Wem sei Dank?

Sind wir also wieder schlauer geworden. Der Wissenszuwachs besteht in dem medienwirksam veröffentlichten Statement Tim Cooks, seines Zeichens Apple-Chef, er sei schwul.

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Sind wir also wieder schlauer geworden, wenn man „Schlauheit“ als gesammeltes Wissen, auch in Abgrenzung zur Intelligenz oder gar zur Weisheit betrachtet, zu denen noch ein bisschen mehr gehört. Der Wissenszuwachs besteht in dem medienwirksam veröffentlichten Statement Tim Cooks, seines Zeichens Apple-Chef, er sei schwul. Das wäre an sich keine besondere Neuigkeit (mich stört derzeit an Apple, dass die ihren Mitarbeiterinnen das „Social Freezing“, also das Einfrieren von Eizellen zur späteren – beschäftigungspolitisch besser gelegenen – Befruchtung, finanziert, das ist aber ein anderes Thema), ist doch die Homosexualität weder Grund für ein besseres noch ein schlechteres Management (jedenfalls wüsste ich von keiner ernstzunehmenden Untersuchung, die so einen Zusammenhang belegen würde).

In den Medien liest man dazu, dass das eh bekannt oder jedenfalls nicht völlig überraschend gewesen sei, dass Cook sich auch selbst nie als diskriminiert oder schief angesehen gefühlt habe. Schönes Beispiel eigentlich, wie man entspannt mit dem Thema der persönlichen sexuellen Orientierung umgehen könnte …

„Könnte“ deshalb, weil es sich Cook dann doch nicht verkneifen konnte, sein „Coming out“ noch ein bisschen zu würzen, und zwar mit besonderen Worten, bei denen man bei einem intelligenten Mann wie Cook davon ausgehen darf, dass er sie nicht einfach aus einer Laune heraus sondern bewusst gewählt hat :

I’m proud to be gay, and I consider being gay among the greatest gifts God has given me.

Ich bin stolz, schwul zu sein, und ich betrachte meine Homosexualität als eines der größten Geschenke, die Gott mir gegeben hat.

So hat er es in einem Beitrag bei BloombergBusinessweek geschrieben, und jetzt fragt sich die Welt, wie er das denn gemeint haben könnte. Den Gott welcher Religion mag er meinen, wenn er von einem Gottesgeschenk spricht, der ihm die Homosexualität „geschenkt“ haben könnte? Betrachtet er Homosexualität tatsächlich als einen Vorteil gegenüber der Heterosexualität? Man könnte – Dank an dieser Stelle an den Autor „nachdenken_schmerzt_nicht“ im Blog Zettels Raum für die Anregung – ja auch auf den Gedanken verfallen, das mal umgekehrt zu formulieren, wenn man also feststellt: „Ich bin stolz, heterosexuell zu sein, und ich betrachte meine Heterosexualität als eines der größten Geschenke, die Gott mir gegeben hat.“ oder gar „Ich bin nicht schwul, und ich betrachte es als eines der größten Geschenke, die Gott mir gegeben hat, dass er mich vor der Homosexualität bewahrt hat.“ – Ja Junge, da wäre aber was los, wenn ein Unternehmenschef oder Politiker sich in der Art äußern würde!

Umgekehrt möchte ich Herrn Cook eine solche Attitüde der Überheblichkeit gar nicht unterstellen, sondern ihn einfach mal in der Weise interpretieren, dass er sich wohl fühlt in seiner Haut und keinen Grund sieht, daran etwas zu ändern – vielleicht ist seine Formulierung eine etwas übersteigerte Variante des in Deutschland bekannten Spruchs „Ich bin schwul, und das ist auch gut so!“ Die Medien überschlagen sich jedenfalls – wie üblich – mit Lobeshymnen über das Coming Out. Wenn allerdings mal jemand ein paar Tropfen Wasser in den Wein gießt, wie jüngst bei der NZZ, dann gesteht die Chefredaktion direkt ein „Versagen aller Kontrollmechanismen“ ein (siehe erster Kommentar unter dem verlinkten Beitrag) und ruft der Rest der Pressemeute gleich Zeter und Mordio aufgrund der angeblichen Beleidigung Cooks (muss mir mal jemand verraten, wo der NZZ-Beitrag von Christiane Hanna Henkel beleidigend sein soll).

Dabei kann man das alles auch ganz anders sehen: Ob Tim Cooks Homosexualität aus ihm persönlich – wie er selbst meint – wegen des "dickeren Fells" einen besseren Chef macht, sei mal dahin gestellt. Grundsätzlich scheint mir der Gedanke einer Korrelation zwischen unternehmerischer Kompetenz und sexueller Orientierung eher weit hergeholt. Kurz gesagt: Ob ein Unternehmenslenker oder auch nur dessen Chauffeur homosexuell ist, hat mit der von ihm geforderten Kompetenz gar nichts zu tun. Das heißt nicht, dass er nicht aussprechen darf, homosexuell zu sein, aber Teil seiner Unternehmensführung ist das wohl kaum (wie es die Heterosexualität eben auch nicht ist).

Wenn umgekehrt die Kritik an seiner Äußerung in der NZZ, die lediglich auf diesen Sachverhalt hinweist und darauf, dass Cook sich mit seinem unternehmerischen Einfluss automatisch auch machtpolitisch äußert, was man zumindest mal thematisieren dürfen sollte, als Beleidigung aufgefasst werden (wohlgemerkt aber von den Medien, nicht von ihm, dazu habe ich jedenfalls noch nichts gelesen), wie beleidigt müssen dann Mitglieder der meisten Religionen sein, deren Gott er hier in Mithaftung nimmt?

Im Katechismus der Katholischen Kirche (Nr. 2357, 2358) findet man dazu folgende Sätze:

Gestützt auf die Heilige Schrift, die sie als schlimme Abirrung bezeichnet [Vgl. Gen 19, 1-29; Röm 1,24-27; 1 Kor 6,10; 1 Tim 1,10.], hat die kirchliche Überlieferung stets erklärt, „daß die homosexuellen Handlungen in sich nicht in Ordnung sind" (CDF, Erkl. „Persona humana" 8). Sie verstoßen gegen das natürliche Gesetz, denn die Weitergabe des Lebens bleibt beim Geschlechtsakt ausgeschlossen. Sie entspringen nicht einer wahren affektiven und geschlechtlichen Ergänzungsbedürftigkeit. Sie sind in keinem Fall zu billigen.

Gleichzeitig weist der Katechismus darauf hin, dass man Homosexuellen

… mit Achtung, Mitleid und Takt zu begegnen [habe]. Man hüte sich, sie in irgendeiner Weise ungerecht zurückzusetzen. Auch diese Menschen sind berufen, in ihrem Leben den Willen Gottes zu erfüllen und, wenn sie Christen sind, die Schwierigkeiten, die ihnen aus ihrer Veranlagung erwachsen können, mit dem Kreuzesopfer des Herrn zu vereinen.

Dem widerspricht Cook mit seinem „Gottesbezug“ deutlich, und das ist auch sein gutes Recht. Fraglich ist lediglich, ob er seinen Beitrag in einer konstruktiven Intention geschrieben hat, oder doch eher die Konfrontation sucht. In beiden Fällen muss Widerspruch erlaubt sein. So wie Cook seine Homosexualität als Gottesgeschenk betrachtet und sich so äußert, so muss auch erlaubt sein, gelebte Homosexualität auch in der Öffentlichkeit als Sünde und damit als Abwendung von Gott bezeichnet. Dass das nicht erfolgt und sogar leise Kritik an Cook als homophob niedergebrüllt wird, zeigt das eigentliche Problem der gesellschaftlichen Diskussion!

Beitrag erschien auch auf: papsttreuer.blog.de

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