil weite Teile der Funktionäre noch mit ganz anderen Weltbildern sozialisiert wurden. Es ist aber nur eine Frage der Zeit bis dies den Charakter beider Parteien grundsätzlich verändern wird. Was dann noch „links“ ist, wird dann noch schwammiger und nebulöser sein, als es heute schon der Fall ist - zu mal auf der anderen Seite die Union unter Angela Merkel sich in den Politikfeldern Wirtschafts- und Familienpolitik sehr weit der SPD und den Grünen angenähert hat.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Hans Wurst

korrekt habta alle rescht h3h3

Gravatar: Olaf

Die Einschätzung zur Linkspartei liegt ziemlich daneben. Die Studie auf die sie ansprechen ist die Studie "Vom Rand zur Mitte" der FES aus dem Jahr 2006. Darin werden nicht nur ausländerfeindliche Einstellungen, sondern auch andere rechtsextreme Einstellungen untersucht. Die Studie zeigt, dass Ausländerfeindlichkeit unter der Wählerschaft in allen größeren Parteien weit verbreitet ist. Von 20 % bei der FDP bis zu 29 % bei der PDS/WASG. Bei anderen rechtsextremen Einstellungen liegt der Fall anders: Chauvinismus, Antisemitismus und Verharmlosung des Nationalsozialismus sind in der PDS/WASG am wenigsten verbreitet. Hier liegen, so stellt es auch die Studie fest, vor allem die großen Parteien CDU und SPD der Wählerschaft am nächsten. Von Personen mit einer gefestigten rechtsextremen Einstellung wählen knapp 60 Prozent CDU/SPD und Grüne.
Es gibt jedoch auch immer noch einen Unterschied zwischen Parteimitgliedern und Wählerschaft. Da hilft bei Parteimitgliedschaft eine klare Positionierung, wie sie bei den Linken sicherlich gegeben ist. Die Positionierung gegen den Lissabonvertrag hat mit ganz anderen Positionen zu tun, insbesondere für eine Demokratisierung der europäischen Institutionen und gegen die Militarisierung, also den Aufbau einer europäischen Armee. Hier hat zeigt sich die Linkspartei als Garant für die Friedensbewegung gegen jegliche militärische Aufrüstung.

Um Ihnen zum Schluss noch etwas entgegen zu kommen. Natürlich hat die Ausrichtung einer Partei immer auch etwas mit der Sozialisierung ihrer Mitglieder zu tun. Ich denke aber nicht, dass ein Mensch mit ausländerfeindlichen Einstellungen diese von Grund auf in sich trägt, sondern in neuen Strukturen, die von Solidarität geprägt sind, diese sogar ganz ablegen kann.

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