Schule schwänzen - wie noch nie

An der Universität Heidelberg suchen im Rahmen des Projektes „We-Stay“ Forscher nach Gründen für das zunehmende unentschuldigte Fernbleiben von Schülern: Bis zu zehn Prozent aller Schüler, so vermuten die Experten, schwänzen mehr als zweimal pro Monat die Schule. Im Rahmen einer Studie wollen sie die Gründe für das unentschuldigte Fernbleiben untersuchen.

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Offensichtliche Zunahme der Schwänzer

"Wenngleich wir das Gefühl haben, dass das Phänomen zugenommen hat, können wir das nicht mit wissenschaftlichen Daten belegen", sagt Christoph Lenzen, Projektkoordinator von We-Stay der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie am Universitätsklinikum Heidelberg im Interview mit pressetext.

Die Experten vermuten bisher als mögliche Ursachen psychische Angst, Depression oder Aufmerksamkeitsstörungen; auch Perspektivlosigkeit könne eine Ursache sein. "Schulschwänzen ist an allen drei Schultypen ein Problem, allerdings mit zunehmender Häufigkeit von der Haupt- über die Realschule bis zum Gymnasium", so der Projektkoordinator.

Erstmals wollen die Forscher genauere Daten über die Gründe für das Schulschwänzen erhalten: "Die Studie soll dazu beitragen, Informationslücken zu schließen", sagt Studienleiter Professor Romuald Brunner, Leitender Oberarzt an der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie. Dazu werden die Schüler an Hauptschulen, Werkrealschulen, Realschulen und Gymnasien gebeten, an einer Fragebogenuntersuchung teilzunehmen.

Die Schulfehlzeiten können noch leicht objektiv festgestellt werden, schwieriger wird es bei Themen wie Angst, Depressivität, Sozialverhalten, Selbstverletzung und Suizidgefährdung. Auch die Eltern und Lehrer sollen in die Befragung einbezogen werden. "In jedem Fall glauben wir, dass die Eltern eine ganz wesentliche Rolle spielen", sagt Lenzen. Schließlich soll die Studie Daten liefern, um präventiv und helfend tätig werden zu können.

Konsequenzen des Schulschwänzens

Weil es in Deutschland eine Schulpflicht gibt, ist das Schulschwänzen illegal und wird mit einem Bußgeld belegt; sogar die Polizei kann tätig werden. Die Forscher wollen den Schulen dabei helfen, die Schüler wieder in den Unterricht zu bekommen: "Die Schulen können das Problem Schulvermeidung nicht alleine lösen", sagt etwa Schulamtsdirektor Botho Stern, stellvertretender Amtsleiter des Staatlichen Schulamtes Mannheim.

Sicher ist es von Bedeutung, die Gründe für die Zunahme des Schwänzens zu analysieren. Aber damit darf es nicht sein Bewenden haben. Wie zu vermuten ist, spielt die familiäre Situation eine wesentliche Rolle. Es muss also –ähnlich wie bei dem Bemühen, die Eltern von Kindern, die zu Hause nicht genügend versorgt werden, in die Kitas zu schicken- auch hier zu die Familien unterstützenden Hilfsmaßnahmen kommen. Es geht nicht an, dass Eltern, die aus Gewissensgründen ihre Kinder nicht in den Sexualkundeunterricht schicken, im Gefängnis landen, andererseits 10 % der Schüler dem Unterricht fern bleiben. Einer Bildungsoffensive, die den Namen verdient, muss es als erstes gelingen, diese 10 % der Schüler wieder in den Schulbetrieb zu integrieren. Ansonsten wird sich daraus eine gefährliche Problemgruppe entwickeln, von der man weiß, dass sie zur Jugendkriminalität neigt.

Der Beitrag erschien zuerst auf Erziehungstrends.de

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Kommentare zum Artikel

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Gravatar: Frank Martin

Eine Bildungsoffensive wird es nur mit einer deutlichen Trennung von Staat und Schule geben können. Eine Schulpflicht gibt es ohnehin nicht, zumal die Kinder ihren Eltern nicht ohne Not zwangsweise genommen werden dürfen. Wer die Demokratie akzeptiert, macht sich schon zum Knecht ihrer Protagonisten. In einer freien Welt ist kein Platz für Versuche, fremder Leute Kinder in zeitweise geschlossenen Anstalten zu imdoktrinieren. Es ist nicht sinnvoll, solches Unrecht mit Bildung zu verwechseln.

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