(Teil 1) Das EEG verstößt gegen das Grundgesetz und EU-Recht

Neue rechtswissenschaftliche Analyse

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Ein neues Gutachten des bekannten Energierechtlers Prof. H.P. Schwintowski von der Humboldt Universität bescheinigt dem EEG schwere rechtliche Mängel. In wesentlichen Bereichen stützt es das Gutachten vom August 2014 der Kanzlei Trutz Graf von Kerssenbrock (hier) Auch nach diesem Gutachten verstößt es sowohl gegen das Grundgesetz und weiterhin gegen das Europarecht. Der Autor zeigt auch verschiedene Wege auf, wie gegen das EEG – auch in der neuesten Version - vorgegangen werden kann, und erhärtet dies im Gespräch das am 1.3.16 mit den Autoren und Prof. Schwintowski stattfand.

Teil 2 finden Sie hier

http://www.eike-klima-energie.eu/index.php?eID=tx_cms_showpic&file=uploads%2Fpics%2FEEG_01.jpg&md5=1187f3f3adb81a7a077a2de30c6589087f2e8dd9&parameters[0]=YTo0OntzOjU6IndpZHRoIjtzOjIxOiI4MDAgLy8gZ3Jvw59lIHZlcnNpb24iO3M6&parameters[1]=NjoiaGVpZ2h0IjtzOjQ6IjgwMG0iO3M6NzoiYm9keVRhZyI7czoyNDoiPGJvZHkg&parameters[2]=YmdDb2xvcj0iI2ZmZmZmZiI%2BIjtzOjQ6IndyYXAiO3M6Mzc6IjxhIGhyZWY9Imph&parameters[3]=dmFzY3JpcHQ6Y2xvc2UoKTsiPiB8IDwvYT4iO30%3D

Rechtliche Möglichkeiten

 

Für Letztverbraucher

Viele, die sich kritisch mit der Klima- und Energiepolitik der deutschen Regierung  auseinander setzen, aber auch viele Mitbürger, die sich in der Jurisprudenz nicht so gut auskennen, sind seit Inkrafttreten des EEG auch schon mehr oder weniger Zweifel an der Rechtmäßigkeit verschiedener Bestimmungen des EEG gekommen. So besteht des Längeren die Forderung, die

EEG-(Zwangs-)Umlage durch eine Steuer zu ersetzen. Schwintowski weist nun nach, dass „das einzig zulässige Finanzierungsinstrument für einen solchen staatlich gelenkten Mittelfluss“ die Steuer ist und weiter, „Trifft diese Analyse zu, so wäre das derzeitige EEG-System verfassungswidrig und müsste in ein steuerfinanziertes System überführt werden. Damit bestätigt er in weiten Teilen die Analyse der Kanzlei Trutz Graf von Kerssenbrock vom August 2014 (Details dazu hier), gibt aber zusätzlich praktische Handlungsempfehlungen wie auch Normalbürger oder juristische Personen, die sich durch das EEG geschädigt fühlen wieder Rechtssicherheit herstellen können.  

Denn der Autor macht klar, dass das EEG direkt keinerlei Verpflichtung zur Zahlung der EEG-Umlage für die  Stromkunden enthält. Wie diese – unabhängig ob natürliche oder juristische Person -  sich gegen diese unzulässige Sonderabgabe zur Wehr setzen könnten, skizziert Schwintowski wie folgt:

(Zitat Schwintowski aus einem Schreiben, das uns vorliegt)

„Der Weg zum Bundesverfassungsgericht könnte über einen deutschen Letztverbraucher eröffnet werden, indem dieser sich weigert die EEG-Umlage, die ihm beispielsweise sein Stadtwerk in Rech­nung stellt, zu bezahlen. Daraufhin wird das Stadtwerk auf Zahlung der EEG-Umlage klagen. In die­sem Prozess wird der Letztverbraucher die Verfassungswidrigkeit des EEG 2014/16 einwenden und die Vorlage an das Bundesverfassungsgericht (Art. 100 GG) beantragen. Beim Bundesverfassungsge­richt würde dann zu klären sein, ob man eine These, wonach es sich bei der EEG-Systematik um eine Steuer handelt, zutrifft mit der Folge, dass das gesamte EEG-System aufzuheben und zu reformieren wäre. Sollte sich das Bundesverfassungsgericht zu diesem Schritt nicht entschließen würde man beim Bundesverfassungsgericht die Vorlage an den EuGH beantragen (auch hier Art. 267 AEUV) und beim Europäischen Gerichtshof zunächst einmal vortragen, dass es sich beim deutschen System um eine staatliche Leistung handelt, die nach dem europäischen Beihilferecht nicht rechtfertigungsfähig ist.

Darüber hinaus würde man beim Bundesverfassungsgericht vortragen, dass das deutsche EEG eine Marktfähigkeitsklausel und eine Amortisationsklausel haben müsste und darüber hinaus das Prinzip der Rechtssicherheit gewahrt sein müsste, also klar und verständlich Rechte und Pflichten derjenigen bestimmen müsste, die von dem Gesetz betroffen sind. Das ist derzeit nicht der Fall, denn das Ge­setz beschränkt den Geltungsbereich auf Anlagen in Deutschland, erhebt dann aber doch die EEG­-Umlage auf Strom aus dem Ausland und: die Verpflichtung, dass der Letztverbraucher die EEG­-Umlage zahlen muss, findet sich an keiner Stelle im EEG (das hat erst der BGH aus der Natur der Sa­che hinzugefügt).“

 

...Hilfestellung für die EU-Kommission, herangetragen durch EU-Parlamentarier 

Daneben regt Schwintowski an, dass Europaparlamentarier die EU-Kommission mit den von ihm genannten Argumenten beim Anfechten der von der Bundesrepublik gegen die Kommission erhobene Nichtigkeitsklage beim EuGH zur Verteidigung des EEG 2012 unterstützen  könnte, da diese die Kommission die jetzt vorgebrachten Argumente noch nicht berücksichtig habe.

Zitat Schwintowski:

„Man könnte aber mit der Kommission gemeinsam darüber nachdenken, ob die Argumentation, die die Kommission bisher vorträgt, in sich hinreichend und stimmig ist. In meinen Überlegungen habe ich mindestens drei Argumente hinzugefügt, die es bisher in der öffentlichen Diskussion nicht gab (Amortisationsklausel/ Marktfähigkeitsklausel/ Redundanz durch ETS). Neu ist auch mein Argument, wonach eine Rechtfertigung der Verletzung von Art. 34 AEUV oberhalb der Grenzwerte, die für grünen Strom mit der EU im Rahmen des burden­sharing vereinbart wurden, verhältnismäßig wäre. Es wäre also wahrscheinlich nicht schlecht, wenn man der Europäischen Kommission einmal meine Überlegungen näher bringen würde.“ 

 

...Klagen von ausländischen „Grünstromunternehmen“

 

Weiterhin zeigt Schwintowski die Möglichkeit für ein ausländisches „Grünstromunternehmen“ auf, dass durch das EEG diskriminiert wird.

Zitat Schwintowski:

„So könnte beispielsweise ein österreichischer/ niederlän­discher Grünstrom-Erzeuger, der Strom in das deutsche Netz eingespeist hat oder einspeisen will, eine Feststellungklage vor einem deutschen Gericht erheben mit dem Ziel, die garantierten Leistun­gen des EEG zu bekommen. Der Übertragungsnetzbetreiber wird dies ablehnen (müssen). Gegen diese Ablehnung würde der Erzeuger gerichtlich vorgehen und im Rahmen dieses Verfahrens die Vorlage an den EuGH (Art. 267 AEUV) beantragen.“ 

Ob sich ein derartiges Unternehmen fände ist zumindest zweifelhaft, sind doch bisher keinerlei Anstrengungen ausländischer Unternehmen diesbezüglich bekannt geworden.

Zusätzlich kann aus dem Gutachten wird auch die Antwort auf die schon früher diskutierte Frage indirekt abgeleitet werden, wie mit den Betreibern der vorhandenen EE-Anlagen  nach dem Wegfall der Vorrangeinspeisung und der für 20 Jahre garantierten Einspeisevergütung verfahren werden sollte. Die Antwort von Schwintowski darauf: 

„Als anreizorientiertem Gesetz  fehlt dem EEG als Strukturbaustein eine  Amortisationsklausel, die besagt, dass im EEG eine Deckelung fehlt, die verhindert, dass  finanzielle Förderung über das Ziel hinausschießt und bei den Betreibern von EE-Anlagen  nach der Amortisation  zu windfall-profits bzw. Überförderung führt. So treten bei Investoren von PV-Anlagen teilweise Eigenkapitalrenditen von 30 bis 50%  jährlich auf, während diese in den Wettbewerbsmärkten zwischen 12 bis 15% schwanken. Dieses strukturelle Defizit ist auch rückwirkend zu beseitigen, da das Rechtstaatsprinzip und das mit ihm eng verbundene Verhältnismäßigkeitsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) für keinen Investor ein Vertrauen auf eine Überförderung zulässt. Ein solches Vertrauen wäre nicht schutzwürdig.“

Beitrag zuerst erschienen auf eike-klima-energie.eu

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Dr. Peter Steinbock

Die rechtswissenschaftliche Analyse bestätigt vermutete Willkürtatbestände im EEG und das damit einhergehende asoziale Übervorteilen der Stromkunden zugunsten von EEG-Profiteuren, die mit dem Strompreisanstieg von 17,11 Cent/kWh 1998 auf 28,81 Cent/kWh 2015 ihre Kassen gefüllt haben, dem einzig nachvollziehbaren Sinn des EEG.
Daß es zu solch banalen, frechen Akten wie der von Schwintowski beschriebenen Zielwertüberschreitung, der fehlenden Amortisationsklausel, der Marktfähigkeitsklausel, der Diskriminierung konventioneller Erzeuger und der klimabezogenen Nutzlosigkeit kommen konnte, ist aus meiner Sicht ein Versagenshinweis auf deutsche Energieminister samt ihren Fachschaften. Fachverantwortliche sollten die Skandalpunkte ihrer Konstrukte kennen und nicht dem Volk aufbürden! Der Klimawahn scheint schon Gehirn verdrängt zu haben.
Was ich noch vermisse, das ist die Analyse zum Gegenstand Grünstrom selbst. Grünstrom und Graustrom haben ihrer Herkunft nach nicht nur verschiedene Kraftwerkstypen, sondern unterscheiden sich im Gebrauchswert fundamental. Bevor Wind- und Sonnenstrom die Qualität haben, wie Graustrom zur Bedarfsdeckung des Landes herangezogen werden zu können (sonst Stromnetzzusammenbruch), muß ihre Zappeleigenheit, also ihre immanent hohe Ausfallwahrscheinlichkeit, beseitigt werden. Diese Glättung des Grünstroms erfolgt in Deutschland durch redundant vorgehaltene konventionelle Kraftwerksleistung gleicher Größenordnung. Per EEG wird das Rohprodukt Zappelstrom jedoch nicht als Rohstrom vergütet, sondern als Haushaltsstrom. Den Stromkunden werden infolgedessen die Glättungsaufwendungen zusätzlich neben der EEG-Umlage angelastet. Hierbei handelt es sich nicht um Bagatellen. Wer als Grünstromlieferant ein gleichgroßes Stromerzeugungssystem als Hilfsmittel gegen eigene, nicht behebbare Unzuverlässigkeit braucht, sollte erkennen, dass er als Energielieferant indiskutabel ist. Die Vergütung von Grünstrom muß grundhaft infrage gestellt werden.

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