Was in der neuen Krippen-Spardebatte von allen verschwiegen wird

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Der Unterschied im Ziel ist marginal. Sowohl der hessische Ministerpräsident Koch als auch seine Kritiker denken in puncto Kinderbetreuung in erster Linie an die Wirtschaft. Koch, weil er die Ohnmacht des Staates und die Gefahren der Überschuldung sieht, mithin die Notwendigkeit des Sparens und das spricht er ehrlich aus. Ministerin Schröder und Co, weil sie die Krippen ausbauen wollen, um Frauen für die Betriebe zu emanzipieren, sprich von den Kindern „entlasten“ (also tagsüber trennen) wollen. Denn die Betriebe wollen an die stille Reserve der jungen, gut ausgebildeten Frauen. Sie gehören zu den rar werdenden Fachkräften und sind in der Regel preiswerter zu haben für die gleiche Arbeit als Männer. Und wenn diese Frauen noch Mütter sind, umso besser, weil sie dann pflichtbewusster sind, weniger fordernd auftreten und den Betrieb nicht wechseln. Man könnte das als Ausbeutung bezeichnen.

Der Unterschied ist nicht nur in der Hektik des Berliner Betriebs zu suchen, eine Hektik, die man in der Staatskanzlei in Wiesbaden nicht vermisst. Der Unterschied liegt vor allem in der ehrlichen Betrachtung der Lage. Die Kommunen sind weitgehend pleite. Sie haben schlicht das Geld nicht für den Ausbau von Krippen. Der Bund wird es ihnen kaum geben können. Es ist ehrlicher, das einzugestehen, als heuchlerisch auf die Zukunft zu verweisen, in die man angeblich mit dem Krippenausbau investiere. Das Gegenteil ist der Fall. Die Investition wäre nur dann zukunftsorientiert, wenn sie den Kindern nützte, nicht nur den Betrieben.

Das aber kann man bezweifeln. Denn erstens fehlt das Personal für eine kindgerechte Betreuung (man müsste dann einen Schlüssel von fünf Kindern pro Erzieherin zugrunde legen und nach solchen Krippen und Kindergärten muss man heute schon lange suchen) und zweitens ist für das künftige Personal der zusätzlichen 500.000 Krippenplätze keine fachliche Ausbildung vorgesehen. Man bräuchte für diese rund 100.000 zusätzlichen Erzieherinnen (beim Schlüssel 5:1) ja Fachhochschulen oder Ausbildungsorte. Aber in keinem Budget eines Landes oder des Bundes ist ein Posten dafür vorgesehen. Auch nicht für die Hälfte, was dem wirklichen Bedarf entspräche, denn mit insgesamt 750.000 Krippenplätzen liegt man bei 65 Prozent der Kinder zwischen ein und drei Jahren, die Kinder bis zu einem Jahr werden ja dank Elterngeld von den Eltern betreut – oder will man das Elterngeld streichen? Ob 100.00 oder 50.000 neue Erzieherinnen – sie sind nicht da und so werden mit den Krippen nur Parkplätze für die Kinder gebaut und das ist für die frühkindliche Bildung sogar schädlich, wie man aus der Bindungsforschung und der Entwicklungspsychologie mittlerweile sicher weiß. Von diesen Erkenntnissen nahm schon Frau von der Leyen keine Notiz. Das ist kein kleiner Unterschied mehr, dieses Detail ist entscheidend. 

Der Ausbau der Krippen müsste von einer Qualitätsdebatte und den entsprechenden Investitionen in die Ausbildung der Erzieherinnen begleitet sein. Nichts davon ist zu sehen. Es ist schade, dass Koch seine Bemerkung nicht weiter begründete. Er hätte die dringend notwendige Qualitätsdebatte anstossen, die Wirtschaft stärker für die Ausbildung in die Pflicht nehmen und damit seine Spartipps inhaltlich begründen können. So bleibt nur der Hautgout eines allgemein kritisierten Vorschlags. Er ist ehrlich gemeint aber publizistisch schwächer als die Heuchelei des Berliner Establishments.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: xRatio

Wie unten bereits erkannt ist es auch meine Meinung, Herr Liminski,

daß Sie nichts weiter als -sorry- Stuss absondern.

Besser Sie machen mal etwas anderes.

xRatio

Gravatar: Friedemann

Ich möchte an dieser Stelle doch noch mal eine Lanze für Herrn Liminski und seinen Artikel brechen. Es gab einige wichtige und richtige Anmerkungen durch die Kommentatoren. Frauen verdienen bei gleicher Arbeit nicht weniger als Männer, was Klimax und DS37 richtig stellten, ich selbst hatte auf einen Betreuungsschlüssel von 1 zu 3 in Krippen hingewiesen, um möglichst wenig Schäden bei Kleinstkindern anzurichten, was zu einer annähernden Verdopplung der Kosten und Aufwendungen nach Liminski führen würde. Aber eine wichtige Erkenntnis bleibt doch: es geht darum, ein möglichst großes Angebot an ausreichend ausgebildeten Arbeitskräften für die Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen und das drückt natürlich die Löhne, selbstverständlich bei Frauen und bei Männern, was sich für letztere durch die stärker werdende Konkurrenz und feministischen Dirigismus besonders negativ auswirkt. Ein Kampfbegriff ist dabei die „positive Diskriminierung“, was nichts anderes heißt, als dass Männer solange diskriminiert werden dürfen, bis sich überall Frauen auch in für Frauen untypischen Berufen gegen männliche Konkurrenz durchgesetzt haben, wobei Leistung nur eine untergeordnete Rolle spielt.

Insofern sind die Gender - Kompetenzzentren und Gleichstellungsbeauftragten staatlich, d.h. mit Steuergeldern subventionierte Lohndrückerkolonnen im Auftrag ausbeuterischen Unternehmertums, und ich schließe mich den Vorschlägen und Meinungen von Dietmar und Susanne voll an, wie damit verfahren werden sollte. Die Gesamtaussage der billigeren Arbeitskräfte stimmt aber demnach doch, auch wenn das Detail unkorrekt ist, ganz im Kohlschen Sinne: Entscheidend ist, was hinten rauskommt.

Gravatar: Susanne

@Dietmar
Genialer Vorschlag. Das ganze Gender-Unwesen beseitigen und die Gleichstellungsaktivisten mit nützlichen Aufgaben für die Bildung einsetzen, wenn sie dazu überhaupt qualifiziert sind, was man bei einem Teil sicher bezweifeln darf. Es gibt ungeahnte Einsparpotentiale an unnützen Stellen, an denen das Geld zum Fenster hinausgeworfen wird. Wir brauchen auch keine Gender-Kompetenzzentren, sondern Ingenieure.

Gravatar: Dietmar

Nicht bei der Bildung und den Kindern sparen.
Sondern an den ganzen Frauenförderprogrammmen.
Es gibt in Deutschland etwa 100 000 Gleichstellungsbeauftagte die wirklich unnütz sind.
Ein großes Einsparpotential für Kommunen, Gemeinden, Länder, Schulen, Stiftungen und so weiter und so fort.

Sehr geehrte/r Frau/Herr Bürgermeister/in, Schulleiter/in, Präsident/in der Universität .....

ich möchte Sie höflich darauf aufmerksam machen, dass laut Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 18. September 2008 - 2 AZR 560/07

die Kündigung der Gleichstellungsbeauftragten zugunsten einer ehrenamtlich Tätigen Person rechtens ist.

Bitte überprüfen Sie doch einmal diese Einsparmöglichkeiten in Zeiten knapper Kassen.
Mit freundlichen Grüßen

Ihr/e .........

Gravatar: Friedemann

Herr Liminski, warum diese vorsichtige Interpretation, was für Kinder gut und für eine kindgerechte Betreuung notwendig ist? Bereits Schweden schreibt in Kinderkrippen einen Betreuungsschlüssel von 1 zu 4 vor, notwendig nach wissenschaftlichen Gesichtspunkten ist aber 1 zu 3, und selbst das bewahrt nicht sicher vor Beschädigungen der Kinderseele. Aber das wissen Sie natürlich selbst auch und dieser Fakt soll selbstverständlich den ansonsten tadellosen Artikel nicht schmälern.

Ein Krippenplatz kostet ca. 1000 Euro Steuergeld, jeder eingesparte Krippenplatz würde also bei alternativ gezahltem Betreuungsgeld von 300 Euro wie in Schweden 700 Euro Einsparung ergeben, das in wirkliche Bildung, z.B. bessere Schulen mit ausreichend gut ausgebildeten Lehrern, auch männlichen, transferiert werden könnte einschließlich einem Stipendiensystem für gute Leistungen der Schüler. Und gefördert werden sollte durch ein weiter differenziertes Schulsystem, nicht nur durch unterschiedliche Spezialschulen für Hochbegabungen, sondern auch Förderangeboten für Lernbehinderte unterschiedlichen Schweregrades.

Gravatar: Klimax

"...und sind in der Regel preiswerter zu haben für die gleiche Arbeit als Männer"

Herrgott! Es ist schon peinlich, daß man diese feministisch aufgeblasene Lüge jetzt auch hier lesen muß. Für die gleiche Arbeit muß in Deutschland niemand mit weniger Gehalt zufrieden sein. Das wäre auch nach geltendem Recht gar nicht möglich. Dergl. ist angesichts der Fakten völlig unhaltbar, wie man sich an vielen Stellen, die nicht zum feministischen Mainstream gehören, schlau machen kann.

Als das Bundesfrauenministerium diese Lüge noch auf seiner Website verbreiten wollte, reichte ein Protest der Bürgerrechtsbewegung MANNdat aus, damit diese offenischtliche Propaganda gelöscht wurde. Nicht ohne die Bestätigung von Regierungsseite: Sie haben Recht. Anfragen beim statistischen Bundesamt ergeben mit schöner Regelmäßigkeit den Bescheid, daß die Daten einen solchen Schluß keineswegs zulassen.

Freilich hindert das unsere Medien nicht, nach dem Voltaire zugeschriebenen Spruch "je öfter eine Dummheit wiederholt wird, desto mehr bekommt sie den Anschein einer Klugheit" weiter das Gegenteil zu behaupten.

Daß dergleichen Unsinn nun auch hier zu lesen steht, ist schon erschreckend.

Gravatar: silenda

Koch schlägt vor, beim Krippenausbau zu sparen - das ist durchaus zu begrüßen. Daß aber Frau Schröder bei einer Budgetkürzung ausgerechtnet da den Rotstift ansetzen wird, ist doch eher unwahrscheinlich. Schon jetzt läßt sie Einsparmöglichkeiten beim Elterngeld prüfen. Zudem: Fällt der Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz tatsächlich weg, dann gibt´s auch keine Grundlage mehr für ein Betreuungsgeld...

Gravatar: Gockeline

Ich gebe ihnen recht.
Roland Koch sieht weiter als alle anderen.
Es ist bekannt,dass es nicht zu finanzieren ist und die Frist abläuft.
Herr Koch gab einen Wink zu bedenken wohin in Zukunft die Reise gehen wird.
Es wird noch viel mehr gespart werden müßen.
Noch machen alle die Augen zu.
Noch leben alle in der vergangenheit,
wo man mit dem Geld nur so herum warf.
Baustellen aufgemacht die nur sehr schwer wieder zu schließen sind.
Koch ist mutig und sagt was auf uns zukommt.
Dafür wird er gleich gehängt.
Wann bekommen wir mal wieder Menschen die Führen können und die Aufgaben wieder richtig stellen?

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