Urteile und Hoffnungen

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Als ich gestern die Schlagzeile las, dass die Vorwürfe gegen den Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst „weitgehend ausgeräumt“ seien, wollte mir erst ein Seufzen entfahren. Dann kommt jetzt vielleicht wieder Ruhe in die Geschichte und man kann auf sachlicher Ebene versuchen, anderweitige Differenzen auszuräumen? Andererseits war der Schlagzeilengeber der „Focus“, dem man in den vergangenen Monaten gerade in dieser Sache wenig Objektivität und journalistische Sorgfalt attestieren konnte. Im Gegenteil war es eher der diffamierende Stil, der mich – Verantwortung des Bischofs hin, Klärung der juristischen Schuldfrage her – dazu gebracht hatte, einen „offenen Brief“ an die Mitarbeiter des „Sudelblattes“ Focus zu schreiben.

Und auch bei der aktuellen Berichterstattung lies sich das Magazin nicht lumpen und titelte online: „Tebartz-van Elst entlastet – Vatikan sicher: Prunk-Bischof hat korrekt gehandelt“. Damit gleich deutlich wird: Egal, was der Vatikan feststellt, der hier zuständig ist – wir bleiben bei unserem Urteil! Dabei war die eigentliche Schlagzeile möglicherweise auch, dass es Überlegungen gäbe, das verhältnismäßig kleine Bistum Limburg aufzulösen und es in die Diözesen Trier und Mainz einzugliedern. Bereits kurz darauf dementierte allerdings das Bistum den gesamten Bericht mit einer kurzen Mitteilung auf der Bistumsseite:

Stellungnahme zur aktuellen Berichterstattung

Ergebnis des Prüfberichts liegt nicht vor - Bistum weist Spekulationen zurück

LIMBURG / BONN - Die Prüfungskommission arbeitet weiterhin an ihrem Bericht. Es liegt - anders als der Focus berichtet - noch kein Ergebnis vor. Dabei geht es nicht - wie der Focus darstellt - 'um abschließende Formulierungen', um die gerungen werde, sondern es geht um das kontinuierliche Aufarbeiten inhaltlicher Fragen. Aufgrund der aktuellen Arbeiten am Bericht wird die Kommission diesen erst im Laufe des Februar 2014 an den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz übergeben. Inhalte des Berichts sind dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz bisher nicht bekannt.

Was die weiteren Hinweise des Focus angeht, das Bistum könnte aufgelöst oder ein Administrator eingesetzt werden, sind auch das reine Spekulationen, die das Bistum Limburg zurückweist.

Mittlerweile sind eine ganze Reihe anderer Medien auf den einen (Bischof entlastet) wie den anderen (Entlastung dementiert) Zug aufgesprungen, einige konnten sich wie der Focus auch nicht zügeln und betiteln den Bischof weiter mit Schmähbegriffen wie „Protz-„ oder „Badewannenbischof“.

Für den geneigten Laien ist nun guter Rat teuer – wem soll man schon noch glauben: Den kirchenkritischen Medien, die nichts unversucht lassen, den Bischof im schlechten Licht dastehen zu lassen? Dem Bistum, das sicher versuchen wird, zumindest die eigenen Gremien und (erst) in zweiter Linie den Bischof zu entlasten? Man merkt: wir nähern und mit der Beantwortung der Frage, welche Verantwortung der Limburger Bischof in der Angelegenheit zu tragen hat, wieder mal dem was man in Fachkreisen „Klatsch und Tratsch“ nennt.

Ein paar Dinge sieht man aber in der Tat heute klarer: Zum Beispiel, dass die entsprechenden Medien weiter an ihrem Bild des „Protzbischofs" arbeiten, selbst dann, wenn die kircheninterne Untersuchungskommission ihn entlasten sollte. Da das ganze Thema kein juristisches und damit im engeren Sinne öffentliches ist, wird das auch nicht schwerfallen. Wird der Bischof „schuldig“ gesehen, dann hat man es immer gewusst, befindet man ihn für „unschuldig“ dann war das ja nur eine kircheninterne Untersuchung – und die Kosten des Bistumszentrums, die Existenz einer leicht überdimensionierten Badewanne … all das bleibt unbestritten und kann dann nicht nur gegen den Bischof sondern auch noch gegen die Kirchen eingesetzt werden.

Darüber hinaus wird Anlauf genommen, eine Auflösung des Bistums in den Raum zu stellen. Kirchenorganisatorisch könnte das vielleicht sogar Vorteile haben; abgesehen von dem Problem, den bisherigen Bischof gegen den Willen einiger Laiengremien wieder in seine Arbeit einzuführen oder einen Nachfolger für dieses Bistum zu finden, gäbe es aber aus heutiger Sicht keinen zwingenden Grund dafür. Ob sich der Focus entsprechende vatikanische Äußerungen nun tatsächlich aus den Fingern gesogen hat (was man angesichts der Vergangenheit nicht ausschließen möchte, sich aber doch fragen muss, welchen Sinn ein solches Gerücht haben soll) oder es solche Überlegungen zumindest hinter vorgehaltener Hand geben könnte, wird wohl erst die Zukunft weisen. Vorteile könnte das aber für die in Rede stehenden oberen Laiengremien haben, wenn man sicherstellte, dass man einerseits eine gewisse Eigenständigkeit bewahrte, andererseits den nicht gerade als Hardlinerbistümern bekannten Mainz und Trier unterstellt würde. Aber auch das: Spekulation, Klatsch und Tratsch!

Bei soviel „Nichts genaues weiß man nicht“ darf man aber vielleicht doch mal einer Hoffnung Raum geben: Sollte wirklich von Seiten des Vatikans festgestellt werden, dass der Limburger Bischof an den Entwicklungen weitgehend unschuldig ist, dann stünde in der Tat grundsätzlich seiner Rückkehr in seine Bischofsfunktion nichts mehr im Wege. Man möchte ihm dann gönnen, in ein angenehmeres Umfeld zurückzukehren, andererseits wäre dann auch der Weg frei für eine inhaltliche Auseinandersetzung. Denn eines ist in den vergangenen Wochen sicher klar geworden: Semi-offizielle Lautsprecher aus dem Bistum wollen Bischof Tebartz-van Elst nicht deshalb nicht zurück, weil er eine etwas überdimensionierte Badewanne in seinen Privaträumen hat: man will ihn nicht, weil die Theologie, die Art der Spiritualität, auch die Anwendung der bischöflichen Weisungsbefugnisse nicht gefällt.

Menschlich ist das vielleicht nachvollziehbar, kirchlich gesehen weist diese Zerrüttung aber auf Missstände hin, die ganz woanders liegen als in aus dem Ruder gelaufenen Baukosten. Diese zu erkennen und sich hoffentlich unbelästigt von medialem Trommelfeuer an die Aufräumarbeiten zu machen – das kann auch eine Chance für das Bistum, den Bischof und die Gläubigen sein. Das setzt freilich ein gegenseitiges Verständnis und Zuhören voraus – dafür darf man beten, nicht nur für Limburg sondern generell für die Kirche in Deutschland, deren Richtung möglicherweise in diesem kleinen Bistum nicht unwesentlich mit entschieden wird.

Beitrag erschien auch auf: papsttreuer.blog.de

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