Steinbrück und die Öffentlichkeit

Sechzig Jahre lang haben sich die deutschen  Politiker bemüht, die Welt davon zu überzeugen, dass das Bild des hässlichen Deutschen, der durch Taktlosigkeit auffällt und notfalls mit Gewalt droht, der Vergangenheit angehört. Dann kam Herr Steinbrück und zertrümmerte das bislang sorgsam behütete politische Porzellan.

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Seit Oktober wütet er gegen unsere kleinen Nachbarn, in denen reiche Deutsche ihr Geld verbergen, wie der Schweiz, Luxemburg, Belgien, Lichtenstein und Österreich. Zunächst drohte er ihnen mit "Zuckerbrot und Peitsche". Inzwischen empfiehlt er, sie mit Gewaltandrohung einzuschüchtern, so wie es die Amerikaner mit ihrer Kavallerie gegenüber den Indianern getan hätten. Und als reiche dies nicht,  verhöhnt er sie – und den afrikanischen Kleinstaat Burkina Faso -  in dem er sie zusammen mit dessen Hauptstadt Ouagadougou  auflistet. Und der SPD-Vorsitzende Müntefering sekundierte ihm mit dem Kommentar "früher hätte man dort Soldaten hingeschickt". Skandalöser können sich deutsche Politiker nicht äußern.

 Aber nicht nur dieser Skandal ist neu in der deutschen  Nachkriegsgeschichte. Neu ist auch, dass sich hierüber in Deutschland kein Entrüstungssturm mehr erhebt.  Unter Bundeskanzler Kohl hätten derartige Äußerungen einen ;Minister sein Amt gekostet. Frau Merkel denkt nicht daran so zu handeln und eine Welle öffentlicher Empörung braucht sie deswegen auch nicht zu befürchten. In Deutschland hat sich offenkundig etwas wichtiges verändert: Das politische  Problembewusstsein. Die  Sensibilität der Öffentlichkeit – auch die der Journalisten – hat abgenommen. Wir nehmen  Warnsignale aus den  Nachbarländern kaum noch wahr ; vor allem wir reagieren kaum noch auf sie. Oder hat es etwa ein Echo darauf gegeben, dass das Parlament von Luxemburg erstmals seit Kriegsende einstimmig eine Protestnote an die Bundesregierung  verabschiedet hat; dass Luxemburgs Regierungschef Juncker  vom einer massiven Störung und von neu entzündeten "Flächenbränden" gesprochen und hinzugefügt hat "wir waren schon mal besetzt, wir haben unter deutscher Besatzung gelitten. Die Deutschen haben kein Recht so über die Luxemburger zu reden"?  Der Schweizer Nationalratsabgeordneten  Müller sagte der Bild-Zeitung,  Steinbrücks Verhalten erinnere ihn an das der Gestapo. "Es ist sein ganzes Auftreten, kompromisslos, rücksichtslos und überheblich". Gewiss, der  FDP-Vorsitzende Westerwelle und sein CSU-Kollege Seehofer haben  das Verhalten Steinbrücks und die Untätigkeit Merkels verurteilt. Zu dem fälligen Sturm der Entrüstung aber ist es nicht gekommen. Und das ist das bedenklichste an der ganzen Affäre.

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Jean-François  Boo

Unannehmbarer Ausrutscher



Jean-François Boo



Als Schweizer kann man nur das Gefühl einer unannehmbaren Verletzung haben, wenn man die letzten Aussagen des Staatsministers Steinbrück liest. Er übte nicht nur auf das Land Druck aus, „Ich schicke die Kavallerie“, sondern machte sich auch über afrikanische Völker lustig, die seit Jahrzehnten unter einem furchtbaren Zivilkrieg leiden. In diesem Zusammenhang möchte ich auch daran erinnern, dass nach dem letzten Bericht der SIPRI, Deutschland auf Platz drei der weltgrößten Waffenexporteuere für den Zeitraum 2004 -2008 steht. Ist das nicht ausgezeichnet? Dass das Kanzleramt nicht reagiert, beweist auch, dass dort nicht alles unter Kontrolle ist.



Außerdem möchte ich daran erinnern, dass die Schweiz auch ein Rechtsstaat ist und dass viele Prozesse laufen. Hier die bekanntesten wie zum Beispiel das Guthaben der Familie Marcos (Philippinnen) oder den Ex-Diktator Mobutu ( Zaire). Das die Schweiz ein ganz anderes Steuersystem hat, liegt an historischen Gründen. Dort sieht man das Deutsche Steuersystem als ein gutes Beispiel, was man nicht tun sollte. Es ist unwahrscheinlich, dass die Schweiz sich dem Druck eines solchen Systems fügen wird. Es wäre ein sehr merkwürdiges Verständnis der Demokratie, die alle befürworten, „Wer nicht ähnlich denkt, wird gezwungen“.



Das Leiden es Ministers ist trotzdem verständlich. Er steht vor einer leeren Kasse gerade jetzt, wo er viel Geld braucht, um noch eine höhere Stufe der Bürokratie zu finanzieren. Versprechen aller Art haben Hochkonjunktur im Wahljahr, nur nach der Wahl kommt zwangsläufig die teure Rechnung. Der Minister bekämpft die Steueroase, die er teilweise selbst dank seiner Politik verursacht hat.



An dieser Stelle möchte ich kein langen Vortrag halten, sondern euch alle nur dazu ermutigen, die hervorragenden Mitarbeiter der Zivilen Koalition zu unterstützen. Dadurch wird nachhaltig auch ein besserer Weg geschaffen.

Gravatar: Lightning

Woran man einmal erinnern sollte. Was bedeutet "Steuer"? Antwort: Ein der Legalisierung, wie der Legitimierung bedürftiger Eingriff in das private Eigentum. Man schaue sich die - in dieser Hinsicht betrügerischen - Men- schenrechtskonventionen an. Alle "ver- bieten" willkürliche Eingriffe in Freiheit und Eigentum; alle haben den Zusatz, daß das Recht der Staaten zur Besteuerung ihrer Bürger nicht berührt werde. Das bedeutet auch; die "steuerlichen Schurkenstaaten", wie Schweiz, Liechtenstein Luxemburg han- deln rechtmäßig; Ihnen soll rechtswidrig vorgeschrieben werden, wie sie ihre festzusetzen und zu erheben haben. Und so ganz nebenbei; auch die OECD, die ihre Rechte nur von der UNO herleiten kann, verstößt massiv gegen ihre Kompetenzen, wenn sie "schwarze Listen" bereitstellt, um diese Staaten gefüg zu machen, Deutschland auszuliefern.

Gravatar: Wütender

Frau Merkel ist hier der eigentliche Skandal. Wie kann sie es zulassen, dass Mitglieder ihres Kabinetts derartiges von sich geben?

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