Wiederverheiratete Geschiedene: Notwendige Klarstellung

In der Katechese vom Mittwoch betrachtet der Papst die Situation von Geschiedenen in neuen Beziehungen. Und stellt Notwendiges klar.

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Kirchlich verheiratet, zivil geschieden und in einer neuen Beziehung – man könnte meinen, zu dem Thema sei schon alles gesagt. Das meiste ist es auch, aber das heißt nicht, dass alles bereits so „angekommen“ ist, wie es sollte. Darum hat sich der Papst am Mittwoch – in seiner ersten Katechese nach der „Sommerpause“ – dieses Themas angenommen. Lohnt sich über ein solches Thema noch eine Katechese – die Position der Kirche kennt doch jeder, ob Katholik, verheiratet, betroffen oder nicht? Aber ist das wirklich so?

Der Papst tritt bei seiner Katechese wieder als Vermittler auf, denn die Diskussionen über den Umgang mit sogenannten „wiederverheirateten“ Geschiedenen werden in Teilen erbittert, vielleicht verbittert geführt. Wenn auch intellektuell die meisten in der Lage sein sollten, die kirchenrechtliche Situation nachzuvollziehen, die so kompliziert nicht ist, so wird doch der Ausschluss von den Sakramenten, insbesondere von der Eucharistie, von Betroffenen als Ausschluss aus der Kirche gedeutet – und nicht wenige derjenigen, die die Unauflöslichkeit der Ehe zu Recht verteidigen, wirken verbissen, wenn es darum geht, ob und wie die Betroffenen in der Kirche aufgehoben sein sollten: „Keine Eucharistie und basta!“ Sachlich richtig, pastoral und seelsorgerisch aber nicht zielführend.

Zunächst betrachtet der Papst allerdings die oft anzutreffenden anderen Betroffenen einer Trennung, die Kinder. Abgesehen davon, dass auch Geschiedene in neuen Beziehungen weiter Teil der Kirche sind, müsse gerade ihnen gegenüber deutlich gemacht werden, dass sie und ihre Eltern willkommen sind (Zitat hier wie im folgenden von Zenit):

Daher ist es wichtig, dass die Gemeinde sich in ihrem Verhaltensstil, in ihren Ausdrucksweisen und Gesten immer sehr einfühlsam verhält, besonders im Umgang mit den Kindern. Wie könnten wir sonst diesen Eltern dazu raten, ihre Kinder zu einem christlichen Leben zu erziehen und ihnen ein Vorbild im Glauben zu sein, wenn wir selbst sie aus der Gemeinde entfernen und wie Ausgestoßene behandeln würden? Wir müssen achtgeben, dass wir vor allem den Kindern nicht mehr Leid auflasten, als sie ohnehin schon in solcherlei Lebensumständen zu ertragen haben! Leider ist die Anzahl dieser Kinder und Jugendlichen sehr hoch. Es ist wichtig, dass sie die Kirche als aufmerksame Mutter erfahren, die immer bereit ist, allen zuzuhören und allen entgegenzukommen.

Dieser Wechsel der Blickrichtung wäre missverstanden, sähe man ihn nur als sentimental – Guck, die traurigen Kinderaugen -, er ist notwendig, um den Blick auf das gesamte durch eine Trennung gestörte Umfeld wieder zu erlangen. Man kann das noch erweitern: Neben dem Paar und den möglicherweise neuen Partnern, sind eben auch noch Kinder involviert, meist auch die Eltern der Paare, Freunde und Bekannte, die durch diese Situation herausgefordert werden. Sie alle sind nicht durch das Sakrament der Eheleute verbunden, sehen sich aber aber dennoch mit Konsequenzen konfrontiert und bedürfen auch der Ansprache der Kirche. Die Kinder trifft es aber im Besonderen, darum ist es gut, dass der Papst darauf hinweist, dass man im Umgang mit dem getrennten Paar auch deren Kinder nicht aus dem Auge verlieren darf.

Dazu ist eine wesentliche Klarstellung wichtig, die den meisten nicht unbekannt ist, die Konsequenzen werden aber oft nicht gesehen:

Diese Menschen sind ja in der Tat keine Exkommunizierten und dürfen auf keinen Fall als solche behandelt werden: Sie sind nicht exkommuniziert, sie sind nach wie vor Mitglieder der Kirche! […] Daraus ergibt sich die oft wiederholte Aufforderung der Hirten an ihre Gemeinden, sich offen und empfänglich gegenüber diesen Gläubigen zu zeigen, sie aufzunehmen und zu ermutigen, damit sie ihre Zugehörigkeit zu Christus und zur Kirche immer mehr entfalten und in ihrem konkreten Leben umsetzen, durch das Gebet, die Anhörung des Wortes Gottes, die Teilnahme an der Liturgie, die christliche Erziehung ihrer Kinder, die Nächstenliebe und den Dienst an den Armen, den Einsatz für die Gerechtigkeit und den Frieden.

Manche Medien sehen in dieser Formulierung mal wieder eine Neuorientierung der Kirche bzw. des Papstes, ein Signal auf Änderungen bei der Familiensynode. Ich vermag das nicht zu sehen: Was der Papst hier beschreibt ist – oder sollte es sein – Normalität. So wie jeder Gläubige an der Heiligen Messe teilnehmen kann, auch Anspruch auf Seelsorge durch einen Priester hat, natürlich zum Herrn beten kann und sich im Besonderen auch in der Kirche engagieren kann, so kann das auch der Geschiedene in einer neuen Beziehung. Der objektive Zustand der schweren Sünde verhindert zwar, dass er die Eucharistie empfangen kann, er verhindert aber nicht, Teil der Kirche zu sein, nebenbei mit den gleichen Missionsaufträgen wie jeder andere Christ auch.

Darum ist auch der auf den ersten Blick überraschende Hinweis des Papstes auf „die christliche Erziehung ihrer Kinder, die Nächstenliebe und den Dienst an den Armen, den Einsatz für die Gerechtigkeit und den Frieden“ leicht erklärbar. Die Betroffenen sind nicht nur Teil der Kirche, sie haben als solche auch den gleichen Auftrag, den sie gemeinsam mit allen anderen – man sollte vielleicht dazu schreiben: mit allen anderen Sündern – erfüllen sollen. Das bedeutet aber für alle Gläubigen, die Betroffenen nicht mit ihrer Situation im Regen stehen zu lassen. Es ist auch Aufgabe jedes Gläubigen, auf die Brüder Acht zu geben und sich auch im ihr Seelenheil zu sorgen. Oder, wie der Papst sagt:

„Die Kirche ist berufen, immer das offene Haus des Vaters zu sein […].“ Keine verschlossenen Türen! Keine verschlossenen Türen! Jeder kann auf irgendeine Weise am Leben der Kirche teilhaben, jeder kann der Gemeinde angehören. „Die Kirche ist […] das Vaterhaus, wo Platz ist für jeden mit seinem mühevollen Leben“ (apostolisches Schreiben „Evangelii gaudium“, Nr. 47).

In gleicher Weise sind alle Christen dazu berufen, den Guten Hirten nachzuahmen. Besonders die christlichen Familien können mit ihm zusammenarbeiten, indem sie sich um die verwundeten Familien kümmern und sie im Glaubens- und Gemeindeleben begleiten. Jeder muss im Rahmen seiner Möglichkeiten die Rolle des Guten Hirten annehmen, der alle seine Schäflein kennt und keinem von ihnen seine grenzenlose Liebe vorenthält!

Wie gesagt: Eigentlich sollte das alles nichts Neues sein. Ist es aber in der Konsequenz doch, und darum muss man dem Papst für diese Klarstellungen dankbar sein.

Beitrag erschien auch auf: papsttreuerblog.de 

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Papsttreuer

Lieber Herr Roggentin,

danke für Ihr Zeugnis! Und ich kann mich einzelnen Vorrednern nur anschließen, wie es auch der Papst erläutert hat:

Mit einer Wiederheirat nach einer Scheidung sind Sie nicht exkommuniziert, dürfen und sollen an der Liturgie teilnehmen. Ich kenne die Beweggründe Ihres Pfarrers nicht, aber nach Ihrem Bericht sehe ich überhaupt keinen Grund, warum sie die Messe "heimlich" besuchen müssten. Leider scheint es ein paar Geistliche zu geben, die tatsächlich meinen, eine Nichtzulassung zu den Sakramenten sei eine Exkommunikation. Das ist aber einfach sachlich falsch!

Dass Sie die Situation belastet, kann ich gut nachvollziehen und ich bewundere Ihre Einstellung, dem Glauben dennoch treu bleiben zu wollen. Ich kann eigentlich nur empfehlen, sich einen wirklich guten geistlichen Begleiter zu suchen, der sie auf dem Weg - der auch ohne einen Kirchenausschluss nicht einfach ist - unterstützen kann. Möglicherweise finden Sie tatsächlich in Ihrem Umfeld einen anderen Priester oder eine geistliche Laiengemeinschaft, die Sie begleiten kann?

Leider kenne ich mich im Bistum Hildesheim überhaupt nicht aus, daher kann ich Ihnen keinen Tipp dazu geben, aber vielleicht werden Sie auf der Seite des Bistums fündig? Gerne können Sie mich auch über die Kontaktseite auf meinem Blog ansprechen.

Ich wünsche Ihnen jedenfalls alles Gute und Gottes Segen auf Ihrem Weg!

Gravatar: Jürg Rückert

Darf ein Katholik ein Sakrament „auslassen“, ohne zu sündigen, wenn er nur zivil heiratet? Wer die Ehe als „weltlich Ding“ ansieht und den Bund über die Kirche ausschlägt, steht der genau so im Stande einer Sünde wie der Wiederverheiratete? Wird ein Katholik, der eine Protestantin protestantisch geheiratet hat unter der verwendeten Formel „so lange es gut geht“ auch von der Kommunion ausgeschlossen oder erst, wenn er sich wiederverheiratet? Der Tretminen sind viele, das Leben ist so bunt und vielfältig!

Gravatar: Lisje Türelüre aus der Klappergasse

Lieber Herr Roggentin,
vielen Dank für Ihren mutigen und ehrlichen Bericht.
Die Reaktion Ihres Pfarrers verstehe ich allerdings nicht. Warum sollen Sie nicht die heilige Messe besuchen? Sie sind doch nicht exkommuniziert?

Gravatar: Peter Schaefer

Mein lieber Axel,

was sind denn das für abenteuerliche Geschichten?

Nur weil Du wieder geheiratet hast, bist Du nicht exkommuniziert und hast genau wie alle anderen die Möglichkeit eine heilige Messe zu besuchen.

Es ist auch keiner gezwungen zur Eucharistie zu gehen, man kann einfach sitzen bleiben. Mir sind die ganzen Heiligen, die da nach vorne rennen eh suspekt und Du mußt auch nicht vor dem Schlußsegen gehen.

Vielleicht wäre aber tatsächlich eine gute Idee, eine andere Gemeinde zu besuchen und diese verbissen gläubige Gemeinde lieber Gottes Gnade zu überlassen.

gesegnete Grüße

Gravatar: Freigeist

Wie man so dumm sein kann, sich von jemandem wie dem Papst etwas sagen zu lassen. Einfach nur dämlich, da es einen Gott nicht gibt und der Papst nur ein Schauspieler ist.

Gravatar: Axel Roggentin

Leider sieht die Realität anders aus. Nach meiner Ehescheidung, die gänzlich ohne mein Verschulden zustande kam, meine Frau hatte mich wegen eines Anderen verlassen und sie war es auch, die die Scheidung eingereicht hat. Sie hat ein Kind von mir abgetrieben und war, im Gegensatz zu mir, nicht gläubig. Leider hatten wir auf Drängen ihrer Eltern auch kirlich geheiratet....
Nun habe ich nach längerer Zeit eine Frau kennengelernt und wir haben geheiratet. Wir haben zwei Töchter. Beide sind katholisch getauft und christlich erzogen worden. Und das, obwohl ihr Vater aus der Gemeinde ausgeschlossen wurde! Können Sie sich vorstellen, was es für mich hieß, als meine Töchter zur Erstkommunion gingen und ich bin von den Sakramenten ausgeschlossen? Eine Annulation der Ehe habe ich im Bistum Hildesheim versucht, bin aber gescheitert. Ich war bei unserem Gemeindepfarrer. Er sagte, ich solle doch in einer anderen Gemeinde die heilige Messe besuchen, dort würde mich doch niemand kennen. Oder ich solle etwas zu spät in den Gottesdienst kommen und ganz hinten Platz nehmen. Dann kurz vor dem Schlusssegen die Kirche wieder verlassen, dann merkt von der Gemeinde niemand, dass ich anwesend war. Ich könnte weitere Beispiele anführen, aber alles haben den gleichen Tenor: man gibt mir eindeutig zu verstehen, dass ich nicht mehr dazu gehöre. Ja, ich zahle weiter meine Kirchensteuer, und ja, ich betrete heimlich ab und zu den Dom in Hildesheim um zu beten. Und ich habe meinen Glauben nicht verloren. Aber ich habe den Glauben an die Kirche verloren. Ich habe das Gefühl, man hat mir die Tür verschlossen. Dabei sollte die Kirche nicht gerade für Menschen wie mich ein offenes Ohr haben, mich in meiner Situation unterstützen?
Den einzigen Kontakt, den die Kirchenvertreter zu mir suchen, sind die jährlichen Briefe mit den Spenden-Zahlscheinen.
Was also soll ich tun? Soll ich meine Ex-Frau töten, dann im Beichtstuhl die Tat bereuen? Dann wäre ja der Passus "bis das der Tod euch scheidet" erfüllt und ich wäre wieder "berechtigt" die Sakramente zu empfangen. Aber diesen Weg kann ich leider nicht gehen. Ich habe meinen Glauben, für meine Gebete brauche ich keine Kirche heimlich betreten.
So muss ich einst auf das Sterbesakrament verzichten und auf Gottes Gnade hoffen. Ich rechne damit, dass er seine Menschenkinder mehr liebt, als die Kirchendiener ihre Gemeindemitglieder.

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