Was ist richtig: Denk- oder Mahnmal der Schande?

Zwei Reden ähnlichen Inhalts mit völlig unterschiedlichen Folgen. Ein Lehrstück für zweierlei Maß. Was war dabei eigentlich der Punkt?

Veröffentlicht:
von

Kulturstaatsministerin Monika Grütters am 6. September 2016:

„Dass nach 1990, als das wiedervereinte Deutschland seine Rolle in Europa und der Welt vorsichtig neu definierte, das lang umstrittene Holocaust-Mahnmal - [...] - zum bedeutendsten Denkmal in Berlin wurde, das hat für sich genommen schon hohe Symbolkraft. Neil MacGregor hat anhand dieses Beispiels auf eine Besonderheit deutscher Denkmalkultur aufmerksam gemacht. Er kenne, schrieb er im Buch zu seiner Ausstellung 'Deutschland. Erinnerungen einer Nation', er kenne 'kein anderes Land, das in der Mitte seiner Hauptstadt ein Mahnmal der eigenen Schande errichtet hätte.' 
Als eine weitere Besonderheit deutscher Denkmalkultur scheint sich nun mit dem vorläufigen Aus für ein Freiheits- und Einheitsdenkmal das Unvermögen herauszukristallisieren, prägenden freudigen und hoffnungsvollen historischen Ereignissen und Entwicklungen ein Denkmal zu setzen.“

Björn Höcke, Vorsitzender der AfD Thüringen, am 18. Januar 2017:

„Bis jetzt ist unsere Geistesverfassung, unser Gemütszustand immer noch der eines total besiegten Volkes. Wir Deutschen – und ich rede jetzt nicht von euch Patrioten, die sich hier heute versammelt haben – wir Deutschen, also unser Volk, sind das einzige Volk der Welt, das sich ein Denkmal der Schande in das Herz seiner Hauptstadt gepflanzt hat. Und anstatt die nachwachsende Generation mit den großen Wohltätern, den bekannten weltbewegenden Philosophen, den Musikern, den genialen Entdeckern und Erfindern in Berührung zu bringen, von denen wir ja so viele haben – [...] –, vielleicht mehr als jedes andere Volk auf dieser Welt, liebe Freunde! Und anstatt unsere Schüler in den Schulen mit dieser Geschichte in Berührung zu bringen, wird die Geschichte, die deutsche Geschichte, mies und lächerlich gemacht. So kann es und darf es nicht weitergehen!“

Für die Inhalte der Blogs und Kolumnen sind die jeweiligen Blogger verantwortlich. Die Beiträge der Blogger und Gastautoren geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion oder des Herausgebers wieder.

Ihnen hat der Artikel gefallen? Bitte
unterstützen Sie mit einer Spende unsere
unabhängige Berichterstattung.

Abonnieren Sie jetzt hier unseren Newsletter: Newsletter

Kommentare zum Artikel

Bitte beachten Sie beim Verfassen eines Kommentars die Regeln höflicher Kommunikation.

Gravatar: Karl Napp

@ ropow: Klasse, wie Sie Höckes Denkmal-Äußerung analysieren und einordnen. Könnten Sie nicht auch noch die Beschimpfungen seiner Kritiker analysieren und einordnen?

Gravatar: Herbert Höper

Gleiches beim Begriff "entsorgen". Zeigt, daß es nie um eine inhaltliche Debatte geht, sondern stets nur darum, dem "Gegner" etas anzuhängen, zu diffamieren. Ähnlich "me too".

Gravatar: Hans Kolpak

Einmal Prügelknabe, immer Prügelknabe: ob Trump, ob Höcke - die Reflexe sind stets gleich.

Und trotzdem: Ein Jahr Trump bedeutet Erfolge und Verbesserungen!

Auch wenn die AfD in den Parlamenten noch aus der Opposition heraus agiert, so zeigt sie doch sehr markant, woher der Wind weht. Dies hat das Verhalten der Altparteien bereits verändert.

Gravatar: Jürg Rückert

In ein Damals und in ein Heute wird nicht unterschieden. Der vererbliche Makel "Tätervolk" geistert durch die Runde. Wir selber verwehren uns jede Gleichstellung mit Juden. "Täter" und "Opfer" dürften nie Schulter an Schulter stehen, so die Sittenpolizei. Das ist das Erdreich, auf dem solche Fragen erwachsen.

Der Begriff "Tätervolk" ist bei Goldhagen zu verorten. Er drohte auch hier Karriere zu machen und wurde zu Recht zum Unwort des Jahres 2003 gemacht - wie auch immer.

Den aufrechten Gang werden die Deutschen nie mehr erlernen. Die Auflösung aller Alteuropäer hat sogar den päpstlichen Segen. Insofern erübrigen sich alle weiteren Diskussionen.

„Spute dich Kronos
Fort den rasselnden Trott
Bergab gleitet der Weg ...
Sieh die Sonne sinkt ...
Eh mich Greisen fasst im Moor …
Entzahnte Kiefer schnatternd ...
Und das schlotternde Gebein …“
Darf`s noch etwas Goethe sein, Schwager Kronos?
Fuck you Jöthe! Er sah es kommen.

Gravatar: egon samu

Aufgeregt über Höckes Ausführungen haben sich nur diejenigen, die den Holocaust, den Massenmord an Juden, Zigeunern, Schwulen und Behinderten NICHT als Schande Deutschlands empfinden.
Also diejenigen, die im Geiste diese Horrortaten gut finden, leugnen und relativieren. Die wahren Naziverbrecher die heute noch unter uns leben.

Gravatar: Hand Meier

Es gibt nicht nur Mahnmale oder Denkmale einer „deutschen Schande“ in der die historische Kultur der Deutschen auf die 12 Jahre der National-Sozialisten und ihrer Gräuel geschrumpft wird, auch die Schande der Mauerschützen-Partei, wird zweckdienlich umlackiert.
Es ist ja noch viel schlimmer.
Jede Windmühle ist eine offizielle Beleidigung der notwendigen Stromversorgung.
Im Land wo Siemens Elektro-Technologie, wo Diesel und Otto oder Wankel Motoren erfanden, wo von Braun Raketen-Trieb-Werke baute, wo Meitner Atom-Kerne spaltete, in diesem Land ist der rationale Verstand von linkem Idiotismus infiziert.

Gravatar: Lothar Hannappel

Es ist einfach nur krank, dass wir unsere Kinder an solche Mahnmale der NWO karren.

Gravatar: ropow

Der Punkt ist „EIGENE“:

Björn Höcke spricht vom einzigen „Volk der Welt, das sich ein Denkmal der Schande in das Herz seiner Hauptstadt gepflanzt hat.“

Neil MacGregor sagt, er kenne „kein anderes Land, das in der Mitte seiner Hauptstadt ein Mahnmal der EIGENEN Schande errichtet hätte.“ (Neil MacGregor: Deutschland – Erinnerungen einer Nation. Verlag C.H.Beck, München 2015)

Rudolf Augstein schreibt „Nun soll in der Mitte der wiedergewonnenen Hauptstadt Berlin ein Mahnmal an UNSERE fortwährende Schande erinnern.“

http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-7085973.html

Diese kleinen unschuldigen Wörtchen „eigene“ und „unsere“ machen den Unterschied. Höcke hätte sich das alles ersparen können, hätte er einfach nur von einem „Denkmal der eigenen Schande“ oder einem „Denkmal unserer Schande“ gesprochen. Hat er aber nicht.

Dass er das tatsächlich genau so gemeint hat, wird jeder sehen, der imstande (und willens) ist, nicht nur Text, sondern auch Kontext zu verstehen. Bei Martin Walser ging das doch auch:

„In der Diskussion um das Holocaustdenkmal in Berlin kann die Nachwelt einmal nachlesen, was Leute anrichteten, die sich für das Gewissen von anderen verantwortlich fühlten. Die Betonierung des Zentrums der Hauptstadt mit einem fußballplatzgroßen Alptraum. Die Monumentalisierung der Schande.“ - Martin Walser anlässlich der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandel, 12.10.1998:

http://www.zum.de/psm/ns/walser1998.php

Und auch bei der Drucksache 14/3126 des deutschen Bundestages vom 06.04.2000 war jedem klar, was gemeint ist:

„Wir Deutsche tun uns schwer mit Denkmälern und Gedenkstätten... Denkmäler der Schande und der Trauer, des Stolzes und der Freude sind notwendige Grundsteine des neuen Deutschland und der neuen Bundeshauptstadt.“

http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/14/031/1403126.pdf

Nur bei Höcke will man diesen Kontext partout nicht sehen. Das ist jedoch nicht nur ein Lehrstück für zweierlei Maß, sondern auch ein Lehrstück dafür, wie weit Höcke noch von einem souveränen Redner entfernt ist, der nicht nur seiner Sache sondern auch seinen Gegnern mühelos gewachsen ist.

Schreiben Sie einen Kommentar


(erforderlich)

Zum Anfang