Nur vier Highlihts aus den letzten Wochen machen vielleicht eine “Gesamtwetterlage” im Diskurs zwischen Kirche und Gesellschaft, vor allem zwischen konservativen, katholischen Kreisen deutlich:
- In der Christ&Welt-Beilage der Zeit räsoniert Andreas Püttmann über die konservativen Katholiken, denen er mangelnde Nächstenliebe und die Annäherung an rechtes Gedankengut vorwirft, und stellt sich damit an die Seite des Mainstreams, der in Pegdia, AfD und Co, in Magazinen wie der Jungen Freiheit und in konservativen Ströumgen in der Gesellschaft ganz allgemein einen Trend zu einem neuen Rechtsextremismus sehen. Matthias Matussek und Hedwig von Beverfoerde und das katholische Internetmagazin kath.net sind für ihn, wie für die Medien, die Aushängeschilder dieser neuen “Rechtsauslegung” (siehe dazu auch mein Beitrag Die Linksabbieger).
- Der Bayerische Rundfunk verbreitet in einem Beitrag unter dem Titel “APO von Rechts” die gleichen Vorwürfe, Matussek, von Beverfoerde und kath.net sind wieder mit im Fokus, dazu noch weitere konservative Kräfte, die der Redaktion offensichtlich nicht in den Kram passen. Da man denen aber nicht mit legitimen Mitteln beizukommen können glaubt, bedient man sich einer handfesten Lüge, indem man eine frühere Interviewaussage des Essener Bistumsspreches Ulrich Lota aus dem Zusammenhang reißt und so tut, als habe er sich gegen Portale wie kath.net oder Lebens- und Familienschutzorganisationen ausgesprochen. Das ist es, was gemeint ist, wenn von Lügenpresse gesprochen wird, und man kann nur hoffen, dass BR-Intendant Ulrich Wilhelm die richtigen Konseqenzen dieses Skandals zieht (ich bin da wenig optimistisch, habe Herrn Wilhelm aber am Freitag ebenfalls – bislang ohne Rückmeldung – angeschrieben).
- Aktuell wird in den Medien auch über den “Kongress christlicher Führungskräfte” berichtet. Hier tat sich am vergangenen Wochenende ebenfalls der öffentlich-rechtliche Rundfunk, diesmal der NDR hervor, der von “radikalen Christen” sprach, vorsichtshalber auch gar nicht von den eigentlichen Vorträgen und Diskussionsrunden sondern nur von einzelnen Infoständen christlicher Organisationen berichtete. Man hätte sonst auch erklären müssen, inwieweit Olaf Scholz oder Volker Kauder als Referenten in diese Klassifizerung als “Radikale” passen.
- Am Wochenende dann ein weiterer Paukenschlag: der ob seiner Facebookbeiträge als konservativ eingeschätzte Passauer Bischof Stefan Oster distanziert sich, nicht fundamental aber doch in recht deutlichen Worten, auf seinem Facebookauftritt von kath.net, die in der Vergangenheit Aussagen von Oster immer mal wieder zitiert oder im Volltext wiedergegeben haben. Bischof Oster wirft kath.net “zunehmend tendenziöse Berichterstattung” vor. Oster lässt bei seiner Fundamentalkritik auch liberale christliche Medien nicht aus, Zielpunkt ist in diesem Fall aber kath.net, das hier öffentlichkeitswirksam getroffen wird. In sozialen Foren wird vermittelt, dass ein Gespräch zwischen der kath.net-Redaktion und Bischof Oster (unabhängig vom bischöflichen Facebook-Posting) anstehe; man darf hoffen, dass man hier Einigkeit erzielt, zumal die grundsätzliche theologische Ausrichtung sich nicht unterscheiden sollte.
Jetzt kann man sich ob dieser und weiterer Berichte die Frage stellen, ob hier aktuell mal wieder zum Halali auf den christlichen Glauben, jedenfalls in den Formen, in denen er bestinmten gesellschaftlichen Tendenzen entgegengerichtet ist, geblasen wird. Das mag stimmen, bedenklich stimmt dabei aber insbesondere, dass sich auch das christliche “Lager” auseinanderdividieren lässt und manche sich immer wieder zu Kronzeugen gegen die jeweils anderen Christen machen lassen. Wenn Andreas Püttmann sich gegen ehemalige Gefährten wendet, wenn aber auch konservative Medien auf die – falsch wiedergebebenen – Aussagen eines Bistumssprechers anspringen, dann ist Gefahr im Verzug. Denn mit dem “Seht wie sie einander lieben” ist es dann nicht mehr weit her.
Das Problem dabei: Die Fehler machen immer die anderen! Andreas Püttmann weist – nicht immer zu Unrecht, wenn auch zu pauschalierend – auf bestimmte Radikalisierungstendenzen hin: Schuld sind kath.net und Co. Letztere verweisen – zu Recht, wenn auch nicht immer mit adäquater Kommunikation – auf die wesentlichen Inhalte des Glaubens hin: Schuld sind Püttmann und Co. Die Einlassungen von Bischof Oster lesen sich da schon in der Tat als ausgleichend, denn auch wenn sie sich konkret an die kath.net-Redaktion wenden, sind sie doch ein Aufruf, das Lagerdenken aufzugeben, den jeweils anderen nicht immer gleich das Christsein abzusprechen sondern ihnen zumindest den guten Willen zuzugestehen. So könnten beide “Seiten” etwas voneinander lernen.
Bischof Oster beendet sein Statement mit den Worten “Das Dilemma ist vermutlich folgendes: Eine Lesart grundsätzlichen und respektvollen Wohlwollens gegenüber Anderen ist journalistisch einfach weniger prickelnd, es macht die Sache nämlich komplexer. Aber nach meiner Überzeugung ist es der Verkündigung des Evangeliums insgesamt dennoch weitaus dienlicher.”
Und letzteres, so möchte ich ergänzen, ist schließlich unsere Aufgabe!
Zuerst erschienen auf papsttreuerblog.de
Kommentare zum Artikel
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