Von Nebensächlichkeiten bei Tempeln und Wohnhäusern

Es gibt drei Arten von Tempeln, die man besuchen kann: die taoistischen, die konfuzianischen und die buddhistischen. Man kann sie an den Typen erkennnen, die dort als Statuen rumsitzen.

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Buddha beispielsweise trägt nie einen Bart.

Wir haben heute alle drei Arten gesehen, wir sind bekanntlich im Moment auf einem Tempelgucktrip.

Interessant finde ich jedoch Nebensächlichkeiten.

Zum Beispiel wenn die Seilbahn zu den (taoistischen) Tempeln gerade an dem Tag in Revision muss, an dem wir hochfahren wollen.

Was sich jedoch als Glücksfall erwiesen hat.

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Wir machten die Tour durch die verzweigte Anlage am “heiligen Berg Heng Shan” zu Fuss. Zwischendurch ziemlich eingenebelt. Ein nasskaltes Herbstwetter halt.

Wenn ich sage “wir”, dann meine ich sie und ich. Unser Guide (31) machte schon nach den ersten paar Kurven den Hang hinauf schlapp.

In den gut zwei Stunden, die wir unterwegs waren ging’s hoch auf knapp 2000 Meter. Ich bin in meinen Leben noch nie derart viele Treppen rauf und runter gestiegen.

Es war ein Vormittag für’s private Geschichtenbuch.

Danach sind wir zum “Hängenden Kloster” gefahren. Sie hatte schon bei der Abfahrt von wegen kleinen Geländern und engen Treppen Höhenangst, weil irgend eine Reisejournalistin in der NZZ so etwas gefaselt hat.

Die dumme Kuh.

Es war halb so schlimm. Ich habe ihr einmal mehr gesagt: “Lies keine Reiseführer und Reisereportagen.” Das ist doch so wie eine Filmkritik lesen, wo schon alle Pointen des Filmes des langen und des breiten ausgebreitet werden. Ich mag es lieber unbedarft: Ich gehe hin und lasse mich überraschen.

Dann fällt mir schon selbst was ein.

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Aber zur Nebensächlichkeit: die Holzstützen, auf denen diese Klosteranlage steht, haben ausser einem psychologischen keinen weiteren Wert. Sie wurden erst 1970 angebracht, weil die Besucher zunehmend Angst bekundeten, ob die Anlage nicht ausgerechnet dann in die Tiefe stürzen werde, wenn sie sie besuchten. Davon stand nichts in der NZZ.

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Beim dritten Tempel des Tages – 100 km weiter – steht die Pagode im Mittelpunkt. Sie ist über tausend Jahre alt, ganz aus Holz gebaut. Sie hat anders als viele Häuser der Umgebung in den letztn paar hundert Jahren mehrere schwere Erdbeben überstanden. Und, wow, in der Buddhastatue im zweiten Stockwerk haben sie vor wenigen Jahren einen Zahn Buddhas gefunden, was von einem Meister aus Taiwan offiziell bestätigt wurde.

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Mich hat jedoch das Metallgebilde auf dem Dach fasziniert. Es handelt sich um nichts weniger, als um einen Blitzableiter. Sagt unser Guide.

Aber hallo – der ist doch erst 1740 von Benjamin Franklin erfunden worden!?

Und die dritte Nebensächlichkeit des Tages: auf der Rückfahrt kamen wir an mehren Neubauvierteln, ja man könnte bei zwei, dreien sagen: Neubaustädten vorbei. Alle Wohnungen waren leer. Ich rede hier von mehreren tausend Wohnungen und Dutzenden von ebenfalls ungenutzten Ladengeschäften in den Erdgeschossen.

Ich fragte unseren Guide, wer denn in diese Wohnungen dereinst einziehen werde.

Er wisse es auch nicht. Niemand wisse das in Datong.

Das seien alles Projekte von Leuten, die mit dem Bau von Immobilien viel Geld verdienen. In Datong gebe es keinerlei Industrie, nur den Kohlebergbau und den Tourismus.

Und schon sind wir auf unserer Reise in Spanien angelangt. So schnell geht das heutzutage.

Das Bild ist die Sicht aus unserem Hotelzimmer. Die weissen Hochhäuser mitten in der Stadt – und da stehen noch ein paar mehr – sind alle leer.

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PS: Morgen früh fahren wir weiter nach Peking. Dauert nur ein paar Stunden, weshalb wir erstmals einfach nur so im Zug sitzen. Ich glaube 2. Klasse. Aber ich lasse mich auch bei solchen Nebensächlichkeiten überraschen.

Beitrag erschien zuerst auf: arlesheimreloaded.ch

 

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