Sterben unsere Dörfer aus?

Kaum jemand ist in den letzten Jahren am Begriff "demografischer Wandel" vorbeigekommen. Im Rahmen von Veranstaltungsreihen, Zeitungsartikeln und Vorträgen wurde jedem klar verdeutlicht, dass sich die Bevölkerungsstruktur in Deutschland verändert

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 - mit kaum zu überblickenden Konsequenzen.

Unsere Bevölkerung wird älter - das liegt zum einen an unserer guten Ernährung (manchmal ist aber auch eine "zu gute Ernährung" Grund für eine zu kurze Lebensspanne); aber vor allem daran, dass wir in den letzten 60 Jahren dankenswerter Weise keinen Krieg erleben mussten.

Die Industrie und der Handel haben den älteren Menschen längst als neue Zielgruppe erkannt, Angebote aller Art, die auf die Bedürfnisse älterer Mitbürger eingehen, gibt es in allen Bereichen.

Auf der anderen Seite werden weniger Kinder geboren - ein Umstand, der nicht nur einer, sondern mehreren Gründen geschuldet ist. So gelten Kinder trotz der Versuche verschiedener Bundesregierungen, dem entgegenzuwirken als Armutsrisiko. Die Liberalen haben dieser Entwicklung umfangreiche Ideen und Vorschläge entgegen gesetzt, beginnend mit einer Angleichung des Steuerfreibetrages für Kinder.

Als Resultat der Bevölkerungsentwicklung ist in den letzten Jahren eine vermehrte "Landflucht" zu verzeichnen. Kommunalpolitiker schlagen Alarm, denn sie sehen mehr und mehr Angebote der dörflichen Infrastruktur verschwinden, sei es nun das Lebensmittelgeschäft, die Bank- und Postfiliale und auch die Verwaltungen konzentrieren ihr Angebot mehr und mehr zentral.

Für viele ältere Mitbürger, die in einer dieser kleiner werdenden Gemeinden leben, bedeutet das zunehmende Isolierung und große Schwierigkeiten, ihren täglichen Bedarf zu decken.

Mehr als eine Gemeinde macht inzwischen verzeifelte Versuche, sich dieser Entwicklung entgegenzustemmen, in der Regel mit vergleichsweise geringem Erfolg.

Welche Maßnahmen kann eine Gemeinde treffen, um dem drohenden "Aussterben" etwas entgegenzusetzen?

Viele Gemeinden setzen auf Expansion und weisen Neubaugebiete aus. Mittlerweile konkurrieren viele kleine und kleinste Orte miteinander um junge, bauwillige Familien. Die Anbindung an die überörtliche Infrastruktur wie Schulen, Ärzte, Krankenhäuser und Einkaufsgelegenheiten ist damit aber längst nicht sichergestellt. Entgegen jeglicher Bevölkerungsprognose werden Neubaugebiete ausgewiesen und es zeigt sich für den übergeordneten Betrachter eine "Zersiedlung" der Region, bei der viele kleine Gemeinden nach wie vor infrastrukturell angebunden werden wollen.

Gemeinden, denen eine Ansieldung neuer MItbürger gelingt haben im weiteren Verlauf weniger Schwierigkeiten, Infrastruktur sicherzustellen, daneben gibt es aber eine größer werdende Anzahl Ortschaften, in denen das Durchschnittsalter stetig wächst und die Bevölkerungsanzahl schrumpft.

Wie sollen wir mit diesen Ortschaften umgehen? Was ist für sie zu erwarten? 

Ich halte nichts davon, Dinge zu beschönigen. Gemeinden, denen es nicht gelingt, ihre Bevölkerungszahlen zu steigern oder wenigstens zu halten, haben mittelfristig keine Zukunft. Bauliche Maßnahmen zum Erhalt der Infrastruktur wie Straßen etc. werden nicht mehr durchgeführt, Geschäfte wandern ab, weil sich der personelle Aufwand nicht mehr lohnt, Kindergärten und Schulen werden geschlossen und die Kinder, so es sie gibt, in größeren Gemeinden versorgt.

Die Anzahl der Menschen in Rheinland-Pfalz ist im Jahr 2008 auf 4.028.351 Personen gesunken, ein Rückgang um etwas mehr als 17.000 Menschen (Quelle: statistisches Landesamt Bad Ems). Das statistische Landesamt prognostiziert bereits 2003 eine zunehmend schwieriger werdende Versorgung im ländlichen Raum, hütet sich aber, laut auszusprechen, welche Konsequenzen solche Schwierigkeiten haben werden.

Die Entwicklung wird sich weiter Fortsetzen, demographische Entwicklung ist eine träge Sache. Selbst wenn am heutigen Tage alle Männer udn Frauen des Landes beschließen, unablässig für Nachwuchs zu sorgen würde es viele Jahre dauern, bis sich die Entwicklung wirklich bemerkbar macht, denn unsere Kinder tragen erst nach mehr als einem Jahrzehnt zu einer Veränderung bei.

Was können wir tun?

Ich stehe auf dem Standpunkt, dass man die Entwicklung, die vor vielen Jahren ihren Anfang genommen hat, nicht so ohne weiteres umkehren kann. Sicherlich ist es ungeheuer bitter für eine Gemeinde, sich einzugestehen, dass sie vermutlich keine Zukunft hat, andererseits kann man diese Entwicklung auch als Chance verstehen. Ich denke, dass man auf die Entwicklung der Regionen besonderes Augenmerk halten sollte, die zukünftig auf Grund ihrer Lage mit einer stabilen Bevölkerungszahl zu rechnen haben und ich denke, dass es durchaus Gemeinden geben wird, die innovative Ideen und Konzepte entwickeln werden, um einer Überalterung und dem Aussterben der Gemeinde entgegenzuwirken.

Die Liberalen sind bekannt dafür, dass sie auf Eigeninitiatve setzen, offen für kreative Vorschläge sind únd unterstützen, wo immer sie können. Ein "Allheilmittel" wird es gegen diese Entwicklung nicht geben, vielleicht ist es an der Zeit, sich mit neuen Strukturen gedanklich vertraut zu machen.

Dieser Beitrag erschien ursprünglich auf "jutta-schuetzdeller.de"

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Gedankenreisender

Es gibt durchaus ernstzunehmende Hinweise, dass es spätestens in 20 – 30 Jahren in den wirtschaftlichen Ballungsräumen wieder zu einer Stadtflucht kommen könnte. Von den Zuständen in den Pariser Banlieues sind auch unsere Großstädte nicht weit entfernt (siehe www.brennende-autos.de). Die soziale Ungerechtigkeit und Neid nehmen dramatisch zu. Der exponentielle Anstieg der Perspektivlosigkeit von Jugendlichen ist mehr als katastrophal. Vermehrte Bandenbildungen und Ghettoisierungen werden die Folge sein. Die Banden werden in hohem Maße kriminell sein müssen, um ihren Fortbestand zu sichern. Interessant wird es zu beobachten sein, dass der Altersdurchschnitt dieser Banden deutlich steigen wird, von ausschließlichen Jugendbanden nicht mehr die Rede sein wird. Eine immer schwächer werdende Exekutive wird der strafrechtlichen Verfolgung nicht mehr Herr werden können. Unternehmen werden vermehrt aus den Zentren und ihren Vorstädten in das grüne, attraktivere Umland ziehen. Die Digitalisierung und der Wandel von fertigenden Unternehmen hin zu dienstleistenden werden weiter gehen und standortunabhängiger machen.
Waren es in den letzten Jahrzehnten die superteuren Quadratmeterpreise in der Stadt und eine dürftige Infrastruktur auf dem Land, die junge Familie in die Vorstädte ziehen ließ, wird es eine zunehmende Kriminalität sein, die eine Stadtflucht einleiten könnte. Bei jungen Menschen lässt sich schon heute eine gewisse Sättigung hinsichtlich der vielfältigen Freizeitangebote in den Städten beobachten. Sie verlieren an Attraktivität. Zudem setzt ein langsamer Wertewandel ein, der auch die Wiederentdeckung der Schönheit der heimischen Natur fördern dürfte. Kinder begehren gegen ihre Eltern auf. Das war schon immer so und das ist gut so. Sie hinterfragen deren Lebensentwürfe. Der neurotische Zwang Ihrer Eltern oder Erzieher nach dem oberflächlichen, kurzweiligen Spaßerlebnis wird ihnen zuwider sein. Sie werden sich wider nach mehr Tiefe sehnen. Das Ideal "traditionelle Familie" werden sich viele junge Menschen wieder mehr wünschen.
Und ein Leben auf dem Dorf.

Gravatar: Gladstone

Das glaube ich nicht, die Abtreibungszahl ist in Frankreich viel höher, trotzdem ist auch die Geburtenrate höher. Wäre Abtreibung in Deutschland verboten, würde die Leute einfach noch mehr auf die Verhütung achten - was ja an sich nicht schlecht wäre.

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