Wir wollen Arbeit! (Teil I)

Arbeit schaffe Wohlstand heißt es. Aber ganz so einfach ist das nicht. Schauen wir uns Herrn Prumme an. Ich kenne keinen arbeitsameren Menschen! Von morgens bis abends gräbt er seinen Garten um. Er gräbt und gräbt, buddelt Löcher und schüttet sie wieder zu. Prumme schwitzt und stöhnt. Seine Knie schmerzen, aber tapfer arbeitet er weiter: ein unglaublich fleißiger Mann! Nach Monaten emsiger Umgrabearbeiten gehen ihm die Lebensmittelvorräte aus. Er nagt am Hungertuch, und dies, obwohl er sich schier zu Tode geschuftet hat. Das Leben ist so ungerecht.

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Arbeiten ist kein Genuß

Sie meinen, dieses Beispiel sei an den Haaren herbeigezogen? Vielleicht. Die Vergeblichkeit hinter solch einer Arbeitsmaßnahme ist allzu offensichtlich. Doch hat die Sache einen wahren Kern. Arbeit als solche ist kein Garant für Wohlstand. Arbeit ist in erster Linie Maloche, und die tut weh. Wer nach Arbeit schreit, wünscht sich im stillen etwas ganz anderes. „Gearbeitet wird um des Ertrages und des Lohnes willen“, schreibt Ludwig von Mises in seinem umfangreichen Werk „Nationalökonomie“. Es wäre überaus peinlich, wenn die Agentur für Arbeit umgetauft würde in „Agentur für Entlohnung“, und das Arbeitsministerium in „Entlohnungsministerium“. Nicht alles, was man denkt, sagt man auch. Arbeit ist notwendiges Mittel zum Zweck. Arbeiten verheißt keinen Genuß, nach dem man sich sehnt, den man heftig begehrt, wer wollte dieses abstreiten. Allein die Aussicht auf Verbesserung der eigenen Lage durch Arbeit läßt den Menschen das unvermeidliche Arbeitsleid ertragen.

Nicht jede Arbeit ist wohlstandsbildend

Die Bildung von Kapital und Wohlstand setzt Arbeitsleistung voraus. Während dieser Satz ohne Einschränkung richtig ist, gilt folgender nur unter gewissen Bedingungen: Arbeit schafft Wohlstand. Arbeit ist nicht gleich Arbeit, und nicht jede Arbeit schafft Wohlstand. Leider gibt es ausgesprochen dumme Arbeiten. Diese erzeugen nicht Ordnung, sondern Unordnung, was aber auf den ersten Blick nicht erkannt wird wie etwa sinnloses Löchergraben. Unnötige Arbeiten verursachen Behinderungen und verzehren Kapital. Das Zerschlagen intakter Güter und Einrichtungen ist eine solch kontraproduktive Arbeit – die Jobs zur Rettung der Welt vor dem bösen Klima gehören in diese Kategorie. Wohlstandsschädigend ist auch das beliebte Herumbasteln an diversen funktionierenden Ordnungsrahmen, anmaßend „Reformen“ genannt. Geradezu exemplarisch für hinderliche Arbeitsvorgänge ist die liebevolle „Begleitung“ unternehmerisch tätiger Personen durch Angehörige der Verwaltung. Letztere sind zu bedauern, weil ihre Arbeit nicht genug Wertschätzung erfährt, was sie überhaupt nicht verstehen können. Darunter leiden sie so sehr, daß viele von ihnen vorzeitig in Rente gehen müssen. Soweit ich weiß, ist noch nicht empirisch untersucht, ob die Betroffenen unter dieser Art von „Arbeitslosigkeit“ leiden.

Schließlich ist das Gros der Arbeiten, die in den akademischen Türmen der Gesellschaft geleistet wird, kapitalverzehrend. In mühevoller geistiger Kleinarbeit werden die Konzepte für die Umgrabearbeiten erstellt. Akademiker, Politiker, Manager, Funktionäre – sie alle arbeiten bis zur psychischen Erschöpfung an der Verbesserung der Naturgesetze. Wir sollten ihnen dankbar sein, denn sie sind es, die dafür sorgen, daß uns die Arbeit nie ausgeht wie bei unserem fleißigen Prumme.

Viel Arbeit: Kennzeichen von Reichtum?

Das bringt mich jetzt zu der Frage: Seit wann ist Arbeit das Kennzeichen einer wohlhabenden Gesellschaft? Müßte das nicht die Muße sein? Arbeitsteilung und fortschrittliche Technik haben uns einen unvergleichlich hohen Lebensstandard beschert. Dennoch genießt nur ein Teil der Gesellschaft Muße, während sich der andere nach wie vor bis an den Rand des Grabes schuftet. Aber ach, jeder verlangt nach Arbeit und nach noch mehr Arbeit. An wen wendet sich diese Forderung überhaupt? Da bin ich ratlos. An mich wohl kaum. Ich kann niemandem Arbeit geben. Ich schufte mich selbst zu Tode. Um nicht gänzlich an dieser Wirrnis zu verzweifeln, schließe ich meine Überlegungen mit einer (noch) nicht ganz wahren Geschichte ab.

(K)ein Märchen

Die von den Gewerkschaften organisierte Protestkundgebung gegen Arbeitslosigkeit hat Tausende von Teilnehmern in die Hauptstadt gebracht. Der Platz vor dem Regierungsgebäude ist schwarz von Menschen. Transparente mit der Aufschrift „Wir wollen Arbeit!“ werden hochgereckt. Ein Bevollmächtigter der Regierung tritt auf den Balkon. „Ar-beit, Ar-beit, Ar-beit!“ schallt es ihm entgegen.

„Aber gern, sofort!“ lautet seine ruhige Antwort. Die Masse verstummt. Dann bricht unglaublicher Jubel aus. So leicht hat man sich den Sieg nicht vorgestellt. Schwere LKW kommen an. Die Arbeitssuchenden werden gruppenweise auf die Ladeflächen der Fahrzeuge verteilt und zu dem begehrten Arbeitsplatz verfrachtet. Sie rollen in ein umzäuntes Gelände, das Tor schließt sich hinter ihnen. Als sie von den Ladeflächen herabklettern, bekommt jeder einen Spaten in die Hand gedrückt. Ratlosigkeit und Empörung breiten sich aus. „Wo sind wir? Was soll das?“ – „Ihr wolltet doch Arbeit. Nun, hier habt ihr sie!“

Hat eine Gesellschaft, die vom Staat Arbeit verlangt, etwa anderes erwartet?

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Kirsten Sch.

Bitte schuften Sie sich nicht zu Tode, Frau Pfeiffer-Stolz! Ich möchte nur ungern auf Ihre interessanten Artikel verzichten.

Gravatar: Friedrich Dominicus

@Bleichgesicht.
Ich verkneife mir einen bösen Kommentar und verweise einfach mal auf Literatur aus dem Lager der "Österreicher", vielleicht möchten Sie einmal einen Blick in die Schriften von Rothbard werden?

Gravatar: Bleichgesicht

"Arbeit schaffe Wohlstand"
Das ich nicht lache, es liegt am Wert der, der Arbeit zugesprochen wird.
Obwohl die Aussage doch wieder stimmt, einer verdient gut daran.

Mit meinem Gehalt kann ich nicht leben, mit dem Verdienst anderer aber sehr gut!

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